Ein guter Mann: Roman (German Edition)
sagte Kim, ohne eine Miene zu verziehen.
»Ich fürchte, nein«, sagte der Chef. »Das hier ist ein Mord oder ein Totschlag. Und in diesem Land kann man das nicht unter den Teppich kehren.« Er hatte ein vor Spannung verzerrtes Gesicht, es wirkte wie aus Stein. »Bei Ihnen zu Hause mag das gehen, hier geht das nicht.«
»Ich rufe die Polizei«, murmelte Basie nicht ohne Erheiterung, rührte sich aber nicht von der Stelle.
»Ich habe diplomatischen Status«, sagte Kim.
»Das wird nicht reichen«, sagte der Chef streng. »Sie haben jemanden erschossen. Und wir verstehen Ihre Sprache nicht, können also keine Aussage dazu machen, was zwischen Ihnen und dem Sekretär vorgefallen ist. Was wird jetzt aus unserem Geschäft?«
»Das können Sie abwickeln«, antwortete Kim. »Die Bank in Singapur wird das bestätigen. Das Geschäft ist durchgeplant.«
»Und wie bekomme ich die Ware?«
»In exakt drei Monaten. Das wird die Bank bestätigen und das Ministerium auch. Die Daten liegen fest.«
Der Chef sah Kim lange an, dann begann er zu lächeln. Er sagte: »Sie hatten von Beginn an den Plan, nicht zurückzukehren. Und Sie hatten von Beginn an den Plan, den Mann notfalls zu töten, nicht wahr? Deswegen wollten Sie vier Millionen in bar, nicht wahr?«
»Das Geld geht an mein Land«, sagte Kim.
»Aber nicht die vier Millionen, oder? Eher doch zwölf Millionen, nicht wahr? Und die vier in bar marschieren mit Ihnen irgendwohin. Das ist eine gute Rente, Mister Kim. Wohin wollen Sie denn gehen?«
»Das weiß ich nicht genau. Zuerst einmal nach Kanada, vielleicht.«
»Na, sehen Sie. Und Sie haben vermutlich auch schon Papiere, nicht wahr? Ich gebe Ihnen zwei Millionen mit, mehr habe ich nicht im Haus. Basie?«
»Ja, Sir?«
»Mister Kim und ich regeln jetzt das Geschäft mit Singapur und dem Ministerium in Nordkorea. Wenn die Bestätigungen vorliegen, fahren Sie Mister Kim zum Flughafen. Und vorher regeln Sie die Schweinerei hier, bitte. Mister Kim, Sie kommen mit mir. Wir sollten zunächst Ihr Ministerium unterrichten, dass Ihr Aufpasser sich in die Freiheit abgesetzt hat. Ach ja, Basie, wir sollten die Damen entlohnen, großzügig entlohnen, und dann sofort nach München zurückbringen.«
Basie nickte. Schon hatte der Chef wieder zwei Millionen mehr rausgeschlagen. Das macht ihm keiner nach, dachte er.
Er überlegte, wie er den Sekretär entsorgen konnte. Das würde nicht so schwer sein, hier in der Garmischer Ecke kannte er sich gut aus. Er entschied, dass es am besten war, ihn in die Wildnis zu fahren und im Grenzland zu Österreich unter die Erde zu bringen. Basie kannte da schöne Fleckchen. Und er hatte mittlerweile Übung darin, Menschen spurlos verschwinden zu lassen.
Er holte den Hausmeister aus dem Schlaf und sagte ihm, er müsse die Damen augenblicklich nach München zurückbringen. Dann nahm er drei Flaschen Champagner und band an jede fünf Hundertdollarscheine. Er sagte den Frauen: »Vermutlich wird der Sekretär überleben, wir schaffen ihn jetzt ins Krankenhaus. Es tut mir aufrichtig Leid, dass Sie das erleben mussten. Nehmen Sie das zum Trost. Im Namen meines Chefs bitte ich Sie um Vergebung und wäre außerordentlich dankbar, wenn Sie den kleinen Zwischenfall vergessen würden. Sie sollten nicht darüber sprechen, zu niemandem. In zehn Minuten fährt Sie der Wagen nach München zurück.«
Dann machte er sich auf den Weg in den Roten Salon und stand eine Minute vor der Leiche des Sekretärs. Er hatte zu entscheiden, wie er sich der Leiche am besten entledigen konnte. Dann zog er den Mann aus, bis er vollkommen nackt war. Er band ihm ein dickes, festes Tuch um den Kopf, um weitere Blutspuren zu vermeiden, transportierte den Leichnam auf der Schulter bis in die Garage und lud ihn in den Kofferraum eines schwarzen Volvo. Er ging zurück in den Roten Salon und säuberte den Fußboden mit einer scharfen Lauge. Anschließend verbrannte er die Kleidung des Mannes. Er hörte mit halbem Ohr, wie die Frauen in einen anderen Wagen stiegen und der Wagen losfuhr.
Er setzte sich in den Volvo und nahm die alte Straße nach Innsbruck, die kilometerweit durch wildes Gelände führte. Niemand kam ihm entgegen, niemand war hinter ihm, im Osten tauchte der erste Schimmer des Tages auf. Er fuhr bedächtig, er wollte keinen Fehler machen und die perfekte Stelle finden.
Als er ungefähr zwölf Kilometer gefahren war und nicht unterscheiden konnte, ob er schon in Österreich oder noch in Deutschland war, kam er in eine
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