Ein guter Mann: Roman (German Edition)
gemacht hatte, dass dieser Jemand Karen sein würde.
Er zog einen Bademantel über und legte sich auf das Bett. Er ließ das Magazin aus der Waffe gleiten und zielte spielerisch mal hierhin, mal dorthin. Nie wieder Waffen, nie wieder Tod.
Was würde jetzt im Dienst geschehen? Würde er ein Verfemter sein? Würde er in eine Botschaft am Ende der Welt versetzt, um dort nahezu beschäftigungslos in der Sonne zu sitzen? Jetzt musste er jedenfalls erst einmal abwarten. Er war ein Kind von Krauses Gnaden, und er hasste diesen Zustand.
Als Krause schellte, war es 22.14 Uhr.
Er kam schnell herein, warf seinen Trenchcoat auf den rosafarbenen Sessel und sagte: »Wir haben im Augenblick keine Zeit für Streit.« Dann nahm er den Trenchcoat erneut auf und warf ihn auf den Boden. Er setzte sich in den Sessel, schaute sich um und stellte fest: »Ein gemütliches Heim ist das gerade nicht.«
»Alles für das Vaterland«, erwiderte Müller ironisch. Dann setzte er hinzu: »Falls Sie hierher gekommen sind, weil Sie völlige Unterwerfung wollen, dann sind Sie falsch. Wenn Sie etwas zu trinken wollen, ich habe Wein, Wasser und Whisky.«
»Einen kleinen Whisky hätte ich gern.«
Müller machte zwei großzügige Whiskys zurecht.
Krause fragte: »Glauben Sie an eine schmutzige Bombe?«
»Ja.«
»Glauben Sie, dass sie hier in Berlin gezündet wird?«
»Das weiß ich nicht. Ich denke, dass die Aufgeregtheiten in Sachen Al-Kaida in der Öffentlichkeit nicht richtig dargestellt sind. Al-Kaida ist längst eine übergeordnete Marke, so etwas, auf das man sich als potenzieller Terrorist berufen kann. Das sind inzwischen junge Briten, junge Franzosen, junge Deutsche, die einfach die Schnauze voll haben von dem Gegackere, in das einheimische Politiker ausbrechen, wenn sie von Terror reden. Wir machen die Muslime in aller Welt zu lächerlichen Figuren, weil wir dem üblen Gerede der USA folgen. Es könnte auch London treffen, Paris, Rom, ich weiß es einfach nicht. Was sagen Ihre Leute?«
»Sie wissen es auch nicht. Aber bevor wir weiter überlegen, muss ich erwähnen, dass die Geschichte mit der Frau Swoboda grenzenlos leichtsinnig war.« Dann schwieg er und sah Müller aufmerksam, aber freundlich an.
»Das ist richtig«, gestand Müller.
»Das darf nicht noch einmal geschehen«, sagte Krause. »Ich habe jetzt nur zwei Optionen. Ich nehme Sie entweder vollkommen raus aus dem Fall, oder ich erteile Ihnen die Weisung, mit dem Zeitungsausschnitt zu Frau Swoboda zu gehen und herauszufinden, was hinter all dem steckt. Ich tue Letzteres, weil wir praktisch keine Zeit haben. Nach der ersten Untersuchung dieser Scheune bei Pasewalk ist den Spezialisten klar, dass die schmutzige Bombe gebaut ist. Wir befinden uns an dem Punkt, an dem wir praktisch nur noch beten können.« Er legte eine Kopie des Zeitungsausschnittes auf den kleinen Tisch und lehnte sich dann zurück. Er trank einen kleinen Schluck.
»Dann noch ein Wort zu uns beiden. Es ist so, dass ich Sie für einen der besten Leute halte. Wir beide passen in unserer Denkweise gut zueinander. Natürlich wäre es Ihnen ein Leichtes gewesen, mich kurz einzuschalten, einfach zu sagen: Ich habe da eine Frau kennen gelernt. Sie hätten diese Irritationen ausschließen können, ja ausschließen müssen. Da ich ein guter Zuhörer bin, vergesse ich nicht, dass Sie sich nicht nur von Ihrer Frau getrennt haben, sondern auch noch hinnehmen mussten, dass diese Frau fremdgegangen ist. Das muss Sie unglaublich gekränkt haben …«
»Es war viel schlimmer«, unterbrach ihn Müller. »Ich dachte, es muss mich kränken, ich dachte, ich muss beleidigt sein. Aber es ist mir scheißegal. Da tauchte der böse Verdacht auf, dass ich bindungsunfähig bin. Und das hat mir wirklich zu schaffen gemacht.«
Krause lächelte leicht und nickte. »Aber im Hinblick auf die kommenden Jahre will ich festhalten, dass Sie mich beim nächsten Mal kontaktieren, um Fehlerquellen auszuschließen.«
»Ich werde mich daran halten«, versicherte Müller. »Wie geht es zeitlich weiter?«
»Wir arbeiten pausenlos durch. Es wäre also von Vorteil, wenn wir die Spur Karen Swoboda noch heute Nacht ausschließen oder aber einarbeiten könnten. Der Präsident ist ziemlich oft im Kanzleramt, während die Opposition herumschreit, dass er offensichtlich keine Ahnung hat.« Er lachte kurz und hart. »Dabei ist er der Einzige mit einer guten Spur. Und die so genannten Fachpolitiker geben Kommentare von sich, dass es der Sau graust.
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