Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
hatte befohlen, alle fortzujagen. Es gab viel Gerede. Und Pjotr Stepanowitsch war damals fast übergeschnappt: ›Jetzt kann ich nun alles; ich sollte nur in Sankt Petersburg beim Hof tätig werden.‹ Ein liebenswerter Mensch war er, neigte aber maßlos zum Eigenlob. Und dann ereilte ihn das Schicksal: Als er die ganzen zweihundert Rubel empfangen hatte, begann er sofort zu zechen und das Geld herumzuzeigen und zu prahlen; und dann erschlug ihn, betrunken wie er war, der Kleinbürger, mit dem er gezecht hatte, und raubte sein Geld; am nächsten Morgen kam das alles ans Licht.
Es nahm aber alles ein solches Ende, daß man dort auch heute noch sich daran erinnert. Plötzlich fährt Maxim Iwanowitsch bei dieser Witwe vor, in eigener Person: Sie wohnte bei einer Kleinbürgerin am Stadtrand in einem Bauernhaus zur Miete. Aber dieses Mal ging er schon bis in den Hof hinein; er blieb vor ihr stehen und verneigte sich bis zur Erde. Sie aber war von all den Vorfällen krank und konnte sich kaum auf den Beinen halten. ›Mütterchen‹, flehte er, ›ehrbare Wittib, nimm mich, den Unmenschen, zum Mann, gönne mir das Leben auf Erden!‹ Die schaut ihn an und schwebt zwischen Leben und Tod. ›Ich will‹, sagt er, ›daß uns noch ein Knabe geboren wird, und wenn der geboren wird, dann hat das zu bedeuten, daß der Kleine uns vergeben hat: dir und mir. So hat mir das Knäblein befohlen.‹ Sie sieht zwar, daß der Mensch nicht bei Verstand ist, sondern wie außer sich, kann aber trotzdem nicht an sich halten.
›Nichts als Albernheiten‹, antwortet sie ihm, ›und purer Kleinmut. Aus diesem Kleinmut habe ich all meine Küken verloren. Ich mag Sie nicht einmal vor mir sehen, geschweige denn eine solche ewige Qual auf mich nehmen.‹
Von dannen zog Maxim Iwanowitsch, aber nachgeben tat er nicht. Die ganze Stadt dröhnte vor einem solchen Wunder. Maxim Iwanowitsch aber schickte die Heiratsvermittlerinnen. Ließ aus dem Gouvernement zwei seiner Tanten kommen, die irgendwo als Kleinbürgerinnen ihr Leben fristeten. Ob es nun Tanten oder nicht Tanten waren, immerhin seine Verwandten, um sie zu ehren; die begannen, auf sie einzureden, ihr zu schmeicheln, und verließen das Haus nicht mehr. Er sandte auch Botinnen aus der Stadt zu ihr, von Kaufmannsstand, und die Protopopin aus der Kathedrale, und auch Beamtenfrauen; die ganze Stadt hat sie belagert, aber sie will gar nichts davon wissen: ›Wenn meine Waisen‹, sagt sie, ›wieder lebendig werden könnten, aber was hat es jetzt für einen Sinn? Ich würde ja eine Sünde vor meinen Waisen auf mich laden!‹ Er hat auch den Archimandrit für sich gewonnen, und der blies ihr auch in die Ohren: ›Du könntest in ihm einen neuen Menschen auferwecken.‹ Darüber entsetzte sie sich. Die Leute aber wundern sich über sie: ›Wie kann man nur auf ein solches Glück verzichten!‹ Und schließlich hat er sie doch gewonnen: ›Immerhin war er‹, sagt er, ›ein Selbstmörder und kein kleines Kind mehr, sondern bereits ein Knabe, und in seinem Alter hätte man ihn zur Feier der Heiligen Eucharistie nicht mehr zulassen können, folglich wird er zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn du aber mit mir die Ehe schließest, so gebe ich dir das große Versprechen: Ich werde eine neue Kirche zum ewigen Gedenken seiner Seele errichten.‹ Da konnte sie nicht mehr widerstehen und erklärte sich einverstanden. Und so wurden sie getraut.
Und dann geriet alles so, daß man nur staunte. Sie lebten vom ersten Tag an in ungetrübtem und aufrichtigem Einverständnis, erfüllten wachsam ihre ehelichen Pflichten und waren wie eine Seele in zwei Leibern. Die Frau empfing im selben Winter, und sie suchten ständig die Gotteshäuser auf und zitterten vor dem Zorn des Herrn. Sie haben auch drei Klöster besucht und sich wahrsagen lassen. Er aber hat das versprochene Gotteshaus gestiftet und in der Stadt ein Krankenhaus und ein Hospiz errichten lassen und Kapital für Witwen und Waisen gestiftet. Und er besann sich aller, die er übervorteilt hatte, und wünschte es gutzumachen; er warf das Geld mit beiden Händen zum Fenster hinaus, so daß seine Gattin und der Archimandrit ihn schon zurückhielten, weil er ›genug getan hat‹. Maxim Iwanowitsch gehorchte: ›Ich habe‹, sagte er, ›damals Foma übers Ohr gehauen.‹ Nun gut, er bekam, was ihm zustand. Und Foma kamen sogar die Tränen: ›Ich bin auch so schon … Wir sind auch ohnedies mit allem zufrieden und in alle Ewigkeit verpflichtet, Gott für Sie
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