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Ein Glas voll Mord

Ein Glas voll Mord

Titel: Ein Glas voll Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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weichen, schlaffen Mund. Die großen, grauen Augen, die eigentlich ihre Schönheit ausmachten, waren derartig mit Make-up zugekleistert, dass sie aussahen wie zwei Brandlöcher in einem Laken. Sie trug einen schwarzen Pullover aus dünnem Nylonstoff und abgetragene, hochhackige Schuhe voller Straßenstaub. Gilly sah aus wie eine Zehnjährige, die die alten Kleider ihrer Mutter trug, und nicht wie die Mutter eines zehnjährigen Sohnes.
    Vielleicht war sie auch eine Mörderin … wie auch immer, ihr Anblick war herzzerreißend. »Hier, Gilly, iss was. Was du brauchst, ist eine warme Mahlzeit im Bauch.«
    »Danke, Janet, aber ich kriege nichts runter, wirklich. Außerdem muss ich zurück, bevor Mama einen Suchtrupp losschickt. Weshalb ich hergekommen bin: Ich wollte dich und Bert um einen Gefallen bitten.«
    »Natürlich, Gilly. Was immer du möchtest.«
    »Ich wollte fragen, ob Bobby bis nach dem Begräbnis bei euch bleiben könnte. Ich möchte ihn gern so weit wie möglich aus dem ganzen Brimborium raushalten. Vielleicht«, sie schniefte ein bisschen, »kann er ja die Hennen füttern oder so.«
    »Aber klar«, sagte Bert, eine Spur zu herzlich. »Wir würden uns freuen! Er kann im Zimmer der Jungs schlafen und mit ihren Sachen spielen, mit den Zügen und so weiter. Ich wette, das wird ihm Spaß machen. Du kannst auch hier bleiben, wenn du willst.«
    »Vorsicht, sonst nehm ich das noch an … aber nein, danke, ich kann das Haus nicht allein lassen. Bei Schnitzi ist es jetzt bald so weit, jeden Tag kann sie ihre Jungen bekommen, und ich muss dabei sein, falls es Komplikationen gibt. Wenn ich den Wurf verliere, bin ich erledigt. Jeder einzelne Cent, den ich ergattern konnte, steckt in diesen Welpen.«
    Sie versuchte zu lachen. »Papa hat mir manchmal was zugesteckt, wenn er zur Abwechslung mal Glück im Spiel gehabt hatte. Aber von einer armen, einsamen Witwe kann man natürlich nicht erwarten, dass sie einen unterstützt, mit ihren wenigen verbleibenden Pennies …« Gilly stand auf. »Also, ich mach mich besser auf die Socken. Mama will, dass ich später mit ihr zu Ben Potts gehe und ihr helfe, ihn zu belästigen.«
    »Ich geh nachher runter zu den Owls«, sagte Bert. »Nach der Probe kann ich bei dir vorbeikommen und Bobby mit hierher nehmen, wenn du möchtest.«
    »Das ist sehr lieb von dir, Bert, aber ich hätte ihn heute Nacht gern bei mir. Ich stecke ihn ins Bett, bevor ich zu Ben Potts fahre. Das ist zwar ein bisschen früh, aber er ist völlig erschöpft. Es war hart genug für ihn, so plötzlich seinen Großvater zu verlieren – da muss er sich nicht auch noch das Gesabber meiner Mutter antun.«
    Die Wadmans begleiteten Gilly zu ihrem verbeulten Ford, den Dr. Druffitt ihr vor Ewigkeiten überlassen hatte, und sahen ihr nach, als sie die Straße hinunterfuhr.
    »Eine Schande, dass es Henry getroffen hat und nicht Elizabeth«, seufzte Bert. Als sie wieder in der Küche waren, genehmigte er sich ein weiteres Glas Rum. »Nach diesem kleinen Gastspiel kann ich noch einen gebrauchen. Was ist mit dir, Jen?«
    »Keine schlechte Idee. Oh nein! Ich hab vergessen, den Ofen auszumachen. Die Fleischbällchen sind bestimmt schon wie Leder.«
    Janet nippte an ihrem Drink und tischte das Essen auf, als sie eine dritte Besucherin bekamen. Diesmal war es wirklich Marion.
    »Ich habe mich gefragt, ob ich wohl eine Tasse Tee bekommen könnte … oh, ihr habt noch nicht zu Abend gegessen? Ich dachte, ihr wärt längst fertig damit.«
    Janet zuckte die Schultern und häufte eine Portion auf den Teller, der eigentlich für Gilly gedacht gewesen war. Bert füllte ein neues Glas mit Rum und Wasser, ohne Marion erst groß zu fragen, ob sie eins wollte.
    »Hab ich da gerade Gilly wegfahren sehen?«
    Diese Frage war rhetorisch. Marion wusste, dass die Wadmans wussten, dass sie im Herrenhaus hinter der Gardine gestanden und gewartet hatte, bis Gilly gegangen war, denn sie hatte nicht hier hereinplatzen wollen, während die Tochter ihrer Kusine noch da war.
    »Sie kam, um zu fragen, ob Bobby bis nach der Beerdigung bei uns bleiben kann«, sagte Janet. »Er wird morgen früh herkommen«, fügte sie hinzu.
    »Tja, sie muss eben schnell jemand Neues finden, dem sie auf der Tasche liegen kann, jetzt, wo ihr alter Herr tot ist«, sagte die ungebetene Besucherin und hielt Bert ihr schnell geleertes Glas hin. »Henry wird ihr nicht viel hinterlassen haben, seine Praxis ist ja in letzter Zeit genauso den Bach runtergegangen wie seine Illusion,

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