Ein Glas voll Mord
dass er gut im Pokern ist – und du kannst dich drauf verlassen, dass Gilly von Elizabeth keinen Cent sieht, wenn sie sich nicht über die Schwelle ihres Elternhauses tragen lässt. Es wird höchste Zeit, dass die kleine Prinzessin die Tatsachen des Lebens kennen lernt. Sie ist immer total verwöhnt worden.«
Bert ignorierte das Glas, das Marion ihm hinhielt. »Gerade eben sah sie nicht besonders verwöhnt aus«, sagte er.
»Ja, ja, Gilly zieht diese Opfertour durch, und jeder fällt drauf rein. Wenn sie so hart ums Überleben kämpfen müsste wie ich, würde sie froh sein über all das, was ihr angeboten wird. Gillys Probleme möchte ich haben! Elizabeth würde ihr den Mond zu Füßen legen, mit einer rosa Schleife dran, wenn sie nur freundlich darum bitten würde.«
»Du meinst wohl, wenn sie sich in einen menschlichen Fußabtreter verwandeln würde«, sagte Janet scharf. »Hör auf, dieses Zeug zu bechern, und iss, Bert. Du musst doch bald los, oder?«
Ihr Bruder warf einen Blick auf die Uhr. Marion aß langsam und bedächtig und so viel, wie in sie hineinging.
»Jason Bain ist heute Nachmittag schon wieder bei mir vorbeigekommen«, sagte sie zwischendurch. »Um mir noch mal zu sagen, dass er mich vor Gericht schleppt, wenn er das Patent nicht bis Donnerstag hat. Kann er das überhaupt, Bert?«
»Woher soll ich das wissen? Ich bin kein Jurist. Den Kuchen essen wir dann nachher, Jen, ja?«
»Willst du nicht wenigstens noch einen Tee trinken?«
Berts bemerkenswert freundliches Wesen hatte in den letzten Minuten etwas gelitten. Er schlug die Küchentür hinter sich zu, noch bevor Janet diese Frage ausgesprochen hatte. Sie stellte den Kuchen zurück in den Kühlschrank, ohne Marion ein Stück anzubieten; sie verspürte plötzlich eine besonders tiefe Abneigung gegen diese Frau.
Obwohl Marion ziemlich dickhäutig war, spürte sie dennoch den Frost, der in der Luft lag. »Das war lecker, Janet. Vielen Dank. Jetzt geh ich besser mal zurück und suche weiter, bevor dieser Bain mir noch die Miliz auf den Hals hetzt. Ich darf wohl nicht annehmen, dass du eventuell Lust hättest …«
»Nein, du darfst gar nichts annehmen.« Auch Janets strapazierfähiger Geduldsfaden war gerissen. »Ich hatte einen harten Tag, und ich werde keinen einzigen Handschlag mehr tun.«
Janet tobte ihre Wut beim Abwasch aus, ging dann ins Wohnzimmer und machte den Fernseher an. Es gab nichts Sehenswertes, aber es war entspannend, sich auf dem Sofa zusammenzurollen und mit halb geschlossenen Lidern die wechselnden Bilder auf der Mattscheibe anzusehen. Niemals zuvor, nicht mal in dieser Nacht im Krankenhaus, hatte sie sich so erschöpft gefühlt. Ohne es zu wollen, schlief sie ein.
Als sie aufwachte, war um sie herum alles völlig dunkel, bis auf den Bildschirm des Fernsehers. Wie konnte sie nur eingeschlafen sein, obwohl der Fernseher so laut gestellt war? Nein – der Lärm kam von draußen. Er kam vom Herrenhaus. Sie hörte ein Martinshorn, bellende Hunde, laut rufende Menschen.
Janet rannte zum Fenster. Das musste der Wagen ihres Bruders sein, der dort die Einfahrt hochfuhr, das war Bert, der ausstieg. Er hielt etwas in den Armen. Kleidung vielleicht. Jemand hatte das Außenlicht eingeschaltet, sodass sie etwas sehen konnte, das wie ein Paar Jackenärmel aussah. Was tat er da, und wer war die Frau bei ihm? Dann erkannte sie, dass es Gilly Bascom war, sie trug ein lebendiges Bündel auf den Armen, es musste einer ihrer Dackel sein. Hinter ihr ging der kleine Bobby, auch er trug einen Hund.
Bevor sie sich versah, war Janet auch schon aus der Tür und über den Hof gerannt. »Gilly, was ist passiert?«
Es war der normalerweise schweigsame Bobby, der antwortete. »Es war ein Feuer! Unser Haus ist abgebrannt, und der Goldfisch ist in seinem Glas gekocht worden. Und Schnitzi hat ihre Babys in Mr. Wadmans Auto gekriegt!«
»Die Owls haben die Probe abgebrochen, als wir die Flammen sahen«, erklärte Bert. »Ein paar von uns sind losgerannt und haben das Löschfahrzeug geholt, aber das Haus war zu weit weg. Immerhin haben wir’s geschafft, dass das Feuer sich nicht ausgebreitet hat. Dann hab ich Gilly und das Kind hergebracht. Fred und die anderen waren immer noch am Löschen, als wir gefahren sind.«
»Ich hab Fritzi gerettet!«, rief der Junge, »stimmt’s, Ma?«
»Sicher hast du das, Liebling«, sagte seine Mutter erschöpft. »Du bist ein braver Junge. Weißt du, Marion« – ihre Miterbin war gerade erschienen, mit dem Kopf
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