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Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Titel: Ein glücklicher Tag im Jahr 2381 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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und Delphine, Dornen und Kieselsteine. Gott segne! Er lacht innerhalb seines Kokons. Es geht noch immer abwärts. Auf Wiedersehen. Micaela. Stacion. Artha. Eine letzte Vision des Gebäudes überkommt ihn, seine 885.000 Bewohner bewegen sich mit leeren Gesichtern durch die überfüllten Korridore, schweben in den Transportschächten aufwärts oder abwärts, drängen sich in den Schallzentren und den Hallen der somatischen Erfüllung, senden Myriaden von Botschaften durch die Kommunikationskanäle, indem sie ihre Mahlzeiten bestellen, miteinander reden, sich verabreden, verhandeln, sich fortpflanzen. Seid fruchtbar und mehret euch. Hunderttausende von Menschen in Umlaufbahnen, die ineinander verschlungen sind, jeder zieht seine eigenen kleinen Kreise innerhalb des riesigen Turms. Wie schön die Welt ist und alles, was sie enthält. Die Urbmons bei Sonnenaufgang. Die weiten Felder der Farmer. Auf Wiedersehen.
    Dunkelheit.
    Die Reise ist vorbei. Die Wurzel des Übels ist ausgelöscht worden. Der Urbmon hat die notwendigen Schutzmaßnahmen ergriffen, ein Feind der Zivilisation ist entfernt, der Erreger einer gefährlichen Krankheit ausgemerzt worden. Gott segne.

7
    Hier ist ganz unten. Siegmund Klüver schlendert unruhig zwischen den Generatoren hindurch. Das Gewicht des Gebäudes liegt erdrückend auf ihm. Das heulende Singen der Turbinen beunruhigt ihn. Er fühlt sich, als habe er die Orientierung verloren, ein Wanderer in den Tiefen. Wie gewaltig groß dieser Raum ist: eine riesige Halle weit unter der Erdoberfläche, so groß, daß die Leuchtkugeln an der Decke kaum in der Lage sind, die entfernte Bodenfläche aus Beton zu beleuchten. Siegmund geht einen Verbindungssteg entlang, der ungefähr in der Mitte zwischen Boden und Decke aufgehängt ist. Louisville befindet sich drei Kilometer über ihm. Teppiche und Gobelins, Täfelungen aus seltenen Hölzern, diese repräsentablen Schmuckstücke der Macht sind weit von hier entfernt. Er hatte gar nicht nach hier kommen wollen, jedenfalls nicht so weit nach unten. Warschau war sein Ziel für heute nacht. Aber irgendwie ist er zuerst hier gelandet. Er versucht, Zeit zu gewinnen. Siegmund hat Angst. Er sucht nach einem Vorwand, es nicht zu tun. Wenn sie nur wüßten. Diese Feigheit in seinem Innern. Er ist nicht so, wie es alle von Siegmund erwarten.
    Er schließt die Augen und überläßt sich einer Vision von den 885.000 Bewohnern des Urban Monad 116, die durch ein unentwirrbares Geflecht von Drähten miteinander verbunden sind. Ein gigantisches menschliches Schaltbrett. Und ich bin nicht mehr damit verbunden. Warum bin ich nicht mehr daran angeschlossen? Was ist mit mir passiert? Was geschieht jetzt mit mir? Was wird mit mir geschehen?
    Er hört die Stimme von Rhea Shawke Freehouse, als käme sie von einem Tonträger, der inmitten seines Gehirns abgespielt wird. Wenn ich an deiner Stelle wäre, Siegmund, dann würde ich mich etwas entspannen und mich meiner selbst zu erfreuen versuchen. Mach dir nichts daraus, was die Leute über dich denken oder zu denken scheinen. Bemühe dich, menschlicher zu werden. Geh im ganzen Urbmon herum; nachtwandle vielleicht mal in Warschau oder Prag. Kluge Worte einer klugen Frau. Warum nur Angst haben? Geh nach oben. Geh nach oben. Es wird schon spät.
    Er steht vor einer Schleuse mit der Aufschrift: KEIN ZUTRITT die zu einem der Computer-Ganglien führt, und verbringt mehrere Minuten damit, daß er seine zitternde rechte Hand anstarrt. Dann hastet er zum Liftschacht und gibt ihm die Anweisung, ihn zur sechzigsten Ebene zu tragen. In die Mitte von Warschau.
    Enge Korridore. Viele Türen. Die Luft schmeckt zusammengepreßt. Dies ist eine Stadt mit außergewöhnlich hoher Bevölkerungsdichte, nicht nur wegen der segensreichen Fruchtbarkeit ihrer Bewohner, sondern auch deshalb, weil ein großer Teil des Stadtgebiets von industriellen Anlagen eingenommen wird. Obwohl das Gebäude hier einen viel größeren Umfang hat als in seinen oberen Bereichen, drängen sich die Bürger von Warschau in einem relativ kleinen Wohngebiet. Hier sind die Maschinen, mit denen Maschinen gemacht werden. Ein großer Teil der Arbeit wird elektronisch gesteuert und automatisch verrichtet, aber für Menschen bleibt immer noch genug zu tun: Förderbänder beladen, ihre Richtung bestimmen, Gabelstapler fahren, die fertigen Waren für ihren Bestimmungsort auszeichnen. Ende letzten Jahres hat Siegmund Nissim Shawke und Kipling Freehouse zu erklären versucht, daß fast jede

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