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Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Titel: Ein glücklicher Tag im Jahr 2381 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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der Erde verwurzelt sein. Fäden vom Mittelpunkt der Erde dringen in sie ein, schlüpfen durch ihren Schlitz, winden sich durch ihre Brustwarzen in ihren Körper. Und dann ziehen sie. Und die Welt dreht sich, und eine eigene Bilderwelt wird aus ihrem aufflammenden, sich auseinanderdehnenden Körper gezerrt. Das sagt sie jedenfalls. Dillon bezweifelt niemals die Aussagen von Künstlerkollegen, insbesondere dann, wenn es sich um seine eigene Frau handelt. Er bewundert ihre Werke. Es wäre wirklich verrückt gewesen, ein Mädchen aus einer Kosmosgruppe zu heiraten, obwohl er genau das vorhatte, als er elf gewesen war. Er wollte damals sein Schicksal mit dem Mädchen teilen, das die Kometenharfe spielte. Er wäre jetzt Witwer, wenn er das getan hätte. Den Schacht hinab, den Schacht hinab! Was für ein verdrehtes Flippomädchen das gewesen ist! Und diesen wunderbar perfekten Inkantator hat sie auch mit sich gerissen. Peregrun Connely hieß er. Hätte ebenso gut ich sein können. Hätte ich sein können! Heiratet außerhalb eurer Kunst, Jungs, das erspart ‘ne Menge Ärger.
    »No fumar?« fragt Elektra. Sie hat sich kürzlich mit alten Sprachen beschäftigt. »Porque?«
    »Ich arbeite heute nacht. Es bringt die galaktischen Säfte durcheinander, wenn ich so früh einsteige.«
    »Macht es dir was aus, wenn ich…«
    »Aber nicht doch.«
    Sie nimmt sich einen Rauchkörper, zwickt die Spitze mit einem ihrer langen Fingernägel fein säuberlich ab. Ihr Gesicht wird rot, ihre Augen weiten sich. Er mag das an ihr, wie leicht sie sich antörnen läßt. Sie bläst Ringe auf das Baby, das zufrieden gurgelt, während das Filterfeld der Versorgungskrippe summend tätig wird, um die Atemluft des Babys rein zu halten. »Grazie mille, mama!« sagt Elektra – wobei sie sich mit Bauchreden versucht. »É molto bello! E delicioso! Was für ein schönes Wetter! Quella gioia!« Sie tanzt durch den Raum, singt bruchstückhafte Ausrufe in fremden Tonarten und fällt lachend in die abgelassene Schlafplattform. Ihr Rüschenkleid rutscht hoch, und er sieht ihren kastanienbraunen Venushügel und gerät in Versuchung, sie doch noch zu nehmen. Doch seine Selbstbeherrschung obsiegt, und er wirft ihr nur eine Kußhand zu. Als ob sie seine Gedanken empfangen hätte, schließt sie ihre Schenkel und bedeckt sich züchtig. Er aktiviert den Bildschirm, wählt den abstrakten Sender, und phantastische Formen flammen über die Wand. »Ich liebe dich«, sagt er. »Und ich habe Hunger.«
    Sie bestellt sein Frühstück. Dann geht sie hinaus; sie hat für heute Nachmittag eine Verabredung mit dem Gottesmann. Er ist eigentlich froh, daß sie jetzt geht, da ihm ihre Lebhaftigkeit im Augenblick zuviel ist. Er muß in die richtige Stimmung für sein Konzert kommen. Kaum ist sie weg, programmiert er den Empfänger auf widerhallende Schwingungen, und während die Resonanztöne durch seinen Schädel hallen, gleitet er wie von selbst in die gewünschte gefühlsmäßige Verfassung. Das Baby verbleibt in seiner Krippe, in der es die bestmögliche Versorgung erhält. Er braucht sich nichts dabei zu denken, daß er es allein läßt, wenn er um 16.00 Uhr nach Rom muß, um die Abendvorstellung vorzubereiten.
    Der Lift trägt ihn um 160 Etagen himmelwärts. Er verläßt ihn in Rom. Überfüllte Hallen, verschlossene Gesichter. Die Leute hier sind zumeist untergeordnete Bürokraten, eine mittlere Kolonie von Funktionären, die es nicht geschafft haben; die nie nach Louisville kommen werden, es sei denn, um einen Bericht abzuliefern. Sie sind nicht einmal clever genug, um auf Chikago oder Schanghai oder Edinburgh hoffen zu können. Hier werden sie bleiben, in dieser guten, grauen Stadt, wie eingefroren, führen menschenunwürdige Arbeiten aus, die jeder Computer vierzigmal besser ausführen könnte. Dillon verspürt kosmisches Mitleid für jeden, der nicht Künstler ist, aber er pflegt die Bewohner von Rom am meisten zu bedauern. Weil sie nichts sind. Weil sie weder ihren Kopf noch ihre Muskeln benützen können. Verkrüppelte Seelen, umherstreifende Nullen; dann besser noch – den Schacht hinunter. Ein Römer prallt voll gegen ihn, während er noch vor dem Liftausgang steht und sich diese Dinge durch den Kopf gehen läßt. Ein Mann, vielleicht vierzig, kein Funken Geist mehr in seinen Augen; der gehende Tote, der rennende Tote. »Entschuldigung«, murmelt er und hastet weiter.
    »Die Wahrheit!« schreit Dillon hinter ihm her. »Liebe! Sei gelöst! Schlaf öfter mit deiner

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