Ein Glas voll Mord
dahin bin ich, fürchte ich, nicht in der Position, irgendwelche Fragen zu beantworten. Sie würden unsere Arbeit sehr unterstützen, wenn Sie sich nun wieder Ihren Tagesgeschäften zuwenden würden, bis Mr. Potts Neuigkeiten für Sie hat. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Kooperation.«
Rhys verbeugte sich kurz und verschwand mit Potts schnell nach drinnen, bevor die Leute draußen Gelegenheit hätten, darüber nachzudenken, ob sie kooperieren wollten oder nicht. Ein durchweichtes Bündel alter Kleider erhob sich und watschelte auf sie zu.
Mrs. Fewters Stimme war getränkt mit Schluchzern, aber ihre Worte waren verständlich.
»Haben Sie diesen Teufel schon geschnappt?«
»Noch nicht, Mrs. Fewter«, antwortete Rhys sanft. »Aber bald, das verspreche ich Ihnen.«
»Ich weiß. Die Mounties finden den Mörder immer. Aber das bringt mir meine Dottie nicht zurück.«
Tränen überströmten die Fettpölsterchen um ihre Augen und flossen auf ihren verdreckten schwarzen Mantel hinunter. Es war ein warmer Tag, und dennoch hatte sie sich in einen alten Wintermantel gehüllt. Der Schock war ihr kalt in die Glieder gefahren. Sie sollte etwas Heißes zu trinken bekommen. Obwohl sie in ihren Lumpen nicht besonders ansprechend aussah, empfand Rhys ein fast schmerzhaftes Mitleid für die verwaiste Mutter.
»Mrs. Fewter, haben Sie irgendeine Ahnung, warum jemand Ihre Tochter hätte ermorden wollen?«
»Nein. Wieso sollte jemand das wollen? Keiner Fliege hätt sie was zuleide tun können. Es muss einer von diesen Sexmördern gewesen sein, das ist das Einzige, was mir dazu einfällt. Wurde sie …?«
»Oh nein – in dieser Hinsicht wenigstens können Sie ganz beruhigt sein. Es sieht aus, als habe sie jemand mit einem Stein erschlagen und liegen gelassen. Vielleicht war es auch ein Unfall. In jedem Fall war sie sofort tot, falls Ihnen das ein Trost sein kann.«
Mrs. Fewter schneuzte sich in ein Taschentuch, das Ben Potts ihr hingehalten hatte. »Es ist so furchtbar«, flüsterte sie. »Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen.«
»Sie und Ihre Tochter haben sich gut verstanden, nicht wahr?«
»O Gott, ja. Dot war ein so gutes Kind, immer gewesen. Ich hab nur zwei Kinder großgezogen – und erst kommt mein Joe auf diesem verdammten alten Motorrad um, und jetzt das! Es ist einfach nicht gerecht. Ganz gleich, was Sie sagen: Es ist einfach nicht gerecht.«
»Das hat auch niemand behauptet, Mrs. Fewter«, sagte Rhys. »Mr. Potts, haben Sie vielleicht eine Tasse heißen Tee oder Kaffee für die Dame? Ich glaube, sie könnte eine vertragen. Mit viel Zucker, bitte.«
Während Pott verschwand, um dieses vorzügliche Mittel gegen den Schock zu besorgen, den Mrs. Fewter zweifellos erlitten hatte, traf der Arzt aus dem Hauptquartier ein. Seine Diagnose war genau die, die Rhys erwartet hatte. Ein Schlag auf die Mitte des Kopfes hatte Dot augenblicklich getötet. Da der Stein Spuren von Blut und Haaren aufwies und exakt zu der Wunde passte, konnte man mit Sicherheit davon ausgehen, dass er die Mordwaffe war. Es gab keine weiteren Verletzungen an dem Leichnam. Was die Frage des Missbrauchs betraf, so sagte der Arzt lediglich, dass sich das Opfer vor seinem Ableben einer Aktivität hingegeben hatte, die er zu Mrs. Fewters Glück mit Worten beschrieb, die ihr wohl kaum geläufig waren.
»Ja, das ist korrekt«, sagte Rhys. »Es stimmt mit einer Zeugenaussage überein, und es ist nicht als außergewöhnlich zu betrachten. Was ist der genaue Zeitpunkt des Todes?«
»Ich würde sagen, um Mitternacht.«
»Das ist präzise genug. Vielen Dank, Doktor.«
Rhys half dem Arzt, sich durch die Menge vor der Tür zu kämpfen, und kam dann zurück.
»Möchten Sie sich die sterblichen Überreste noch einmal ansehen, bevor ich mich an die Arbeit mache?«, bot Potts an.
»Ich glaube nicht, danke.«
»Machen Sie nur«, schniefte Mrs. Fewter, »nehmen Sie auf mich keine Rücksicht.«
Sie schniefte erneut. »Dot ist nach Hause gekommen, bevor sie zu den Wadmans gegangen ist, um mir das Kleid zu zeigen, das sie von Miz Druffitt gekriegt hatte. Ich hab zu ihr gesagt: ›Das ist sehr hübsch, aber wann willst du so was Feines denn anziehen?‹ Sagt sie: ›Wird sich schon was finden‹, ziemlich kess sagt sie das, und dann hat sie das Kleid zurück in ihre Tasche getan, auf ihr Nachthemd. Und da wusste ich, sie wollt sich Elmer Bain angeln.«
»Wollte sie das? Wirklich? Und warum sollte sie das tun, Mrs.
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