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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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sprach. Andrerseits war das Mädchen sehr hübsch. Und Amerikanerin, wie der junge Mann gesagt hatte, und folglich ungeheuer reich. Er beschloss, ihnen einen konstruktiven Rat zu erteilen. »Um ihre jeweilige Position zu sichern, sollten beide Parteien in Erwägung ziehen, die physische Anwesenheit auf besagtem Besitz so lange fortzusetzen, bis die strittige Angelegenheit geklärt ist. Abwesenheit könnte unter Umständen als Verzicht auf jeglichen Rechtsanspruch ausgelegt werden. Die französischen Gesetze sind bisweilen sehr trickreich.«
    Max schwieg einen Moment, ließ die Worte einsinken. »Damit wir uns richtig verstehen: Das heißt im Klartext, dass wir zusammenleben müssen. Oder?«
    Der Anwalt nickte. »Ja, unter einem Dach. Aber nicht im romantischen Sinn. Es sei denn...« Er blickte von Max zu Christie, deutete erfreuliche Möglichkeiten aller Art mit den Augenbrauen an.
    »Was ist?«, fragte Christie.
    »Später«, entgegnete Max.
    Die Besprechung endete mit Boscs Versprechen, Nachforschungen in die Wege zu leiten. Aber das brauche seine Zeit, erklärte er Max. Geduld sei unabdingbar. Er begleitete sie zur Tür und sah ihnen nach, als sie auf den von der Sonne beschienenen Platz hinaustraten, wobei er sich bei der Aussicht auf das fette Honorar mental die Hände rieb.
    Christie seufzte lange und laut. »Okay. War's das?«
    »Noch nicht ganz. Ich denke, ein Bier würde mir die Erklärungen erleichtern. Du machst dir nicht viel aus Anwälten, stimmt's?«
    »Ich habe mal mit einem zusammengelebt.«
    Stumm gingen sie die Rue de Nazareth bis zum Cours Mirabeau entlang, wo sie den letzten freien Tisch auf der Terrasse des Deux Garçons ergatterten. Christie musterte die Leute ringsum: Die meisten waren in Karten und Reiseführer vertieft, viele trugen die typisch amerikanische Urlauberkluft, bestehend aus Baseballkappe, ausgebeulten Shorts mit einer Unmenge Taschen und Sandalen mit Riemchen aus einem schwarzen Webmaterial, das aussah wie die Gurtbänder der Möbelpacker. Schmunzelnd wandte sie sich wieder an Max: »Wo bleibt nur der Mann mit Baskenmütze und Akkordeon?«
    Der Ober, gleichgültig und gelangweilt, stellte zwei Bier auf ihren Tisch und wartete auf die Bezahlung, den Blick in weite Ferne gerichtet, vielleicht auf den Ruhestand. Er spähte rasch nach unten, um die Höhe des Trinkgelds zu taxieren, das er mit einer kaum merklichen Neigung des Kopfes zur Kenntnis nahm, und eilte auf Füßen davon, die genauso platt waren wie die crêpes, die am Nebentisch verspeist wurden.
    Max begann mit seiner Erklärung, aber er sah, dass es Christie schwer fiel, Interesse für Präzedenzfälle und juristische Instanzen aufzubringen, und als er auf das Thema Exhumierung und DNA-Tests zur Klärung der Vaterschaft zu sprechen kam, schüttelte sie schaudernd den Kopf.
    »Ich wiederhole nur das, was er gesagt hat«, erklärte Max. Bevor er fortfahren konnte, hob Christie die Hand, um ihn zu unterbrechen.
    »Was sollte das eigentlich, ganz am Schluss, als er uns beide angesehen und diese eigenartige Augenbrauen-Akrobatik betrieben hat?«
    »Gute Frage. Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen. Er schlug vor - nein, es war mehr ein Rat, ein rein juristischer, versteht sich -, dass du, wie er es ausdrückte, deine physische Anwesenheit fortsetzen solltest.«
    »Meine Anwesenheit fortsetzen?«
    »Ja. Im Haus.«
    »Mit dir zusammen?«
    »Gewissermaßen. Ich meine, ich würde ebenfalls dort wohnen, was ja auf der Hand liegt. Meine physische Anwesenheit ebenfalls fortsetzen. Nur bis der Fall geklärt ist.«
    »Max, wir sind uns heute Morgen zum ersten Mal begegnet. Ich kenne dich überhaupt nicht. Und jetzt schlägst du vor, dass ich mit dir zusammenleben soll?«
    Sie sah ihn mit komischem Ernst an, die blauen Augen weit aufgerissen vor Sorge, eine junge Amerikanerin, die zum ersten Mal mit der europäischen Lasterhaftigkeit konfrontiert wurde, von Angesicht zu Angesicht. Max gab den Versuch auf, die Situation ernst zu nehmen.
    »Das Haus ist groß«, sagte er. »Jeder kann drei Schlafzimmer mit Beschlag belegen.«

 
ELF
     
    »Aha, dachte ich mir's doch!«, sagte Madame Passepartout. »Die junge Américaine zieht ein.« Sie sah Max beifällig an, der sich gerade abmühte, Christies Gepäck durch die Eingangstür zu manövrieren, eine riesige Reisetasche, prall gefüllt und geformt wie eine Wurst. »Alles ist vorbereitet, Monsieur Max«, fügte sie mit einem schelmischen Lächeln hinzu. »Ich habe Blumen in Ihr

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