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Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Titel: Ein glücklicher Tag im Jahr 2381 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Man kann ja wirklich nicht wissen, was er von draußen mitgebracht hat. Und jetzt öffnet sich der innere Teil der Schleuse.
    Licht in seinen Augen. Es blendet. »Bleib, wo du bist! Versuche nicht, den Eingang zu verlassen!« Die kalte, metallische Stimme nagelt ihn dort fest, wo er steht. Im grellen Licht blinzelnd macht Michael einen halben Schritt nach vorn, hält dann aber wieder inne, als ihm klar wird, daß das höchst unklug sein könnte. Eine süßlich riechende Wolke umfängt ihn. Sie haben ihn mit etwas übersprüht, was sich sehr schnell verfestigt, eine Art Sicherheitskokon bildet. Das Licht senkt sich jetzt. Vier oder fünf Gestalten blockieren seinen Weg. Polizei. »Michael Statler?« fragt einer von ihnen.
    »Ich habe eine Passiererlaubnis«, sagt er unsicher. »Es ist alles ganz legal. Ihr könnt die Unterlagen überprüfen. Ich…«
    »Unter Arrest. Abänderung des Programms, unerlaubtes Verlassen des Gebäudes, unerwünschte antisoziale Tendenzen. Befehl der Festnahme unmittelbar nach der Rückkehr ins Gebäude. Jetzt ausgeführt. Obligatorisches Urteil der Auslöschung folgt.«
    »Augenblick mal! Ich habe das Recht auf eine Appellation, nicht wahr? Ich verlange…«
    »Der Fall ist bereits verhandelt worden und an uns zur endgültigen Entscheidung verwiesen worden.« Eine Spur von Ungeduld in der Stimme des Polizisten. Sie sind jetzt an seiner Seite. Er kann sich nicht bewegen. Eingeschlossen in der sich verhärtenden Sprühmasse. Was immer er an fremden Mikroorganismen mitgebracht hat, es ist mit ihm zusammen versiegelt. Zum Schacht? Nein. Nein. Bitte. Aber was konnte er schon anderes erwarten? Hat er wirklich geglaubt, daß er den Urbmon zum Narren halten könnte? Konnte er eine ganze Zivilisation zurückweisen und dann hoffen, sich reibungslos wieder in ihr einordnen zu können? Sie haben ihn auf eine Art Transportkarren geladen. Er nimmt nur noch schwache Umrisse außerhalb des Kokons wahr. »Wir nehmen das mit allen Einzelheiten auf, Jungs. Stellt ihn vor die Aufnahmegeräte. Ja. Gut so.«
    »Kann ich wenigstens meine Frau noch einmal sehen? Meine Schwester? Ich meine, was könnte es denn schaden, wenn ich nur ein letztes Mal mit ihnen rede…«
    »Bedrohung von Harmonie und Stabilität, gefährliche antisoziale Tendenzen, sofortige Entfernung notwendig, um mögliche weitere Ausbreitung des Verhaltensmusters zu verhindern.« Als ob er eine Seuche der Rebellion in sich trüge. Er hat so etwas schon erlebt: das endgültige Urteil, die sofortige Exekution. Und dabei hat er es nie wirklich verstanden.
    Micaela. Stacion. Artha.
    Der Kokon ist jetzt völlig verfestigt. Er sieht nicht mehr aus ihm heraus.
    »Hört zu«, sagt er, »was immer ihr jetzt tun werdet, ich will euch wissen lassen, daß ich dort gewesen bin. Ich habe die Sonne und den Mond und die Sterne gesehen. Es war nicht Jerusalem, es war nicht der Taj Mahal, aber es war etwas. Das ihr nie gesehen habt. Und nie sehen werdet. Diese Möglichkeiten da draußen. Die Hoffnung, die eigene Seele zu erweitern. Was würdet ihr schon davon verstehen?«
    Verzerrte Geräusche von außerhalb des milchigen Netzes, das ihn umschließt. Sie lesen ihm die wichtigen Passagen aus dem Gesetzbuch vor. Erklären ihm, wie er die Struktur der Gesellschaft gefährdet hat. Daß es notwendig ist, die Quelle des Übels auszulöschen. Die Worte vermischen sich miteinander und bedeuten ihm nichts. Der Transportkarren setzt sich wieder in Bewegung.
    Micaela, Stacion und Artha.
    Ich liebe euch!
    »In Ordnung, öffnet den Schacht.« Klar und unmißverständlich, diese Anordnung.
    Er hört das Näherkommen der Flut. Er spürt das Salzwasser. Die Sonne steht hoch; der Himmel ist von ungetrübtem Blau. Er bedauert nichts. Es wäre unmöglich gewesen, das Gebäude jemals wieder zu verlassen; hätten sie ihn leben lassen, so wäre er von nun an dauernd überwacht worden. Die Millionen von wachsamen Urbmon-Augen. Ein Leben lang an der Kontrollwand hängen und programmieren. Wozu? Das hier ist besser. Ein wenig gelebt zu haben, nur einmal. Gesehen zu haben. Der Tanz, das Lagerfeuer, der Duft der Dinge, die aus dem Boden wachsen. Und jetzt ist er müde. Die Ruhe ist ihm willkommen, er sehnt sich nach ihr. Er nimmt eine Bewegung wahr. Der Karren wird wieder angeschoben. Hinein – und dann nach unten. Wiedersehen. Wiedersehen. Wiedersehen. Ruhig fällt er nach unten. Er denkt an die grünen Steilhänge von Capri, den Jungen, die Ziege, den Krug voll kühlen goldenen Wein, Nebel

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