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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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wahrscheinlich hielt. Mr. Tapley war nicht die Sorte Mann gewesen, die irgendetwas heimlich machte. Ihrer Meinung nach hatte Tapley ohnehin niemanden gekannt, der ihn hätte besuchen können. Am Tag des Mordes hatte sie ihn nicht gesehen. Sie nahm an, dass er morgens wie üblich zum Kaffeehaus gegangen war, da er seine Zimmer bereits verlassen hatte, als sie kam, um sein Bett zu richten und den Müll zu entfernen. Alles hatte normal ausgesehen.
    »Und überall diese Bücher«, hatte Jenny festgestellt. »All die vielen Wörter, Tausende von Wörtern. Einfach wunderbar!«
    Biddle hatte dem nur zustimmen können.
    Jenny konnte lesen und schreiben und hatte sich ein paar der Bücher angesehen. Doch die Schrift war zu klein gewesen, die Wörter zu lang und fremd und die Themen langweilig.
    »Er war ein wunderlicher alter Gentleman«, hatte Biddle wörtlich in den Notizen vermerkt. »Und sehr altmodisch in Bezug auf Kleidung und Umgangsformen. Er sprach stets davon, eine ›Schale‹ Tee zu nehmen. Sein Verhalten war immer höflich.«
    Das machte die Frage noch rätselhafter, warum jemand es darauf abgesehen haben sollte, einen Mann wie Tapley umzubringen. Mein von Berufs wegen misstrauischer Verstand hatte bereits entschieden, dass hinter Thomas Tapley mehr stecken musste, als auf den ersten Blick zu sehen war. Doch waren wir imstande herauszufinden, was es war?
    Biddle hatte einen letzten Punkt herausgefunden, und er war wichtig. Die Hintertür, der Küchenausgang, war tagsüber nicht verschlossen, weil Jenny ständig »rein und raus« musste. Das Holz für den Küchenherd, die Kohle zum Befeuern des Kamins im Salon und die Wasserpumpe, alles befand sich auf dem Hof. Außerdem hielt Mrs. Jameson ein paar Hühner in einem Verschlag im hinteren Teil des Hofs. Jenny versorgte die Vögel mit Futter und sammelte die Eier ein.
    Als ich das hörte, fragte ich mich, ob die Hühner tagsüber aus dem Stall gelassen wurden und frei herumlaufen konnten. Biddle erwiderte, es gäbe einen beweglichen Verhau, in dem die Hühner die Tagesstunden verbrachten, bevor sie für die Nacht eingesperrt würden. Jenny hatte Biddle mit nach draußen genommen, um ihm alles zu zeigen.
    »Jenny kann den Verhau von einer Stelle zur anderen versetzen, und die Hühner fressen alle Würmer und Insekten aus dem Boden. Doch um fünf kommen sie alle wieder in ihren Verschlag. Ich habe die Magd gebeten, mit mir nach draußen zu gehen und mir alles zu zeigen, weil Ihr Mädchen Bessie mich fortwährend unterbrochen hat und ich Jenny alleine zu fassen bekommen wollte«, fügte Biddle hinzu.
    Ich konnte mir die Szene lebhaft vorstellen. Es war ein geschickter Zug von Biddle gewesen, Jenny beiseitezunehmen.
    »Es ist schade, dass es heute nicht geregnet hat«, brummte ich. »Vielleicht hätten wir dann ein paar gute Fußabdrücke im Hof bekommen.« Ich dachte an die Hühner. »Ob sie lärmend losgackern, wenn ein Fremder durch den Hof kommt?«, sinnierte ich laut.
    Biddle war anderer Meinung. »Mit Verlaub, Sir, sie würden keinen Lärm veranstalten. Gänse schnattern laut, wenn Fremde ihnen zu nahe kommen. Hühner sind zu dumm. Gänse sind so gut wie ein Wachhund. Mein Großvater hält welche. Er hat auch ein Schwein im Garten, das den ganzen Abfall frisst. So ein Schwein ist sehr nützlich.«
    Ich akzeptierte Biddles erstaunliches Fachwissen in Bezug auf Haustiere und lobte ihn für seine gute Arbeit, sowohl was die Befragung der Magd anging als auch die Überprüfung des Hofs. Ich bat ihn, alles ordentlich aufzuschreiben, sodass es in die Akte übernommen werden konnte. Biddle errötete bis in die Spitzen seiner abstehenden Ohren und bedankte sich überschwänglich, bis ich ihm Einhalt gebot.
    Oh, und Jenny hatte keinen Verehrer, warf Biddle seinen letzten Trumpf in den Topf. Mrs. Jameson erlaubte es nicht. »Obwohl sie sehr hübsch ist, diese Jenny«, schloss er.
    Ich sagte ihm, dass er nach Hause gehen und sich lieber auf den Bericht konzentrieren sollte, den er am nächsten Morgen zu schreiben hatte, anstatt sich unprofessionelle Gedanken über Zeuginnen zu machen.
    Biddle lief womöglich noch röter an, und ich befürchtete schon, sein Kopf könnte in einem noch nie dagewesenen Fall von spontaner Selbstentzündung in Flammen aufgehen.

KAPITEL FÜNF
    Der Morgen brach bereits an, als ich mich endlich auf den Weg nach Hause machte. Ich mag diese Tageszeit, und obwohl ich müde war und der neue Fall mich beschäftigte, atmete ich in tiefen Zügen die noch

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