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Ein geschenkter Tag

Ein geschenkter Tag

Titel: Ein geschenkter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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Dunois. Und beachten Sie bitte die Wappen, die Sie auch im Frontispiz über der großen Treppe in der Nordwestecke des Hofs finden.
    Jetzt gelangen wir in ein Schlafzimmer mit Alkoven, das meine Ururgroßmutter, die Marquise de La Lariotine, die hierherkam, um in dieser Gegend zu jagen, im 18. Jahrhundert einrichten ließ. Sie jagte übrigens nicht nur Wild ... Und mein armer Onkel, der Marquis, stand diesem wunderschönen Zehnender, den Sie vorhin im Speiseraum bewundern konnten, in puncto Stattlichkeit in nichts nach. Vorsicht, gnädige Frau, das ist zerbrechlich. Ferner möchte ich Ihnen wirklich empfehlen, einen kurzen Blick in diesen kleinen Waschraum zu werfen. Bürsten, Salzfässer und Salbentöpfe stammen ursprünglich ... Nein, gnädige Frau, das hier ist ein Nachttopf aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und dies hier ein Behältnis, um die Feuchtigkeit aufzufangen ...
    ... Jetzt kommen wir zum schönsten Teil des Schlosses, zur Wendeltreppe des Nordflügels mit seinem herrlichen ringförmigen Tonnengewölbe. Ein wahres Meisterwerk der Renaissance ...
    Bitte nichts berühren. Die Zeit verrichtet ihr Werk, und tausend Finger - das muss ich leider sagen -sind ebenso effektiv wie ein Meißel ...
     
    Ich glaub, ich spinne.
     
    Bedauerlicherweise kann ich Ihnen die Kapelle nicht zeigen, sie wird gerade renoviert, aber ich bitte Sie herzlich, meine bescheidene Bleibe nicht zu verlassen, ohne zuvor eine Runde durch den Park gedreht zu haben, wo Sie sogleich feststellen werden, welche eigenartigen Schwingungen von diesen Steinen ausgehen, deren Ziel es war, wie ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen darf, die Liebschaften eines Mannes aufzunehmen, der beinahe König geworden wäre und in die Fänge einer betörenden Hexe geraten war ...
     
    Gemurmel in der Gruppe.
     
    ... Für alle, die es interessiert: Ansichtskarten, Erinnerungsfotos in der Ritterrüstung sowie die Toiletten gibt es am Ausgang des Parks.
     
    Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, und gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, Sie daran zu erinnern, dass eine kleine Gabe für den Führer

    nicht unwillkommen ist. Was sage ich, für den Führer? Den armen Gefangenen dieser Mauern! Den privilegierten Sklaven, der Sie nicht um ein Almosen bittet, sondern um eine kleine Unterstützung, mit der er bis zur Rückkehr der Monarchie überleben kann. Danke.
    Danke, die Damen. Thank you, Sir ...
     
    Wir folgten der Gruppe, während er sich durch eine Geheimtür entfernte. Die Bauern waren hin und weg.
     
    Während wir auf ihn warteten, rauchten wir eine Zigarette.
    Der Typ am Eingang steckte die Kinder in eine verbeulte Rüstung und fotografierte sie mit der Waffe ihrer Wahl.
    Zwei Euro das Polaroidbild.
    Jordan! Pass auf, du stichst deiner Schwester noch ein Auge aus!
    Der Typ war superentspannt oder superbekifft oder superdämlich. Er bewegte sich langsam und schien keinerlei Nerven zu besitzen. Eine Gitane Maïs im Mundwinkel und eine Schirmmütze der Chicago Bulls falsch herum auf dem Kopf, bot er einen äußerst skurrilen Anblick. Ein bisschen wie der Typ in Die Filzlaus kehrt zurück. Jordan! Leg dieses Teil weg!!!
     
    Kaum waren die Leute verschwunden, schnappte sich Monsieur Superdämlich einen Rechen und entfernte sich, auf seinem Glimmstengel kauend.
     
    Wir fragten uns langsam, ob der kleine Baron de La Lariotine jemals geruhen würde, zu erscheinen ...
    Ich wiederholte pausenlos und kopfschüttelnd: »Ich spinne, ich spinne. Echt, ich glaub, ich spinne.«
    Simon interessierte sich für den Mechanismus der Zugbrücke, und Lola band eine Kletterrose fest.
    Schließlich kam Vincent lächelnd auf uns zu. Er trug jetzt eine zerschlissene schwarze Jeans und ein T-Shirt von Sundyata.
     
    »He, was macht ihr denn hier?« »Wir hatten Sehnsucht nach dir ...« »Echt? Das ist ja nett.« »Alles in Ordnung?«
    »Bestens. Wolltet ihr denn nicht zu Huberts Hochzeit?«

    »Doch, aber wir haben uns im Weg geirrt.« »Verstehe. Cool.«
     
    Das war Vincent, wie wir ihn kannten. Ruhig und freundlich. Nicht übermäßig ergriffen, uns zu sehen, aber doch erfreut.
    Unser Pierrot lunaire, unser Marsmensch, unser kleiner Bruder, unser Vincent.
    Cool.
     
    »Na«, fragte er und machte eine ausladende Armbewegung, »was sagt ihr zu meinem Campingplatz?«
    »Erst mal wollen wir wissen, was dieser ganze Schwachsinn hier eigentlich soll?«, fragte ich.
    »Du meinst die Sachen, die ich erzählt habe? Na ja. Das ist nicht nur Schwachsinn. Sie hat

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