Ein glücklicher Tag im Jahr 2381
zittert. Sein Glied ist hart und fest vor Verlangen. Er läßt sich auf die feuchte schwarze Erde neben dem Teich fallen. Er weint noch immer, heiße Tränen laufen gelegentlich über sein Gesicht, und er sieht zu, wie sich der Himmel blau verfärbt, und er legt Hand an sich selbst, beißt sich fest auf die Lippen, ruft sich die Vision vom Strand auf Capri ins Gedächtnis zurück, der Wein, der Junge, die Ziege, die Küsse, Micaela, sie beide nackt in der Morgendämmerung, und er atmet schwer, als er seinen Samen verstreut, die nackte Erde befruchtend. Zweihundert Millionen ungeborener Kleiner in dieser klebrigen Pfütze. Er schwimmt wieder; dann beginnt er wieder zu laufen, trägt dabei seine Kleider über dem Arm, aber nach einer Stunde legt er sie wieder an, um seine empfindliche Haut gegen die sengenden Strahlen der aufsteigenden Sonne zu schützen.
Gegen Mittag liegen Grünflächen, Teiche und angelegte Gärten weit hinter ihm, und er befindet sich im äußeren Territorium einer der Farmgemeinden. Die Welt ist weit und flach hier, und die entfernten Urbmons stehen wie glänzende Nadeln am Horizont, sich von Ost nach West erstreckend. Es gibt keine Bäume hier. Überhaupt keine ungeordnete und wilde Vegetation, nichts von dem chaotischen Durcheinander von Gewächsen, das ihn an dem Capri-Film so sehr fasziniert hat. Michael sieht lange Reihen niedriger Pflanzen, zwischen denen Streifen dunkler Erde verlaufen, und hier und da ist ein riesiges Feld völlig leer, als würde es seine Saat noch erwarten. Das müssen die Gemüsefelder sein. Er untersucht die Pflanzen: Tausende, die rund und zusammengerollt sind, Tausende, die senkrecht hochwachsen und grasähnlich sind, mit daran baumelnden Quasten, Tausende von einer anderen Sorte und noch viele verschiedene Sorten. Während er weitergeht, kommt er an immer wieder anderen Arten vorbei. Ist das Getreide? Bohnen? Kürbisse? Karotten? Weizen? Er kann nur raten, und das vermutlich schlecht. Er hat keine Möglichkeit, die fertigen Nahrungsprodukte, wie er sie aus dem Urbmon kennt, auf ihren Ursprung zurückzuführen. Er reißt Blätter ab von hier und von da und von dort, kostet verschiedene Sorten. Die Sandalen in der Hand, geht er barfuß über umgepflügte kühle Erdschollen hinweg.
Er nimmt sich vor, in Richtung Osten zu gehen. Dorthin, wo die Sonne herkommt. Aber die Sonne steht jetzt hoch über ihm und macht es ihm schwierig, die Richtung zu bestimmen. Die dahinschwindende Reihe der Urbmons ist keine Hilfe mehr. Wie weit ist es zum Meer? Der Gedanke an den Strand läßt seine Augen wieder feucht werden. Der Wind und die Wellen, der Salzgeschmack der Luft. Tausend Kilometer? Wie weit ist das? Er versucht, einen Vergleich zu konstruieren. Man legt einen Urbmon der Länge nach hin, verlängert mit einem weiteren und dann mit noch einem. Man braucht 333 Urbmons dazu, dann hat man die Strecke bis zum Meer, wenn es von hier aus 1000 Kilometer sind. Sein Mut verläßt ihn. Er hat keine Vorstellung von Entfernungen. Es könnten ebenso zehntausend Kilometer sein. Er versucht sich auszumalen, wie das wäre, 333mal von Reykjavik nach Louisville zu gehen, und das horizontal. Aber mit Ausdauer könnte es ihm gelingen, wenn er etwas zu essen findet. Welcher Teil dieser Pflanzen ist überhaupt eßbar? Muß er sie kochen? Wie? Diese Reise wird schwieriger werden, als er vermutet hat. Aber die Alternative besteht nur darin, zum Urbmon zurückzugehen, und das will er nicht. Das wäre, als würde er sterben, ohne je gelebt zu haben. Er geht weiter.
Er ist müde und ein wenig benommen vom Hunger, da er inzwischen schon sechs oder sieben Stunden unterwegs ist. Dazu kommt die körperliche Erschöpfung. Und auch das Alleinsein wird nun zu einer irritierenden Erfahrung für ihn. Das ist überraschend, da er sich immer danach gesehnt hat, da er den Menschenmassen des Urbmon 116 entfliehen wollte. Die Einsamkeit überkommt ihn.
Er schreit. Ruft seinen eigenen Namen, dann nach Micaela und Stacion. Ruft die Namen seiner Kleinen. »Ich bin ein Bürger von Edinburgh!« schreit er. »Urban Monad 116! Die 704. Etage!« Der Ton seiner Stimme fließt in Richtung auf die lockeren Wolken davon. Wie schön der Himmel jetzt ist, blau und golden und weiß.
Plötzlich kommt ein dröhnendes Geräusch auf ihn zu – von Norden her? – und wird von Augenblick zu Augenblick lauter. Hat er durch sein Rufen irgendein Ungeheuer auf sich aufmerksam gemacht? Er hält die Hand über die Augen, um nicht von der
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