Ein Glas voll Mord
wieder aufs Butterbrot schmier’n – nicht, wenn Gilly meine Tochter wär.« Jetzt war sie wieder eine Mutter. Sie griff nach einem neuen Taschentuch.
»Und was ist dann passiert?«, insistierte Rhys.
»Na ja, Gilly fängt wieder von Elmer an, und Miz Druffitt sagt: ›Es reicht, Gillian. Du hast schon mal einen Fehler gemacht, und das ist genug. Wenn du Elmer Bain heiraten willst – nur über meine Leiche.‹«
»Ach, hat sie das wirklich gesagt? Vielen Dank, Mrs. Fewter. Vielen, vielen Dank.«
20. Kapitel
Rhys brachte Mrs. Fewter zurück in ihr geschmacklos eingerichtetes Haus und fand dort eine freundliche Nachbarin vor, die ihr ein Mittagessen zubereiten und ihr helfen wollte, sich auf die Kondolenzbesuche vorzubereiten. Danach fiel ihm nichts Besseres ein, als zurück zum Herrenhaus zu gehen und abzuwarten.
Es überraschte ihn nicht, dass auf der sonst nur wenig befahrenen Straße, die den Hügel heraufführte, jetzt dichter Verkehr herrschte. Genau wie anderswo obsiegte auch in Pitcherville das Allzumenschliche: Wenn es schon nicht möglich war, einen Blick auf die Leiche zu werfen, wollten die Schaulustigen sich wenigstens den Tatort ansehen.
Er schlängelte sich so gut es ging durch den Verkehr und fuhr die Einfahrt hoch. Fred Olson stand mit einer Schrotflinte in den massigen Armen vor dem Haus und versuchte, Recht und Ordnung zu bewahren und die neugierigen Fragen der Autofahrer zu ignorieren. Rhys bat ihn, die Stellung zu wahren, und ging ins Haus.
Wie Rhys gehofft hatte, war Janet Wadman da und versuchte, Marion und sich die Zeit mit ein wenig Kochunterricht zu vertreiben – wobei Janet die ganze Arbeit allein machte, Marion zusah und nicht einmal so tat, als sei sie interessiert. Als er hereinkam, stürzten beide auf ihn zu.
»Madoc! Gibt’s was Neues?«
»Den Mörder haben die Mounties noch nicht gestellt, falls ihr das meint. Gab es irgendwelche Anrufe für mich?«
»Nein, das Telefon hat nicht ein Mal geklingelt«, sagte Marion. »Frag mich nicht, warum. Ich hatte erwartet, dass ganz Pitcherville sich die Finger wund wählt.«
»Damit hatte ich auch gerechnet«, erklärte er. »Deswegen habe ich veranlasst, dass keine Ortsgespräche durchgestellt werden. Ich will die Leitung freihalten, falls Gilly oder Elmer Kontakt zu uns aufnehmen. Wie geht es Mrs. Druffitt?«
»Sie schläft immer noch, Gott sei Dank. Es scheint ihr gut zu gehen. Ich hab vor ein paar Minuten erst nach ihr gesehen.«
»Hast du schon was gegessen, Madoc? Möchtest du eine Tasse Tee?« Janet, die mit ihrem rosafarbenen Wickelkleid und ihrem frischen Verband so hinreißend nutzlos aussah, war womöglich die Klarsichtigste unter ihnen.
»Vielen Dank«, sagte Rhys mit einem sehnsuchtsvollen Lächeln. »Das wäre sehr nett. Vielleicht könnte auch jemand Olson eine Tasse bringen? Er sieht aus, als könnte er eine freundliche Geste vertragen.«
»Das kann ich ja machen«, bot Marion an. »Dann sieht die Meute da draußen schon mal das nächste Opfer.« Janet goss Tee in eine Tasse, und Marion ging damit nach draußen zu Olson.
»Meinst du, Marion glaubt wirklich, dass der Mörder eigentlich sie töten wollte?«, fragte Rhys Janet.
»Schwer zu sagen«, antwortete sie. »Marion hat vor irgendetwas Angst, so viel ist klar, aber ich glaube eher, sie hat Angst vor dir. Ich glaube, sie hat wirklich gedacht, du würdest sie festnehmen – und dass alles, was sie davor bewahrt hat, das merkwürdige Verschwinden von Gilly, Elmer und Bobby ist. Ich glaube, sie hat Angst, wenn die drei unversehrt und unschuldig zurückkommen, legst du ihr Handschellen an. Das hast du aber nicht vor, oder?«
Wie hatte ein Mann eine so wundervolle Frau nur verlassen können? Pierre Trudeau hatte ganz ohne Zweifel gewusst, wovon er sprach. »Dir wäre es am liebsten, wenn es überhaupt keiner getan hätte, nicht wahr?«, neckte er sie. »Vielleicht waren es ja ein paar verwunschene Trolle?«
»Du hast gut lachen! Du machst nur deine Arbeit. Aber wie soll ich später damit umgehen, dass ich dabei geholfen habe, jemand wegen Mordes zu verurteilen?« Ihre Lippen zitterten. Rhys vergrub seine Hände tief in den Taschen und erinnerte sich nachdrücklich daran, dass er im Dienst war. »Sollen wir uns darüber nicht Gedanken machen, wenn wir den Täter überführt haben, Janet?«
Sie fuhr sich mit dem Verband über die geröteten Wangen. »Schon gut, Madoc, es tut mir leid. Ich hätte mich besser um meine Biskuits kümmern sollen, nicht wahr,
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