Ein guter Jahrgang-iO
und während das köstliche Aroma der frisch gemahlenen Bohnen die Küche erfüllte, weihte sie Max in ihre ganz persönlichen Erinnerungen und Eindrücke des Abends ein. Es hatte einen denkwürdigen Zwischenfall gegeben - vielleicht war es Monsieur Max entgangen -, als Gaston, der Fleischlieferant, der nach einstimmiger Auffassung aller Anwesenden sturzbetrunken war, versucht hatte, Maître Auzets derrière zu tätscheln, worauf er sich eine derart saftige Ohrfeige einfing, dass man den Abdruck ihrer Hand auf seiner Wange sah. Die Amerikaner hatten den Abend im Rausch beendet, nicht nur vom Wein, sondern auch von einer unverhofften Woge der Beliebtheit, die ihnen entgegenschlug, als sie den Akkordeonspielern frenetischen Beifall gezollt und ihnen dabei unfreiwillig ihre in die Luft geworfenen Baseballkappen vermacht hatten. Die Bäckerstochter - nun ja, je weniger Worte man über die Bäckerstochter und diesen jungen Zigeuner verlor, desto besser. Und der Bürgermeister hatte endlich den Mut aufgebracht, mit der Witwe Gonnet zu tanzen. Alles in allem eine höchst gelungene fête.
Max hörte nur mit halbem Ohr zu, seine Gedanken weilten immer noch bei Fanny, als Charlie - ebenfalls zerzaust und strahlend vor Glück - in die Küche schlurfte, nur mit einem Paar Boxershorts bekleidet, lachs- und kürbisfarben gestreift, die Farben des Garrick Clubs, dem er angehörte. »Ah, da bist du ja«, sagte er zu Max. »Hab dich gestern Nacht überall gesucht.«
»Ich wurde aufgehalten, Charlie, ließ sich nicht vermeiden. Du weißt ja, wie das ist. Komm, iss einen Happen.« Die beiden Freunde saßen bei Kaffee und Croissants am Tisch und grinsten über das ganze Gesicht wie Männer, die in der staatlichen Lotterie gewonnen hatten - aber als Engländer dachten sie gar nicht daran, intime Einzelheiten auszutauschen. Was auch nicht nötig war: Ihre Mienen sagten mehr als tausend Worte. Schließlich drohte Madame Passepartout mit dem Staubsauger und vertrieb sie aus der Küche.
»Herrgott, ist das schön, die Sonne auf dem Rücken zu spüren«, sagte Charlie. Sie tranken ihren Kaffee im Hof aus, wo die Tauben mit dem wichtigtuerischen Gehabe von Politikern bei einer Parteiversammlung auf und ab stolzierten. Das leise Plätschern des Springbrunnens in der warmen Morgenluft wirkte erfrischend. Charlie nickte in Richtung bassin. »Gibt es da drinnen Fische?«
Max blickte auf die undurchdringliche grüne Oberfläche und schüttelte den Kopf. »Dort könnte sich ein halbes Dutzend Haie tummeln, ohne dass man sie sähe, so trüb ist das Wasser. Im Herbst werde ich es ablassen und das Becken reinigen; vielleicht setze ich Karpfen hinein und Seerosen.«
Charlie sah ihn nachdenklich an. »Deine Entscheidung steht also fest. Du bleibst.«
»Ich werde mein Glück versuchen, ja.«
Charlie schlug ihm anerkennend auf die Schulter. »Gut für dich. Ich würde es genauso machen. Und, was steht heute auf dem Programm? Ich dachte, ich lade Christie gegen Mittag zu einem kleinen Imbiss ins Dorf ein.«
Max blickte über den Weingarten, der zum ersten Mal verwaist war. Offenbar hatte es Roussel gestern Abend mit den paso dobles übertrieben und bis zur Erschöpfung das Tanzbein geschwungen. »Glaubst du, dein Freund Billy wäre jetzt erreichbar? Damit wir sehen, ob dieser Wein Anlass zur Freude bietet?«
Annähernd zwei Stunden vergingen, bevor Charlie wieder auftauchte, dieses Mal mit Christie, beide strahlend, frisch der Dusche entstiegen und einfältig lächelnd. Max beendete gerade ein Telefonat. »Ich habe einen Tisch für euch reserviert«, sagte er. »Naja, genau genommen für uns. Fanny spricht kein Wort Englisch. Und ich dachte, ihr könntet ein wenig Hilfe bei der Speisekarte gebrauchen.«
»Oh, ich bin sicher, wir...« Charlie wurde von Christie unterbrochen, die ihm den Ellenbogen in die Rippen stieß, fing sich aber bewundernswert schnell. »...prima. Weißt du, ich war einmal in Cannes - vor Jahren, bevor sich mein Französisch besserte -, wo ich das einzige Gericht auf der Speisekarte bestellte, das mir bekannt vorkam; ich glaube, es hieß omelette norvégienne. Als Beilage wollte ich Pommes frites. War kein Problem. Dass es sich dabei um Pudding handelte, sagten sie mir nicht, diese Fieslinge.«
* * *
Jean-Marie Fitzgerald rechnete die Zahlen zum zweiten Mal zusammen und nahm sich einen Augenblick Zeit, um in ihnen zu schwelgen, bevor er das kleine, abgenutzte lederne Notizbuch schloss, in dem er die Einzelheiten der
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