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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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seinem Wein? Vielleicht wäre es diplomatischer, ihr selbst die Entscheidung zu überlassen. Genug Auswahl hatte sie ja, weiß Gott. Er blieb am Flügel stehen, der eine beeindruckende Staubschicht mit Insekten-Intarsien aufwies. Der Silberrahmen mit einer alten Fotografie von Onkel Henry und ihm, aufgenommen im sanften Schein der Abendsonne, wirkte besonders matt und trübe. Als Max sie in die Hand nahm, um sie aus der Nähe zu betrachten, verrutschte die brüchige, mit Samt bezogene Rückseite des Rahmens. Ein weiteres Foto kam zum Vorschein, das hinter das erste geklemmt war. Unwillkürlich hatte Max den Eindruck, ein bisher verborgenes Kapitel im Leben seines Onkels aufzuschlagen.
    Die zweite Aufnahme zeigte ebenfalls Onkel Henry, aber diesmal in jungen Jahren. Er stand neben einem wuchtigen Van, den Arm um die Schultern einer gut aussehenden blonden Frau gelegt. Sie sahen aus, als wären sie an der Hüfte zusammengewachsen, beide lächelten in die Kamera, und die Frau hatte eine Hand auf Onkel Henrys Brust gelegt, eine Geste, die ungezwungen und besitzergreifend zugleich war. Es konnte keinen Zweifel über die Nähe ihrer Beziehung geben.
    Max nahm das Foto genauer in Augenschein. Nach der Kleidung zu urteilen, war es im Sommer aufgenommen worden. Und dem Wagen nach zu urteilen, höchstwahrscheinlich nicht in Frankreich. Er trat an das Fenster, wo das Licht heller war, und erkannte weitere Einzelheiten auf der Fotografie: das Glitzern eines Eherings an der Hand der Frau, das Chevrolet-Emblem über den Kühlerlamellen und, verschwommen, aber gerade noch lesbar, das kalifornische Nummernschild. Was hatte Onkel Henry mit Blondinen und Kalifornien zu schaffen gehabt? Dieser alte Schwerenöter.

 
SIEBEN
     
    Und wieder ein strahlender Morgen mit Jogging und einer weiteren akrobatischen Einlage in der Dusche, wo stets die Gefahr des Ausrutschens drohte. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass das Brot von gestern noch genießbar war. Er zog sich sein T-Shirt an und schlüpfte gerade in die Shorts, als er ein Auto vor dem Haus vorfahren hörte. Ein dreimaliges, herrisches Hupen ertönte.
    Er ging nach unten und öffnete die Tür. Aus der Heckklappe eines alten, auf Hochglanz polierten Renault 5 tauchten zwei stämmige Beine und ein grellbuntes Hinterteil auf: Eine Frau kroch auf allen vieren aus dem Wagen und richtete sich auf, einen Staubsauger und einen Plastikeimer umklammernd, die sie auf den Boden neben eine säuberlich aufgereihte Batterie von Mopps, Bürsten und Reinigungsmitteln stellte.
    »Ich komme doch nicht ungelegen, oder?«, fragte Madame Passepartout und schwenkte Max' Hand auf und ab, als wollte sie diese vom Rest des Körpers abtrennen. »Aber ich wollte hier sein, bevor Sie mit dem Frühstück beginnen.« Sie tauchte erneut in ihren Wagen ab, und dieses Mal hielt sie eine Papiertüte in der Hand, als sie wieder erschien. » Voilà. Sie sind noch warm.«
    Max bedankte sich und stand da, die Croissants an sich gepresst, während Madame Passepartout ihn über die derzeitige Qualität des französischen Brotes (auch nicht mehr das, was es einmal war) und die Moral der Bäckerstochter (auch nicht das, was sie sein sollte) aufklärte. Eine Antwort wurde zweifelsohne nicht erwartet, und während er der Frau half, die Putzausrüstung in die Küche zu tragen, hatte er Zeit, diesen zungenfertigen Neuzugang in seinem Leben und in seinem Haushalt genauer unter die Lupe zu nehmen.
    Sie war schätzungsweise Anfang fünfzig, doch trotz ihres Alters und beträchtlichen Körperumfangs noch nicht bereit, auf jugendliche Kleidung zu verzichten. Der Passepartout-Stil war knallig und knapp, eine farbenfrohe Komposition aus orangefarbenem Haltertop und türkisfarbenen Leggings, die zum Zerreißen gespannt waren, aber von einem Paar makellos weißer Tennisschuhe an den überraschend zierlichen Füßen entlastet wurden. Das schwarze Haar trug sie kurz wie bei einem Herrenschnitt, und ihre dunklen Augen funkelten vor Neugierde, als sie sich nun in der Küche umsah.
    Sie schnappte nach Luft. »Ho la la! Mais c'est un bordel. Ein alter Mann, der allein lebt. Das sieht man auf Anhieb.« Sie stand da, die Hände in die Hüften gestemmt, die Lippen missbilligend zusammengepresst. »Das ist nichts für einen netten jungen Mann wie Sie. Überall Staub! Mit Sicherheit Mäuse! Vermutlich Skorpione! Quelle horreur.« Sie füllte den Wasserkessel, um Kaffee zu kochen, holte eine Tasse, eine Untertasse und einen Teller aus dem

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