Ein guter Jahrgang-iO
Totos liebestollem Klammergriff zu befreien.
»Beh oui. Fast wie Vater und Sohn.« Roussel tauchte aus seinen Erinnerungen auf, bückte sich und strich behutsam mit dem Finger über die Tischplatte. Das Ergebnis schien ihn zu überraschen, als wäre Staub eine Seltenheit in leer stehenden Häusern, die niemand hegt und pflegt. »Putain«, murmelte er. »Schauen Sie sich das an. Was hier fehlt, ist eine femme de ménage, die einen Frühjahrsputz macht.«
Roussel hob den staubigen Finger zu Demonstrationszwecken, dann schlug er sich mit der Hand an die Stirn. »Aber natürlich! Madame Passepartout, die Schwester meiner Frau.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch, um seine Worte zu bekräftigen, wobei er weiteren Staub umverteilte.
Max und Toto sahen ihn schräg von der Seite an.
»Der reinste Wirbelwind im Haus. Kein noch so kleiner Fleck entgeht ihr, sie ist maniaque, was ihre Arbeit angeht. Sobald sie irgendwo auch nur ein Körnchen Schmutz entdeckt, rückt sie ihm gnadenlos zu Leibe. Tak tak!«
»Klingt so, als wären die Gebete eines jungen, unbeweibten Mannes erhört worden. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sie...«
»Mais non! Sie legt gerade eine Verschnaufpause zwischen zwei Beschäftigungsverhältnissen ein. Sie könnte gleich morgen anfangen.« Und das wäre keine Minute zu früh, dachte Roussel. So gern er seine Schwägerin auch mochte, sie konnte eine Heimsuchung sein, wenn sie keiner geregelten Tätigkeit außer Haus nachging: Dann werkelte sie nämlich den ganzen Tag in seinem Haus herum, schrubbte alles, was nicht niet- und nagelfest war, stellte die Möbel um, wienerte und polierte die Böden auf Hochglanz. Er befürchtete immer, dass sie irgendwann auf die Idee kommen könnte, auch ihn abzustauben.
Max sah, dass es keine Möglichkeit gab, Madame Passepartout zu umgehen, wenn er Wert auf ein gutes Verhältnis zu Roussel legte. Er gab sich geschlagen und nickte. »Das wäre phantastisch. Genau das, was ich brauche.«
Roussel strahlte, ein Mann, der gerade mit Erfolg eine heikle Mission erfüllt hatte. Madame, seine Angetraute, würde entzückt sein. »Dass wir uns endlich kennen gelernt haben, muss gefeiert werden«, sagte er und eilte aus der Küche. »Warten Sie.«
Toto begann abermals, Max' Bein zu umwerben. Was mochte ihn bloß dazu treiben? Bestand, wie entfernt auch immer, irgendein Zusammenhang zwischen dem Paarungsverhalten der Vierbeiner und der Vorliebe extrem kurz geratener Männer für langbeinige Frauen? Vielleicht rührte die Begeisterung auch daher, dass Toto in seinem bisherigen Leben noch nie mit einem englischen Bein Kontakt gehabt hatte. Max schüttelte das lästige Anhängsel ein zweites Mal ab und gab ihm das Endstück einer baguette, um ihn abzulenken.
Als Roussel zurückkehrte, hielt er eine Flasche in der Hand, die er Max feierlich überreichte. »Marc de Provence«, sagte er, »selbst gemacht.«
Die Flasche hatte kein Etikett und enthielt eine blassbraune Flüssigkeit, die zähflüssig wie Öl aussah. Max hoffte, dass sie nicht auch so schmeckte. Er füllte zwei Gläser, und die beiden Männer prosteten einander zu.
Als sich Max nach dem ersten explosiven Schluck die tränenden Augen wischte, fiel ihm das gleichermaßen ungenießbare Gebräu im Keller wieder ein. »Sagen Sie, was halten Sie von unserem Wein, Le Griffon?«, fragte er.
Roussel wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, um jedwede Rückstände des Tresters zu entfernen, bevor sich Blasen auf den Lippen bildeten. »Eine traurige Geschichte. Ich muss zugeben, dass der Wein vielleicht ein wenig unausgegoren ist, ihm fehlt der letzte Schliff.« Er hielt inne, schüttelte den Kopf und lächelte. »Nein, ich will aufrichtig sein. Es ist schlimmer um ihn bestellt. Unfreundliche Zeitgenossen haben ihn als jus de chaussette bezeichnet. Wie auch immer, die Qualität lässt zu wünschen übrig.« Er trank erneut einen winzigen Schluck marc und seufzte. »An der nötigen Fürsorge hapert es nicht. Schauen Sie sich die Rebstöcke an. Weit und breit kein Unkraut in Sicht. Kein Zeichen von oidium - der gefürchteten Traubenfäule. Ich hege und pflege die Rebstöcke wie meine Kinder. Nein, nicht der Mangel an Fürsorge ist das Problem, sondern der Mangel an Kapital.« Er hob die Hand, rieb Zeige-, Mittelfinger und Daumen aneinander. »Viele Rebstöcke sind alt und ausgelaugt. Sie hätten schon vor Jahren ersetzt werden müssen, aber Ihr Onkel Skinner war nicht in der Lage zu investieren. Hélas, der Wein
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