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Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Titel: Ein glücklicher Tag im Jahr 2381 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Brust. Sie müssen doch verstehen, von wo er kommt. Sie nicken, aber sie lächeln nicht. Ein eisiges Paar. Er ist festgenommen. Ein Eindringling, der die Unberührtheit ihrer Felder bedroht. Die Frau nimmt ihn am Arm. Nun ja, wenigstens wollen sie ihn nicht sofort töten. Das teuflisch laute Ding dreht noch immer seine engen Kreise über ihren Köpfen. Sie führen ihn zu der Gondel. Die Frau fährt zuerst hoch. Dann sagt der Mann etwas, das wohl Michael gelten muß. Michael lächelt; er gehorcht, will zeigen, daß er gefügig ist, das ist seine einzige Hoffnung. Er überlegt, wie er in die Gondel kommen kann. Der Mann zeigt es ihm und bindet ihn fest, und dann geht es nach oben. Die Frau wartet oben auf ihn, befreit ihn, stößt ihn in einen netzartigen Sitz. Hält immer ihre Waffe bereit. Einen Augenblick später ist auch der Mann wieder an Bord; die Schleuse gleitet zu, und die fliegende Maschine röhrt davon. Während des Flugs versuchen sie ihn zu verhören, aber er versteht ihren Wortschwall nicht und kann nur entschuldigend antworten: »Ich spreche eure Sprache nicht. Wie kann ich euch da sagen, was ihr wissen wollt?«
    Schon Minuten später landet die Maschine wieder. Sie stoßen ihn auf ein rötlichbraunes Feld hinaus. An seinem Rand sieht er Backsteinhäuser mit flachen Dächern, merkwürdige graue Fahrzeuge, verschiedene vielarmige Landwirtschaftsmaschinen und Dutzende von Männern und Frauen, die rote Leinentücher tragen. Nicht viele Kinder; vielleicht sind sie in der Schule, obwohl es schon auf das Ende des Tages zugeht. Alle deuten auf ihn. Sie reden schnell, aber er versteht ihre Worte nicht. Einige lachen. Er fürchtet sich etwas, aber nicht so sehr deshalb, weil er sich in Gefahr befinden könnte, sondern weil alles so fremdartig ist. Er weiß, daß dies eine der landwirtschaftlichen Gemeinden sein muß. Der Weg, den er an diesem Tag zurückgelegt hat, war nur ein Anfang; jetzt ist er wirklich von einer Welt in die andere gelangt.
    Der Mann und die Frau, die ihn gefangengenommen haben, stoßen ihn über das unbepflanzte Feld und durch eine Ansammlung von Farmerleuten zu einem der nahe gelegenen Gebäude. Während er vorbeigetrieben wird, berühren die Farmer seine Kleidung, seine bloßen Arme und sein Gesicht, murmeln vor sich hin. Sie bestaunen ihn wie ein Lebewesen von einem anderen Planeten. Das Gebäude, das ihn erwartet, ist nur schwach beleuchtet, hat rissige Wände, niedrige Decken und unebene Böden aus einem verblichenen Kunststoff. Er wird in einen schmucklosen Raum gebracht, der von einem unangenehmen Geruch beherrscht wird. Michael befürchtet, sich übergeben zu müssen. Bevor sie ihn verläßt, deutet die Frau mit kurzen Gesten auf die Einrichtungen des Raums. Hier kann er Wasser entnehmen; es ist ein Becken aus einem weißen, künstlichen Material, das sich wie kühler und glatter Stein anfühlt, an einigen Stellen ist es schmutziggelb und von Rissen durchzogen. Es ist keine Schlafplattform vorhanden, offenbar soll ihm der Haufen zerwühlter Decken genügen, der neben einer Wand liegt. Er sieht auch keinen Reiniger. Zur Absonderung hat er nur eine Einheit, eine Art von Plastikschüssel, deren Verlängerung in den Boden geht, und um es zu säubern, muß er an einem Hebel ziehen. Offensichtlich soll das Ding sowohl Urin als auch Fäkalien aufnehmen. Eine merkwürdige Anlage; aber dann wird er sich dessen bewußt, daß sie es hier nicht nötig haben, alle Abfälle einer Wiederverwendung zuzuführen. Der Raum verfügt über keine künstliche Lichtquelle. Durch sein einziges Fenster scheint die schwächer werdende Abendsonne herein. Das Fenster geht zu dem Vorplatz hinaus, auf dem die Farmer noch immer herumstehen und über ihn reden; er sieht, wie sie in seine Richtung deuten, nicken, lachen. Im Fensterrahmen befinden sich Metallstangen, die so dicht nebeneinander stehen, daß er sich nicht durch sie hindurchzwängen könnte. Eine Gefängniszelle also. Er untersucht die Tür. Verschlossen. Wie freundlich von ihnen. So wird er die Meeresküste nie erreichen.
    »Hört zu!« schreit er aus dem Gitterfenster hinaus. »Ich will euch nichts tun! Ihr braucht mich nicht einzusperren!«
    Sie lachen. Einige zucken die Achseln, rufen etwas.
    Ein bewaffnetes Mädchen bringt ihm das Abendessen und geht wieder hinaus, ohne ein Wort zu sagen. Gedämpftes Gemüse, eine klare Brühe, rote Früchte, die er nicht kennt, und eine Schale kühlen Weins. Die Früchte sind für seinen Geschmack etwas überreif,

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