Ein guter Mann: Roman (German Edition)
Doublette gegen Müllers Kopf.
Er war augenblicklich bewusstlos. Später erinnerte er sich an seinen letzten Gedanken. Das triviale Das-darf-doch-nicht-wahr-sein.
Er wurde wach, als sie ihn durch eine Tür stießen und er nach vorn auf die Knie fiel.
»Scheiße«, sagte er heftig.
Sie bugsierten ihn zu einer Matratze, die auf dem Boden lag. Die Matratze war der einzige Einrichtungsgegenstand des Raumes, sie war blau mit irgendwelchen goldenen Blüten bedruckt, fleckig und schmutzig. Grissom stieß Müller heftig nach vorn, und er fiel darauf.
»Hör zu, Kumpel«, sagte Taylor. »Du kannst es dir einfach machen und sagen, was ist. Andernfalls könnten wir auf die Idee kommen und dir eine Spritze setzen, nach der du wie ein Wasserfall redest.«
»Ich könnte dich aber auch so schlagen, dass du die Schmerzen nicht mehr aushältst und redest«, drohte Grissom.
»So ein Scheiß!«, erwiderte Müller.
Aber er wusste, dass sie Recht hatten, und er schätzte die Szene so ein, dass Taylors Chef angeordnet hatte: Geht auf die Jagd nach diesem Mann, und lasst euch von ihm erzählen, was ist. Und wie ihr das macht, will ich gar nicht wissen.
Müller erinnerte sich an viele Gerüchte, die über die amerikanische Bruderschaft im Umlauf waren, aber auch an einige Begebenheiten, die definitiv der Wahrheit entsprachen. So waren zahlreiche Fälle bekannt, wo Agenten der CIA Verdächtige in Länder entführt hatten, in denen sie ungestört foltern konnten, etwa nach Ägypten. Es war sinnlos, zu schweigen, Müller musste ihnen etwas auftischen, irgendeine Geschichte erzählen, langsam, Stückchen für Stückchen, haarscharf an der Wahrheit entlang. Er erinnerte sich an einen Ausspruch Krauses: »Es ist eindeutig so, dass amerikanische Agenten grundsätzlich glauben, überall auf der Welt die Regeln brechen zu können. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber die sind verdammt rar.«
Taylor, das schien sicher, war keine Ausnahme, und Grissom war schlicht brutal.
Er konnte nicht sprechen, ohne zu lispeln. Wahrscheinlich hing das damit zusammen, dass Grissom seinen linken Mundwinkel getroffen hatte.
Er sagte leise: »Okay, was wollt ihr denn wissen?«
»Wie heißt der Mann aus Damaskus, den du suchst?«, fragte Taylor schnell.
»Abu Omar«, sagte Müller. »Aber ich weiß nicht, ob das sein richtiger Name ist. Ich kenne nur diesen Namen.«
»Okay. Alter, Beruf und so weiter.«
»Ich kenne sein Alter nicht, seinen Beruf auch nicht.«
»Ist er ein Profi im Geschäft?«
»Nein, würde ich sagen. Ich habe ihn nur einmal getroffen. Ich schätze, er ist um die dreißig. Ob verheiratet, ob Kinder, weiß ich nicht.«
»Wieso kommst du auf die Idee, dass er irgendetwas mit dem Raub des radioaktiven Materials zu tun hat?«
Die Einschläge kommen immer dichter, dachte Müller.
»Weil dieser Mann angeblich gesagt hat, in Deutschland sei es am leichtesten, solches Material illegal zu bekommen.«
»Hast du ihn gefragt? Hat er das gesagt? Ist er ein Terrorist? Hat er Verbindung zu Terroristen? Zur Al-Kaida? Zu denen in Afghanistan? Zu denen, die die Sauerei in New York angerichtet haben?«
»Ich war in Damaskus«, begann Müller monoton. »Ich wollte den Typen kontaktieren. Ich hatte eine Telefonnummer, sonst nichts.«
»Von wem?«
»Von einem Vorgesetzten. Von wem der sie hatte, weiß ich nicht.«
»Also, langsam.« Taylor setzte sich auf die Fensterbank. Jetzt war er bei der Sache. »Du fliegst in Damaskus ein. Was machst du dann?«
»Taxi, Hotel«, antwortete Müller. Die Matratze roch muffig. Müller entdeckte einen großen Fleck neben sich. Der Fleck sah aus wie getrocknetes Blut.
»Kann ich mich hinsetzen?«, fragte er.
»Wieso?«, fragte Grissom aggressiv.
»Weil das hier verdammt dreckig ist«, antwortete Müller kühl. »Und ich liege ungern im Dreck, wenn du neben mir stehst und jederzeit zutreten kannst.«
»Er hat Recht«, murmelte Taylor. »Setz dich. Mit dem Rücken an die Wand.«
Müller hatte extreme Kopfschmerzen, er musste die Augen schließen. Er richtete sich in Sitzhaltung auf und schob sich dann an die Wand. Als er sich anlehnen konnte und sein Körper sich ein wenig entspannte, gingen die Schmerzen augenblicklich zurück.
Der Raum, in den sie ihn gebracht hatten, war offensichtlich ein Apartment, denn Müller sah eine Nische mit einer Kochecke und durch die offene Tür eine Holzwand, in der Garderobenhaken eingeschraubt waren. Wahrscheinlich gab es rechts davon ein Bad. Von der Decke baumelte ein Kabel
Weitere Kostenlose Bücher