Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
Vom Netzwerk:
gehen. Anschließend trägt sie das Essen für mich und Mr. Tapley auf, räumt den Tisch ab und erledigt den Abwasch. Danach muss sie das Esszimmer für das Frühstück am nächsten Tag herrichten. Sie ist sehr fleißig, doch es wäre nicht richtig, von ihr zu verlangen, dass sie die Treppe hoch- und runterrennt, um ein zweites Feuer in Gang zu halten und morgens einen weiteren Kaminrost zu reinigen, obwohl der Mieter es gar nicht wünscht. Während der Wintermonate war das natürlich etwas anderes. Da hat er das Feuer nicht abgelehnt. Und selbst wenn, ich hätte darauf bestanden.«
    Ihre Stimme verlor sich, und sie machte ein bekümmertes Gesicht.
    Ich sah Lizzie fragend an. »Mr. Tapley hatte einen Haustürschlüssel«, erklärte sie mit einem entschuldigenden Blick in Richtung der Witwe.
    Das war interessant. Ich rannte erneut die Treppe hoch. Tapleys Gehrock hing im Kleiderschrank, und ich suchte zuerst in den Taschen. Dann kniete ich neben der Leiche nieder und durchsuchte die Kleidung des Toten. Ich fand eine goldene Taschenuhr mit Glasdeckel, was in mehrfacher Hinsicht interessant war. Nicht nur, dass ein Räuber sie nicht zurückgelassen hätte. Tapley war es nicht so schlecht gegangen, dass er sie hatte verkaufen oder verpfänden müssen. Außerdem war es ihm früher gut genug gegangen, dass er sich eine solche Uhr hatte leisten können. Ich öffnete das Gehäuse in der Hoffnung, eine Inschrift vorzufinden, doch ich wurde enttäuscht. Ich klappte den Deckel wieder zu und betrachtete sie genauer. Sie war verbeult und ein wenig angestoßen, was darauf hindeutete, dass er sie etliche Jahre in seiner Tasche geführt hatte. Nichtsdestotrotz war es eine teure Uhr gewesen.
    Einen Haustürschlüssel konnte ich hingegen nicht finden. Auch eine Suche in sämtlichen Schubladen und an allen weiteren möglichen Stellen förderte keinen Schlüssel zutage.
    Ich kehrte nach unten zurück. »Mrs. Jameson«, wandte ich mich an die Witwe. »Ich rate Ihnen dringend, gleich morgen früh nach einem Schlosser zu schicken und das Schloss der Haustür austauschen zu lassen. Tapleys Schlüssel ist möglicherweise oben in seinen Zimmern, doch ich konnte ihn nicht finden. Möglicherweise hat ihn der Mörder mitgenommen, und falls er etwas in Tapleys Räumen gesucht und nicht gefunden hat, kommt er vielleicht noch einmal zurück.«
    »Mrs. Jameson und Jenny müssen heute bei uns nächtigen!«, sagte Lizzie sogleich. Sie drehte sich zu der Witwe um. »Die Polizei holt bald Tapleys Leichnam ab. Sie wird das Obergeschoss durchsuchen. Bestimmt möchten Sie dann nicht hier sein. Der verschwundene Schlüssel – der Mörder könnte ihn mitgenommen haben. Bitte kommen Sie zu uns.«
    Mrs. Jameson schaute zu mir auf. »Wäre es möglich, dass ich nach oben gehe und eine kleine Tasche packe, Inspector?«
    Ich muss gestehen, dass ich zögerte. Bisher hatten wir das Haus nicht vollständig durchsucht. Wir wussten nicht, ob sich die Mordwaffe noch im Haus befand. Normalerweise hätte ich darauf bestanden, dass kein Gegenstand das Haus verließ, schon gar nicht, wenn er sich in einer Tasche verbergen ließ. Leider war nämlich auch diese achtbare Witwe tatverdächtig, genau wie ihr Dienstmädchen, wie es stets der Fall ist bei den Pechvögeln, die in eine Morduntersuchung involviert werden. Doch ich sagte mir, dass Mrs. Jameson genügend Zeit gehabt hätte, einen kleineren Gegenstand (in diesem Fall das tödliche »stumpfe Mordwerkzeug«) zu verstecken, nachdem sie Jenny losgeschickt hatte, um mich zu holen. Sie war mindestens fünfzehn Minuten allein im Haus gewesen, in denen sie Blut abwaschen und Spuren hätte beseitigen können. Sie hätte bestimmt nicht bis zu meiner Rückkehr gewartet.
    Auch war es denkbar, dass sie Tapleys Schlüssel genommen hatte, um Spuren zu verwischen. Sie musste nichts weiter tun, als ihn wieder an ihrem eigenen Schlüsselbund befestigen.
    Jenny für ihren Teil hätte ebenfalls Beweismaterial verschwinden lassen können, bevor sie durch unsere Tür in Bessies Arme gestolpert war und sich die Augen aus dem Kopf geweint hatte. Das Mädchen schien verrückt vor Angst gewesen zu sein, oder sie war einfach eine gute Schauspielerin.
    Schuldbewusst überlegte ich, dass der Mörder längst über alle Berge sein konnte, geschweige denn aus dem Haus entwischt, und dass er die Waffe bequem in der Themse versenkt haben konnte, die ja nur ein paar Schritte entfernt war.
    »Natürlich«, antwortete ich Mrs. Jameson

Weitere Kostenlose Bücher