Ein Grausames Versprechen
wollen.«
»Wir können sie unterwegs abholen.«
Tess Kennedy wohnte in einem kleinen Block in einer engen und dunklen Straße in Newtown. Ella und Murray warteten im Wagen, bis Deborah ihre Tochter geholt hatte. Murray öffnete die Tür einen Spalt, um die Uhrzeit am Armaturenbrett ablesen zu können.
»Sie trauern«, sagte Ella.
»Wir verpassen alles.« Murray zog die Tür wieder zu. »Warum gehst du nicht nach oben und bewegst sie zum Aufbruch?«
»Sie wollte vorhin nicht, dass ich mit hinaufkomme, dann werde ich jetzt wohl auch nicht willkommen sein.«
Ein Mann auf dem Gehsteig spähte im Vorübergehen in den Wagen. Ella starrte zurück und verdrehte dann den Rückspiegel um ihn weiter zu beobachten.
Murray rutschte ungeduldig im Sitz umher. »Wahrscheinlich haben sie den Fall gelöst, bis wir zurückkommen.«
»Beruhige dich«, sagte Ella.
»Du willst ihn doch genauso sehr.«
Wahrscheinlich noch mehr.
»Da kommen sie.« Ella stieg aus und öffnete den beiden Frauen die hintere Tür. Tess war schlaksig, fohlenartig und wirkte eher wie eine Dreizehnjährige als wie eine Studentin. Sie trug Jeans und ein braunes Bali-T-Shirt, das blonde Haar war zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden, und ihre Füße steckten in Sandalen. Ihre Augen waren rot. Sie half ihrer Mutter in den Wagen.
»Es tut mir leid wegen Ihres Vaters«, sagte Ella. Das Mädchen dankte ihr mit leiser Stimme und stieg ein.
Sie fuhren schweigend ins Krankenhaus, wo Murray auf dem für die Polizei reservierten Platz parkte. Sie erkundigten sich bei einer Schwester der Notaufnahme nach dem Weg, und diese rief einen Angestellten, der sie zum Leichenschauhaus führte.
Er bat sie, einen Moment im Flur zu warten, während er hineinging.
Die Kennedys standen nah beisammen und hielten sich an den Händen.
»Wenn wir hineingehen«, sagte Ella, »müssen Sie, Mrs. Kennedy, bestätigen, dass es sich um den Leichnam Ihres Gatten James handelt - falls Sie es sich immer noch zutrauen.« Sie sah Tess an. »Möchten Sie mit hineinkommen oder lieber hierbleiben?«
»Ich komme mit«, flüsterte sie.
Die Tür ging auf, und der Angestellte räusperte sich. Sie traten einzeln ein, und Murray zog die Tür hinter ihnen zu. In der Mitte des kleinen weißen Raums stand eine Bahre aus Edelstahl, und auf ihr lag ein Mann. Ein Laken bedeckte seinen Körper bis zur oberen Brust. Seine Arme lagen außerhalb des Lakens, Infusionsschläuche waren an den Unterarmen befestigt. Sein Gesicht war blass, mit einem Stich ins Purpurne, und das grau werdende Haar nach hinten gestrichen. Die Augen waren geschlossen, in seinem Mund steckte ein Plastikschlauch, der mit blutbeflecktem Baumwollband festgebunden war.
Deborah begann zu weinen und legte die zitternde Hand auf die Schulter des Mannes. Tess schlang die Arme um ihre Mutter und sah Ella an, über ihr Gesicht strömten Tränen. »Es ist mein Vater.«
»Willst du deine Schulden jetzt bezahlen?«
Lauren blickte von dem Stadtplan auf, der offen auf ihrem Schoß lag. »Was?«
»Der Kaffee, den du mir schuldest, weil du dachtest, die Messerstecherei sei nicht ernst«, erwiderte Joe. »Hast du jetzt Lust dazu?«
»Können wir es auf später verschieben?«
Er zuckte mit den Achseln und ließ den Motor an.
»Und hör zu«, sagte Lauren, »können wir eine kleine Fahrt unternehmen, bevor wir uns wieder einsatzbereit melden?«
»Willst du deinen Freund besuchen?«
Sie deutete durch die Windschutzscheibe. »Immer geradeaus.«
»Jawohl, Madame.«
Er fuhr, und sie behielt einen Finger in der maßgeblichen Seite des Stadtplans, während sie das Formular für den soeben beendeten Einsatz ausfüllte. Neunzigjährige Frau, hat im Badezimmer das Gleichgewicht verloren und ist gestürzt, keine Bewusstlosigkeit. Erlitt Schürfwunde am rechten Arm. Wunde gereinigt und verbunden. Alle Werte im normalen Bereich.
»Hier links«, sagte sie.
Joe bog um die Ecke. »Wie sieht er denn aus?«
Patientin lehnte Transport ab. Wird am Morgen Hausarzt aufsuchen.
»Ich wette, er ist sehr groß.«
Lauren unterschrieb das Einsatzblatt und klappte den Ordner zu. »An der Ampel rechts.«
»Er ist groß, oder?«
Joe war ein wunderbarer Kollege, es gab keinen besseren, aber sie wünschte, er würde jetzt den Mund halten. Sie starrte aus dem Fenster, ihre Hände lagen flach auf dem Stadtplan. Ihr Magen war ein einziger Knoten. »Jetzt wieder rechts.«
Das war die Straße. Lauren schaute auf die Hausnummern und sah
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