Ein glücklicher Tag im Jahr 2381
schlecht riechen. Kein Zugang zu einem Ultraschall-Reiniger. Welche Bakterien vermehren sich auf seiner Haut, in seinem Fleisch? Er muß zurückgehen. Seine Muskeln schmerzen so sehr, daß es schon weit über bloße Erschöpfung hinausgeht. Alles an ihm ist klebrig und feucht. Er stellt sich vor, daß seine Haut aufreißen wird, weil sie zu lange der Sonne, dem Mond und der Luft ausgesetzt war.
Was ist mit dem Meer? Was mit dem Vesuv und dem Taj Mahal?
Vorbei. Er ist bereit, seine Niederlage zuzugeben. Er ist so weit gegangen, wie er es wagen konnte, und für so lange, wie er es sich selbst zu gestatten vermochte; jetzt sehnt sich seine Seele wieder nach Hause. Seine Konditionierung setzt sich wieder durch. Der Einfluß der Umgebung erweist sich stärker als die genetische Bestimmung. Er hat sein Abenteuer gehabt – und eines Tages, so Gott es will, wird er ein weiteres erleben –, aber seinen Wunschtraum von einer Durchquerung des Kontinents, vom Durchreisen zahlloser Gemeinden, das muß er aufgeben. Zu viele Götzen mit metallisch glänzenden Klauen warten auf ihn, und er hat vielleicht nicht das Glück, auch in der nächsten Siedlung eine Artha zu finden.
Seine Furcht geht vorbei, während die Stunden dahinfließen. Niemand und nichts verfolgt ihn. Er geht in einen stetigen, mechanischen Marschrhythmus über, Schritt um Schritt, um Schritt, um Schritt, so schleppt er sich selbst voran in Richtung auf die riesigen Türme der Urban Monads. Er nimmt an, daß Mitternacht schon vorbei ist, da der Mond schon einen weiten Bogen über den Himmel gezogen hat, und außerdem strahlen die Urbmons jetzt nicht mehr so hell, da sich viele Bewohner schon schlafengelegt haben.
Ohne Zeitgefühl geht er weiter, bis der Mond untergeht und die Sterne sich auflösen. Die Dämmerung zieht herauf.
Er hat die Zone des unbenutzten Landes zwischen dem Rand des Gemeindegebietes und der Chipitts-Konstellation erreicht. Trotz seiner schmerzenden Füße zwingt er sich, weiterzugehen. Er ist schon so nahe an den Gebäuden, daß sie ohne jede Befestigung mitten in der Luft zu hängen scheinen. Er sieht die Gartenanlagen vor den Urbmons und die Robotgärtner, die fleißig ihrer Arbeit nachgehen. Blüten öffnen sich dem ersten Licht des Tages. Der leichte Wind trägt Blumendüfte mit sich. Zu Hause. Zu Hause! Stacion. Micaela.
Welches ist Urbmon 116?
Die Türme sind nicht mit Nummern versehen. Ihre Bewohner wissen, wo sie leben. Mehr stolpernd als gehend nähert sich Michael dem nächsten Gebäude, geht auf die Schleuse zu. Er hält sein Armband mit der Passierkarte hoch. Der Computer ist programmiert, ihm die Schleuse zu öffnen, wenn er es verlangt. »Wenn das Urbmon 116 ist, bitte öffnen. Ich bin Michael Statler.« Nichts geschieht. Kameras überprüfen ihn, aber die Schleuse bleibt geschlossen. »Was für ein Gebäude ist das? Mach schon«, drängt er. »Sag mir, wo ich bin!«
Eine Stimme aus einem unsichtbaren Lautsprecher sagt: »Dies ist Urban Monad 123, Chipitts-Konstellation.«
123! So viele Kilometer von zu Hause entfernt!
Aber er kann nicht anders, er muß weiter. Die Sonne steht jetzt über dem Horizont und wandelt ihre Farbe rasch von Rot zu Gold. Wenn das Richtung Osten ist, wo befindet sich dann Urbmon 116? Er versucht, seine Position zu berechnen, aber sein benommener Kopf macht ihm Schwierigkeiten. Er muß nach Osten gehen. Ja? Nein? Er schleppt sich durch die unbestimmbare Anzahl von Gärten, die 123 von seinem östlichen Nachbarn trennen, und stellt vor der Schleuse seine Frage. Ja, das ist Urbmon 122. Er geht weiter. Die Gebäude sind in langen Diagonalen versetzt, damit keins seinen Schatten auf das andere wirft. Er bewegt sich auf einer mittleren Linie durch sie hindurch und zählt dabei sorgfältig ein Gebäude nach dem anderen, während die Sonne über ihm emporsteigt und ihn mit ihren heißen Strahlen bombardiert. Er ist schon ganz benommen vor Hunger und Erschöpfung. Ist das 116? Nein, er muß sich verzählt haben; die Schleuse öffnet sich nicht für ihn. Der Tag vergeht. Dann vielleicht dieses da?
Ja. Die Schleuse schiebt sich auf, als er seine Passierkarte präsentiert. Michael stolpert hinein und wartet, während sich das Tor hinter ihm wieder schließt. Jetzt müßte sich das Innentor öffnen. Er wartet. Nun? »Warum wird nicht geöffnet?« fragt er. »Hier. Hier! Bitte überprüfen!« Er hält seine Karte hoch. Vielleicht muß er zuerst noch eine Art von Entgiftungsprozedur über sich ergehen lassen.
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