Ein Gott der keiner war (German Edition)
verwickelt waren, sahen nicht von einem Tag auf den andern die Sache in dieser Terminologie. Sie fühlten sich aus dem Gefühl der Sicherheit durch die Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre herausgeschleudert.
Ihre Annahme, daß sie in einer Welt lebten, in der die Intoleranz im Abnehmen sei, wurde durch den Triumph des Hitlerismus erschüttert. Die Verfolgung der Juden erregte ihr Mitleid und ihren Zorn.
Der Höhepunkt der Jahre nach 1930 war zweifellos der spanische Bürgerkrieg. In Spanien selbst kann es möglich sein, daß unter Spaniern die Ursachen für den Krieg verwickelter erscheinen, als sie dies den Menschen im Ausland zu sein schienen. Es mag eine gewisse Wahrheit in der Behauptung von Arthur Bryant liegen, daß die Spanier in beiden Lagern die sich einmischenden Mächte, die herbeieilten, um zu helfen, mehr haßten als ihre spanischen Gegner. Nichtsdestoweniger wurde Spanien für die übrige Welt ein Schauplatz, auf dem das Drama des Kampfes zwischen Faschismus und Antifaschismus aufgeführt wurde. Die Intervention von Mussolini und Hitler, der diejenige Rußlands folgte, an die sich die Aufstellung der internationalen Brigade anschloß, machten damals den spanischen Krieg zum Mittelpunkt des Kampfes um die Seele Europas. Spanische Generäle hatten gegen eine vom spanischen Volke gewählte Regierung rebelliert. Als diese Rebellen ihre Rebellion nicht festigen konnten und Kräfte aus dem Ausland intervenierten, da wurde der Widerstand der Republik zur Sache der Demokratie und der Kampf der Rebellen zur Sache des Faschismus. Gleichviel, wofür eine große Anzahl Spanier auf beiden Seiten gekämpft haben mag, dies war der Streitpunkt, der von Italien, Deutschland, Rußland und der internationalen Brigade auf dem spanischen Boden ausgekämpft wurde.
Der europäische Kampf der Faschisten gegen die Antifaschisten wurde in Spanien wie in einem Theater dramatisiert. Die den Spaniern eigene Leidenschaftlichkeit, ihr Idealismus und die Heftigkeit ihres Temperamentes, ja sogar die spanische Landschaft gaben dem Kampf Farbe und verliehen ihm eine Intensität und eine Art dichterischer Reinheit, die er weder vorher noch nachher kaum gehabt hatte. über all dies hinaus war dies ein Krieg, in dem der Einzelmensch mit seiner Leidenschaft und seiner relativen Unabhängigkeit von technischen Systemen noch Geltung hatte. Es war zum Teil ein Krieg für Anarchisten und für Dichter. Mindestens fünf der besten jungen englischen Schriftsteller gaben ebenso ihr Leben hin wie die Dichter anderer Länder. Dies zog die Intellektuellen noch tiefer in den Kampf hinein. Nach dem Fall der Republik wurde der Kampf des Faschismus gegen die Demokratie zu einem Kampf, in dem Armeen, Maschinen und Verwaltungsapparate mehr galten als einzelne Menschen.
Ich reiste ganz im Anfang des spanischen Krieges nach Gibraltar, Oran und Tanger. Hier war ich restlos erstaunt über die Leidenschaftlichkeit der einfachen Bevölkerung, die sich zu den Versammlungen drängte, die zur Unterstützung der spanischen Republik abgehalten wurden. Ich hatte noch nie irgendwelche Versammlungen gesehen, die sich mit der einen vergleichen ließen, an der ich in Tanger teilnahm. Mehrere hundert der ärmsten Leute, unter denen sich Krüppel und Blinde befanden, lauschten mit angespannten, leidenschaftlich erregten Gesichtern den Rednern, die die Sache der Republik verteidigten. Es war da eine Andächtigkeit, ein Gefühl der Hoffnung, die mich an die Menschenmengen denken ließ, wie sie im Neuen Testament beschrieben sind.
überall war ich an den Orten, wo ich in Kontakt mit kommunistischen Gruppen kam, beeindruckt von ihrem Vertrauen und ihrem Anstand. In Oran schien die Gruppe von Kommunisten, die sich in einem kleinen Café traf, wo sie ihr Hauptquartier hatten, inmitten des Lärms, des Schmutzes und der Trunkenheit des Hafenlebens einer völlig anderen Welt anzugehören.
Im Gegensatz zu dem günstigen Eindruck, den ich von den Kommunisten gewann, hatte ich einen schlechten von den Beamten und den Geschäftsleuten, die die demokratischen Länder vertraten. Beinahe alle, die ich kennenlernte, schienen Franco zu unterstützen. Ich könnte da viele Beispiele geben. Das sprechendste Beispiel stammt aus Tanger. Tanger wurde von einer internationalen Kommission verwaltet, die sich aus den Gesandten verschiedener Mächte zusammensetzte, von England, Italien, Spanien, Belgien und Frankreich. Der spanische Gesandte Prieto del Rio, der die spanische Republik vertrat,
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