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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sich
eine Riesenabfindung erstunken und erlogen, und er hat auch so
ein spitzes Kinn, wie ich es da auf dem Foto sehe«, hatte sie
voller Eifer erklärt. »Ich würde ihn mir vorknöpfen, wenn ich
Sie war.«
Während er sich jetzt in seinen Schreibtischsessel
zurücklehnte, dachte Si wieder an den Anruf und lächelte. Der
Exmann, von dem die Frau gesprochen hatte, war ein Senator
der Vereinigten Staaten von Amerika.

Sonntag, 5. November

75
    Jonathan und Grace Hoover erwarteten Kerry und Robin
gegen ein Uhr. Sie vertraten beide die Meinung, daß eine
entspannte Mahlzeit am Sonntagmittag ein kultivierter und
erholsamer Brauch war.
    Leider hatte das freundliche Wetter vom Samstag nicht
angehalten. Grau und kühl war der Sonntag angebrochen, doch
um zwölf Uhr strömte das herzhafte Aroma eines
Lammschmorbratens angenehm durchs Haus. In ihrem
Lieblingszimmer, der Bibliothek, brannte hell das Kaminfeuer,
und sie hatten es sich dort bis zum Eintreffen ihrer Gäste
gemütlich gemacht.
    Grace konzentrierte sich auf das Kreuzworträtsel in der Times, und Jonathan war in den Teil mit den kulturellen
Veranstaltungen versunken. Er schaute hoch, als er Grace
verärgert murmeln hörte, und sah, daß ihr der Stift aus der Hand
auf den Teppich gerutscht war. Er beobachtete, wie sie mit
äußerster Kraftanstrengung den Versuch unternahm, sich
hinunterzubeugen, um ihn wieder aufzufischen.
    »Grace«, sagte er vorwurfsvoll und sprang gleichzeitig auf,
um den Stift für sie aufzuheben.
Sie seufzte, während sie das Schreibutensil wieder in
Empfang nahm. »Ehrlich, Jonathan, was würde ich nur ohne
dich tun?«
»Das brauchst du doch nie auszuprobieren, meine Liebe. Und
ich darf dir sagen, daß das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruht.«
Für eine Weile hielt sie sich seine Hand ans Gesicht. »Das
weiß ich, mein Lieber. Und du kannst mir glauben, daß es eins
von den Dingen ist, die mir die Kraft geben, überhaupt
weiterzumachen. «
    Auf der Fahrt zu den Hoovers unterhielten sich Kerry und
Robin über den Abend zuvor. »Es hat viel mehr Spaß gemacht,
bei den Dorsos zum Abendessen zu bleiben, als ins Restaurant
zu gehen«, erklärte Robin voller Begeisterung. »Mom, die mag
ich wirklich.«
»Ich auch«, gab Kerry ohne Vorbehalt zu.
    »Mrs. Dorso hat zu mir gesagt, daß es gar nicht so schwer ist,
gut zu kochen.«
»Finde ich auch. Ich fürchte, meine Kochkünste sind eine
Enttäuschung für dich.«
»Ach, Mom.« Robins Stimme klang vorwurfsvoll. Sie
verschränkte die Arme und starrte geradeaus auf die Straße, die
jetzt schmaler wurde, woraus sich schließen ließ, daß sie bald in
Riverdale waren. »Du machst gute Nudeln«, sagte sie trotzig.
»Das schon, aber das ist auch so ziemlich alles.«
    Robin wechselte das Thema. »Mom, Geoffs Mutter glaubt,
daß er dich gern hat. Ich glaub’s auch. Wir haben darüber
geredet.«
»Was habt ihr?«
    »Mrs. Dorso hat erzählt, daß Geoff überhaupt nie eine
Freundin zu seiner Familie mitbringt. Sie hat gesagt, seit seiner
Studentenzeit bist du die erste. Und wie sie sagt, kommt das
daher, daß seine kleinen Schwestern früher den Mädchen immer
Streiche gespielt haben, mit denen er verabredet war, und daß er
deshalb jetzt ein gebranntes Kind ist.«
    »Wahrscheinlich«, erwiderte Kerry leichthin. Sie wollte nicht
mehr an das denken, was ihr inzwischen bewußt geworden war:
daß sie auf dem Rückweg vom Gefängnis vor lauter
Erschöpfung eigentlich nur für einen Moment die Augen
geschlossen hatte, dann aber beim Aufwachen bemerkt hatte,
daß sie sich an Geoffs Schulter anlehnte. Und daß es sich so
natürlich, so richtig angefühlt hatte.
    Der Besuch bei Grace und Jonathan verlief wie erwartet
ausgesprochen angenehm. Kerry wußte zwar, daß es irgendwann
zu einer Erörterung des Falls Reardon kommen würde, doch
bestimmt nicht, bevor der Kaffee serviert wurde. Zu diesem
Zeitpunkt konnte Robin dann vom Tisch aufstehen, um zu lesen
oder eines der neuen Computerspiele auszuprobieren, die
Jonathan immer für sie bereithielt.
    Beim Essen unterhielt Jonathan sie mit Berichten über die
laufende Legislaturperiode und über den Haushaltsentwurf, den
der Gouverneur zur Zeit durchzusetzen versuchte. »Verstehst
du, Robin«, erläuterte er, »die Politik ist wie ein Footballspiel.
Der Gouverneur ist der Trainer, der die Taktik bestimmt, und
die Anführer seiner Partei im Senat und im Repräsentantenhaus
sind die Quarterbacks.«
»Das bist du,

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