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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Andrejewna sehr zu mögen, sie hochzuachten und zu schätzen? Das ist ganz reizend von dir, und deshalb wirst du dich wahrscheinlich für sie freuen: Sie wird heiraten, mein Lieber, und soweit man ihren Charakter kennt, wird sie ganz bestimmt heiraten, und ich – nun, ich gebe ihr selbstverständlich meinen Segen.« »Sie wird heiraten? Aber wen denn?« rief ich maßlos erstaunt.
    »Rat mal. Aber ich möchte dich nicht auf die Folter spannen: den Fürsten Nikolaj Iwanowitsch, deinen reizenden alten Herrn.«
    Ich starrte ihn an.
    »Es ist anzunehmen, daß sie diese Idee schon lange gehegt und sie von allen Seiten künstlerisch ausgestaltet hat«, fuhr er lässig, aber deutlich artikuliert fort. »Ich nehme an, das geschah genau eine Stunde nach dem Besuch des ›Fürsten Serjoscha‹. (Der kam wirklich zur unrechten Zeit herangepirscht!) Sie suchte einfach den Fürsten Nikolaj Iwanowitsch auf und machte ihm einen Heiratsantrag.«
    »Was soll das heißen, ›machte ihm einen Antrag‹? Das soll doch wohl heißen, er hat ihr einen Heiratsantrag gemacht?«
    »Aber wie sollte er! Sie war es, sie persönlich. Und deshalb ist seine Begeisterung grenzenlos. Er soll, wie ich hörte, nur dasitzen und sich wundern, wieso er nicht selbst darauf gekommen ist. Ich habe gehört, er sei sogar unpäßlich geworden, vermutlich auch vor Begeisterung.«
    »Hören Sie, Sie reden so ironisch … Ich kann es kaum glauben. Und wie konnte sie ihm so etwas vorschlagen, was hat sie gesagt?«
    »Sei überzeugt, mein Freund, daß ich mich aufrichtig freue«, sagte er mit einer plötzlich ernsten Miene, »er ist natürlich alt, aber nach Gesetz und Brauch darf er heiraten, und sie – das ist wieder die Sache des fremden Gewissens, eben das, was ich dir schon mehrfach wiederholt habe. Übrigens ist sie viel zu kompetent, um nicht ihre eigenen Ansichten zu haben und um nicht genau zu wissen, was sie will. Die eigentlichen Details, die Worte, die sie gebraucht hat, kann ich dir nicht wiedergeben, mein Freund. Aber sie wird es selbstverständlich tadellos gemacht haben, und so, wie wir beide es uns nie im Leben hätten ausdenken können. Das beste an dieser ganzen Geschichte ist, daß es keinen Skandal nach sich zieht und in den Augen der Welt très comme il faut ist. Freilich, es ist nicht zu übersehen, daß sie sich eine Position in der Gesellschaft wünscht, aber sie ist es auch wert. All das, mein Freund, ist in der höheren Gesellschaft gang und gäbe. Und ihren Antrag wird sie gewiß ausgezeichnet und elegant vorgebracht haben. Sie gehört dem strengen Typ an, mein Freund, eine klösterliche Erscheinung, wie du sie einmal genannt hast; eine ›stille Jungfrau‹, wie ich sie schon lange nenne. Sie ist doch fast seine Pflegetochter, du weißt es ja, und sie hat seine Güte mehr als einmal an sich selbst erfahren. Sie hatte mir schon vor langem beteuert, daß sie ihn ›so sehr schätzt und so sehr verehrt‹, daß sie ihn ›so sehr bedauert und mit ihm sympathisiert‹ und so fort, daß ich eigentlich sogar in etwa darauf vorbereitet war. Alles das hat mir heute morgen, in ihrem Auftrag und auf ihre Bitte hin, mein Sohn und ihr Bruder, Andrej Andrejewitsch, mitgeteilt, mit dem du, glaube ich, persönlich nicht bekannt bist und den ich pünktlich jedes halbe Jahr sehe. Er billigt ihren Schritt mit allem schuldigen Respekt.«
    »Also ist das schon öffentlich? Mein Gott, ich bin fassungslos!«
    »Nein, es ist noch keineswegs öffentlich, vorläufig nicht … ich bin darüber nicht unterrichtet und halte mich überhaupt völlig zurück. Aber all das ist zuverlässig.«
    »Aber jetzt ist Katerina Nikolajewna … Was glauben Sie, was wird Bjoring zu dieser Sakuska sagen?«
    »Das kann ich nun nicht wissen … was ihm daran eigentlich nicht gefallen könnte; aber du kannst dich darauf verlassen, Anna Andrejewna ist auch in dieser Beziehung ein im höchsten Grade anständiger Mensch. Aber wie verfährt diese Anna Andrejewna! Sie erkundigte sich bei mir just gestern vormittag: ›Liebe ich die Wittib Achmakowa oder nicht?‹ Weißt du noch, ich habe dir gestern erzählt und mich gewundert: Sie würde doch den Vater nicht heiraten dürfen, dessen Tochter ich ehelichte? Verstehst du jetzt?«
    »Ach, wirklich!« rief ich aus. »Aber sollte denn Anna Andrejewna im Ernst geglaubt haben, daß Sie … den Wunsch hätten, Katerina Nikolajewna zu heiraten?«
    »Es sieht so aus, mein Freund, aber übrigens … aber übrigens wird es für dich, glaube

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