Ein guter Mann: Roman (German Edition)
zu Goldhändchen. Und verlassen Sie das Haus nicht, ohne mir Bescheid zu geben. Wenn ich etwas habe, melde ich mich, und rechnen Sie damit, in den nächsten achtundvierzig Stunden ohne Schlaf auszukommen.«
Müller nickte. »Ich habe übrigens Frau Swoboda gebeten, in ein anderes Hotel zu ziehen.«
Krause begann leise zu lachen. »Die ist stinksauer auf Sie, mein Lieber. Die hat hier über die offizielle Leitung angerufen und gemeldet, wo sie ab jetzt wohnt. Und sie hat darum gebeten, alle zukünftigen Befehle an den Empfang in ihrem neuen Hotel weiterzugeben. Da seien durchweg vertrauenswürdige Leute beschäftigt. Sie hat Sinn für Humor.«
Goldhändchen residierte vor einer Reihe von vier großen Flachbildschirmen, und es ging die Sage, dass er sie gleichzeitig alle auf den Punkt genau im Auge haben konnte. Er hauste in einem Raum ohne Fenster, und er hauste allein, wobei bewiesen war, dass er mit jedem Bildschirm sprach, ihn beschimpfte, laut verfluchte oder zärtlich lobte. Bei Goldhändchen war Bromelienzeit. Die Blumen mit den langen lanzenförmigen Blättern und den geometrisch wundersam geschnittenen Blüten standen auf Regalen im ganzen Raum und wurden von speziellen Lampen, die wie Kugeln von der Decke hingen, in einem Tag-und-Nacht-Rhythmus bestrahlt.
Es gab weiße, bläuliche, rote und gelbe Bromelien, und Müller sagte noch in der offenen Tür: »Das sieht wunderschön aus.«
»Danke«, murmelte Goldhändchen automatisch und strahlte dann: »Ach, du bist das.«
»Ich komme wegen Breidscheid«, sagte Müller und schloss die Tür. »Du sollst einiges über ihn gefunden haben.«
»Und trotzdem bleibt der Kerl rätselhaft.« Es klang Ärger aus seiner Stimme, denn Goldhändchen war grundsätzlich wütend, wenn er irgendetwas nicht fand.
»Wieso rätselhaft?«, fragte Müller.
»Na ja, die Angaben zur Person sind ziemlich präzise, aber Angaben zu seinem Lebenslauf gibt es nicht, sie bleiben seltsam blass. Informationen zu seiner Haushaltsführung sind, vorsichtig gesagt, voller Lücken, die zu seinem Reichtum sehr ungenau. Er hat jede Menge Wohnsitze und unzählige Bankverbindungen. Auf jeden Fall ist er der einzige international tätige Kaufmann, der ständig mit einem eigenen katholischen Kaplan unterwegs ist. Und mit einem schwarzen Sekretär mit dem merkwürdigen Namen Basie Blossom, der als George Pinter in einem lausigen Nest in Alabama wegen Totschlags verurteilt wurde und dann plötzlich spurlos verschwand. Bis er als Basie Blossom an der Seite dieses Breidscheid wieder auftauchte. Das ist alles höchst verwirrend, und ich kann dir das als braver deutscher Kleinbürger auch gar nicht erklären. Und dann gibt es noch den Kardinal und diese merkwürdige Ehe, die im Namen des Heiligen Vaters zu Rom für null und nichtig erklärt wurde. Aber merke auf und sei ehrfürchtig: Ich habe diese Frau in Bremen als Inhaberin eines Blumenladens gefunden. Und ziemlich sicher macht dieser Breidscheid Geschäfte mit Kriegsgerät und Drogen. Doch zu beweisen war das bisher nicht. Na ja, um es einfach auszudrücken: Du wirst lange Wege gehen müssen, um diesen Breidscheid einzukreisen.«
»Wir haben keine Zeit für lange Wege«, sagte Müller knapp.
»Oh, das weiß ich. Was willst du zuerst wissen? Ich biete dir eine Finanzspur, eine katholische Spur und eine Ehespur. Du hast die Wahl.«
»Verdammt noch mal, da ist radioaktives Material geraubt worden, und wir sind sicher, dass es eine schmutzige Bombe gibt. Und du bietest mir eine aufgelöste Ehe, eine internationale Finanzspur und irgendetwas spezifisch Katholisches. Was hat der Breidscheid mit dem radioaktiven Material zu tun?«
»Nichts«, antwortete Goldhändchen brav. »Absolut nichts.« Dann lächelte er kurz und flüchtig. »Aber er hat deinen Freund Achmed gekauft. Und der kam nach Berlin und bastelte eine schmutzige Bombe. Sehe ich das richtig?«
»Ja«, antwortete Müller. »Das siehst du richtig. Fang also an. Such dir aus, womit du anfangen willst.«
»Ich liebe diese Ehespur«, sagte Goldhändchen mit einem schiefen Lächeln. »Du wirst deine helle Freude haben.«
»Also die Ehespur«, entschied Müller und setzte sich in einen Sessel.
»Zunächst musst du einiges über Breidscheids Herkunft wissen. Der Mann ist zurzeit siebenundfünfzig Jahre alt und stammt aus einer sehr katholischen Familie aus einer kleinen Stadt im nördlichen Münsterland. Der Vater war Grundschullehrer, die Mutter Hausfrau. Der Sohn wurde streng katholisch
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