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Ein Gott der keiner war (German Edition)

Ein Gott der keiner war (German Edition)

Titel: Ein Gott der keiner war (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Gide , Arthur Koestler , Ignazio Silone
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von außen, reformiert werden könne. Aus einem Klub oder einer politischen Bewegung kann man sich zurückziehen, wenn einem deren Politik nicht mehr paßt; aber die Kommunistische Partei war etwas ganz anderes: sie war der Vortrupp des Proletariats, die Inkarnation des Willens der Geschichte selbst. Hatte man sie einmal verlassen, so war man gewissermaßen extra muros ein Außenseiter der Geschichte, und man konnte sagen und tun, was man wollte, es hatte nicht den geringsten Einfluß auf ihren Kurs. Die einzige dialektisch korrekte Haltung war, dabei zu bleiben, das Maul zu halten, die Galle herunterzuschlucken und auf den Tag zu warten, an dem, nach der Niederwerfung des Feindes und dem Sieg der Weltrevolution, Sowjetrußland und die Komintern bereit waren, zu demokratischen Einrichtungen zu werden. Dann, und nur dann, würden die Führer über ihre Handlungen Rechenschaft ablegen müssen: über die vermeidbaren Niederlagen, die mutwilligen Opfer und die Fluten von Dreck und Verleumdung, unter denen die Elite unserer Genossen umgekommen war. Bis zu jenem Tag hatte man das Spiel weiter mitzumachen – ja sagen und widerrufen, ableugnen und denunzieren, ideologischen Speichel lecken und kräftig schlucken, wenn es einem hochkam; dies war der Preis für die Erlaubnis, sich weiter sozial nützlich zu fühlen und auf solche Art seine pervertierte Selbstachtung zu bewahren.
     
     
    Als Korrespondent nach Spanien
     
    Im Juli 1936 inszenierte General Franco seinen Staatsstreich. Ich suchte Willi auf und bat ihn, mir beim Eintritt in die Spanische Republikanische Armee zu helfen; damals gab es noch keine Internationalen Brigaden. Ich hatte meinen Paß mitgebracht; es war ein ungarischer Paß. Willi blätterte ihn zerstreut durch; als eingefleischter Propagandist war er entschieden dagegen, daß Schriftsteller ihre Zeit mit dem Ausheben von Schützengräben verschwenden sollten. In dem Paß lag mein Ausweis als Pariser Korrespondent des Pester Lloyd . Ich hatte nie ein Wort für dieses Blatt geschrieben, aber fast jeder ungarische Emigrant in Paris verfügte über einen Presseausweis von dieser oder jener Zeitung, um sich gelegentlich unentgeltliche Theater- und Kinobillets zu verschaffen. Willis Augen begannen aufzuleuchten: ihm war eine Idee gekommen.
    „Warum gehst du nicht für den Pester Lloyd in Francos Hauptquartier?" schlug er vor. „Ungarn ist ein halbfaschistisches Land, die Leute werden dich mit offenen Armen empfangen."
    Auch ich hielt die Idee für ausgezeichnet; aber sie hatte einige Haken. Zunächst würde sich der Pester Lloyd nie darauf einlassen, mich nach Spanien zu schicken; aber war es denn nötig, die Redaktion überhaupt von der Reise in Kenntnis zu setzen? Im Durcheinander eines Bürgerkrieges würde sich kaum jemand der Mühe unterziehen, mein Beglaubigungsschreiben zu prüfen. Zweitens konnte es anderen ausländischen Korrespondenten aufstoßen, daß ein armes ungarisches Blatt einen Sonderkorrespondenten nach Spanien zu entsenden in der Lage war. Aber auch diese Schwierigkeit wurde überwunden. Ich hatte Freunde beim News Chronicle , der führenden liberalen Tageszeitung in London, die eine heftig ablehnende Haltung gegenüber Franco einnahm und keine Aussicht hatte, einen eigenen festen Korrespondenten in das Gebiet der Aufständischen zu bringen; ihr außenpolitischer Redakteur erklärte sich freudig damit einverstanden, mich zu seinem Sonderkorrespondenten zu machen, unter der Voraussetzung natürlich, daß es mir gelingen sollte, spanisches Rebellengebiet zu betreten.
    Ich brachte es mit einiger Mühe fertig, über Lissabon nach Sevilla zu gelangen, wo sich damals das Hauptquartier Francos befand. Mein Aufenthalt in dieser Stadt war von kurzer Dauer, denn ich wurde schon am zweiten Tag erkannt und als Kommunist angezeigt; doch gelang es mir dank dem unglaublichen Wirrwarr, der in Spanien herrschte, gerade noch zur rechten Zeit über Gibraltar zu entwischen. Trotz der .Kürze meines Besuches hatte ich die deutschen Piloten und Flugzeuge der Armee Francos sehen und einiges Material über ihre Tätigkeit sammeln können. Ich veröffentlichte das Material im News Chronicle sowie in einer Broschüre, wodurch ich mir die besondere Feindschaft des Franco-Regimes zuzog. Infolgedessen waren, als ich sechs Monate später beim Falle Malagas von der Rebellenarmee gefangengenommen wurde, meine Aussichten, mit dem Leben davonzukommen, nicht allzu gut.
    Ich verbrachte vier Monate in spanischen

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