Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
Vom Netzwerk:
doch sicher einige von der Sorte in dieser Gegend.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen, während Nathalie mit gerunzelter Stirn den Wein in ihrem Glas betrachtete. »Ich weiß nicht recht. Roussel könnte das als... wie soll ich es ausdrücken... Drohung empfinden? Als Misstrauensvotum? Ich bin sicher, er wird wie alle anderen hier reagieren. Sie mögen keine Einmischung von außen. Die Situation ist ziemlich heikel. Wie alles, was den Wein betrifft.« Sie schüttelte den Kopf in Anbetracht eines derart prekären Unterfangens.
    Max seufzte, bevor er zu einer Erwiderung ansetzte: »Es käme ihm in gleichem Maß wie mir zugute, wenn wir den Wein veredeln könnten. Man muss kein Genie sein, um das zu erkennen. Was hat er schließlich zu verlieren? Mein Entschluss steht jedenfalls fest. Und damit basta.«
    Durch die Ankunft des Kellners wurde Nathalie der Notwendigkeit einer sofortigen Antwort enthoben; er räumte die Teller ab und stimmte ein Loblied auf das Käsebrett im Allgemeinen und den Banon im Besonderen an, einen Ziegenkäse, der soeben durch den Status der Appellation Contrôlée geadelt worden war, wie er sie, seine Fingerspitzen küssend, aufklärte.
    Die Unterbrechung schien Nathalie geholfen zu haben, zu einer Entscheidung zu gelangen. »Bon«, sagte sie. »Wenn Sie absolut sicher sind, kann ich mich in meinem Freundeskreis erkundigen. Vielleicht findet sich ein Experte, der die Aufgabe übernehmen kann, ohne jemandem auf die Zehen zu treten.«
    »Sie sind ein Schatz.« Max lehnte sich in seinem Stuhl zurück, mit dem Gefühl, den Sieg in einem kleinen Scharmützel errungen zu haben. »Wären Sie vielleicht so nett, mir bei einem weiteren Problem zu helfen?«
    Das Stirnrunzeln war verschwunden, und Nathalie lächelte. »Kommt darauf an.«
    »Ich habe jede Menge Möbel auf dem Dachboden gefunden. Altes Gerümpel, aber das eine oder andere Stück könnte etwas wert sein, und ein wenig Bargeld, um die Rechnungen zu bezahlen, käme mir gut zupass. Sie kennen nicht zufällig einen ehrlichen Antiquitätenhändler?«
    Zum ersten Mal, seit sie Platz genommen hatte, lachte Nathalie lauthals. »Natürlich«, sagte sie. »Und an den Weihnachtsmann glaube ich auch.«
    »Dachte ich mir schon. So sehen Sie auch aus.« Er schenkte den restlichen Wein ein. »In der Branche gibt es also nur Gauner?«
    Nathalie schürzte die Lippen, eine Antwort, die keiner Worte bedurfte. »Sie sollten einen Sonntag in Isle-sur-Sorgue verbringen. Dort finden Sie mehr Händler als sonstwo, mit Ausnahme von Paris. Machen Sie sich selber ein Bild und entscheiden Sie intuitiv, ob Ihnen jemand zusagt.« Max holte tief Luft und schüttelte den Kopf. Nathalie sah ihn verwirrt an. »Was ist?«
    »Schauen Sie mich doch an«, sagte er. »Ich bin naiv, unbedarft und vertrauensselig. Und Ausländer, mutterseelenallein in einem fremden Land. Diese Halsabschneider würden mich binnen fünf Minuten über den Tisch ziehen. Ich kann nicht ohne den Schutz einer Person dorthin, die in der Gegend geboren und aufgewachsen ist, die weiß, wo's langgeht.«
    Nathalie nickte, als sähe sie voraus, was kommen würde. »Haben Sie jemand Bestimmten ins Auge gefasst?«
    »Damit wären wir bei meinem zweiten Problem. Außer Ihnen kenne ich niemanden.«
    »Was wollen Sie jetzt tun?«
    »Hoffen, dass mein grenzenloser Charme und die Aussicht auf ein gutes Mittagessen ausreichen, um Sie zu überzeugen, dass Sie mich begleiten sollten. Notaires arbeiten sonntags doch nicht, oder?«
    Nathalie schüttelte den Kopf. »Notare arbeiten sonntags nicht. Notare essen gelegentlich auch zu Mittag. Notare sind überhaupt in vieler Hinsicht genau wie alle anderen Sterblichen. Oder sollten Sie das noch nicht bemerkt haben?«
    Max zuckte zusammen. »Lassen Sie mich noch einmal von vorn anfangen. Ich wäre der glücklichste Mann der Provence, wenn Sie mir das Vergnügen machen würden, mich am Sonntag zu begleiten. Das heißt, falls Sie nichts anderes vorhaben.«
    Nathalie setzte ihre Sonnenbrille auf, um zu signalisieren, dass das Mittagessen vorüber und die Zeit zum Aufbruch gekommen war. »Zufälligerweise nicht.«
    Während der Heimfahrt ertappte Max sich dabei, dass er zwei Mal nahe daran war, am Steuer einzuschlafen. Die Straße, die in der Hitze flimmerte, übte eine hypnotische Wirkung auf ihn aus, die Temperatur im Wagen betrug mehr als dreißig Grad, und als er das Haus erreichte, flüsterte ihm der Wein, den er beim Mittagessen konsumiert hatte, ins Ohr, schnurstracks

Weitere Kostenlose Bücher