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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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kleines Stück Land in Bordeaux vererbt hat. Wie auch immer, für den Wein von besagtem Weingut muss man ein kleines Vermögen auf den Tisch blättern: dreißig- oder vierzigtausend Dollar die Kiste - im Großhandel, falls sie überhaupt so weit kommt. Man muss schon Glück haben, da die Produktion nie mehr als ein paar hundert Kisten im Jahr übersteigt. Sie gehen vorzugsweise nach Asien, wobei ein Quäntchen in den Staaten und ein Quäntchen in Deutschland landet, aber keine einzige Flasche bleibt in Frankreich. Frag mich nicht, warum. Die Transaktion geht in aller Heimlichkeit über die Bühne. Die Verkostung erfolgt strikt auf Einladung, und es gibt nur einen einzigen Repräsentanten als Ansprechpartner. Moment...« Charlie drehte den Briefumschlag um und kniff die Augen zusammen, um das Gekritzel auf der Rückseite zu entziffern »... ach ja, hier. Ich nehme an, es ist ein Kerl, aber bei den französischen Namen kann man nie wissen. Jean-Marie Fitzgerald heißt er.«
    Max, der gerade getrunken hatte, verschluckte sich beinahe. » Wer?«
    »Aber den kennen wir doch.« Christie hatte sich vorgebeugt, um den Namen auf dem Umschlag noch einmal nachzulesen. »Wie viele Jean-Marie Fitzgeralds kann es in Bordeaux geben?«
    Charlie blickte von einem verwirrten Gesicht zum nächsten. Max schilderte Fitzgeralds Besuch auf dem Weingut, was drei verwirrte Gesichter am Tisch zur Folge hatte. »Falls es sich um dieselbe Person handelt«, warf Christie ein, »stellt sich natürlich die Frage, was er hier gewollt hat, als er vorgab...«
    »...der von Nathalie Auzet empfohlene Önologe zu sein«, ergänzte Max. »Der etwas im Schilde führt, wie uns inzwischen klar sein dürfte.«
    Sie hatten den ersten Gang vernachlässigt und aßen nun in gedankenvollem Schweigen, bis die letzten Bissen jambon cru mit den letzten Cavaillon-Melonekugeln vertilgt waren. »Ich denke jetzt mal laut«, sagte Max. »Angenommen, Roussels Wein - unser Wein, den Nathalie Auzet bar bezahlt und jedes Jahr von einem LKW abtransportieren lässt - geht an Fitzgerald.« Er wurde abgelenkt von Fannys Brust, die wie zufällig sein Ohr streifte, als sie sich nach vorn beugte, um seinen Teller abzuräumen. Als Max wieder bei Sinnen war, fuhr er fort: »Und angenommen, er füllt ihn in Flaschen ab, klebt ein ausgefallenes Etikett darauf und treibt den Preis in schwindelnde Höhe.«
    Charlie zog seinen Briefumschlag zurate. »Den Namen habe ich doch richtig verstanden, oder? Le Coin Perdu - das stand auf dem Etikett, das du bei ihr gesehen hast.«
    Max nickte und lehnte sich zurück. »Ein gewagter Plan. Aber wenn man es schafft, einen solchen Coup zu landen, lässt sich damit ein Vermögen scheffeln. Die besten Weine aus dem Luberon kosten zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Dollar pro Flasche. Würde man denselben Wein jedoch mit einem Etikett aus Bordeaux versehen, ihn exklusiv vermarkten und sich eine überzeugende kleine Geschichte dazu ausdenken, könnte man exorbitante Preise verlangen.«
    Christie schüttelte den Kopf. »Den Etikettenschwindel würden die Leute doch bemerken. So dumm kann doch niemand sein.«
    »Darauf würde ich an deiner Stelle lieber nicht wetten«, warf Charlie ein. »Du könntest dein blaues Wunder erleben. Wir haben es mit der Weinbranche zu tun, wie du dich sicher erinnerst. Des Kaisers neue Kleider, nur in der Flasche.« Er bedankte sich mit einem Nicken, als Fanny einen Teller moules farcies vor ihn hinstellte, die köstlich nach Butter, Petersilie und Knoblauch dufteten. »Sagen wir, man setzt sich heimlich, still und leise mit dem einen oder anderen Spitzeneinkäufer in Verbindung, die man in das Geheimnis dieses fabelhaft exklusiven Weines einweiht - ihre Kunden haben gewiss nichts dagegen einzuwenden. Des Kaisers neue Kleider, nur in der Flasche«, sagte er abermals, während er eine Muschel aufspießte, sichtlich zufrieden mit seinem Vergleich. »Und die menschliche Natur arbeitet zu deinen Gunsten. Pick dir den Richtigen heraus, appelliere an sein Ego, schmeichele ihm bis zum Umfallen, sag ihm, wie sehr du seinen Geschmack und seinen erlesenen Gaumen bewunderst. Erkläre ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit, dass es sich um einen Geheimtipp handelt - die alte Leier, die auch im Immobiliengeschäft selten ihre Wirkung verfehlt, wie ich bestätigen kann -, den du nur an einige handverlesene Auserwählte weitergibst. Solche Leute finden den Gedanken prickelnd, zu den Pionieren zu gehören, die einen Wein mit

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