Ein guter Mann: Roman (German Edition)
herauszufinden.«
»Ich gehe mal und mache meine Jungs scharf auf Achmed«, murmelte Goldhändchen.
»Ich habe mit meiner Frau geredet«, sagte Müller, sobald die Tür hinter Goldhändchen zugefallen war. »Ich brauche die Adresse von dem Apartment.«
»Heulen und Zähneknirschen?«, fragte Krause.
»Nein. Nur große Traurigkeit.«
»So ist das Leben.« Er reichte Müller einen Zettel. »Das ist Ihr Palast. Hier sind die Schlüssel. Und seien Sie, bitte, ständig erreichbar. Ihre Fragen an unsere Quellen sind raus. Und jetzt muss ich mich um QABR kümmern.« Was immer die Buchstaben bedeuten mochten, Krause wollte damit sagen, dass er noch mehr zu tun hatte und dass Achmed eine verschwindend kleine Nummer für ihn war.
Das Apartment lag zwölf Fahrminuten vom Amt entfernt in einer ruhigen Wohnstraße. Es gab einen Innenhof mit Stellplätzen. Das Haus selbst war siebenstöckig, Beton, grau in grau, mit zweckmäßig geschnittenen Zellen: ein kleines Bad, ein winziger Flur, eine Kochnische, ein Wohn/Schlafraum. Vor diesem Raum ein sehr schmaler Außengang, der im Mietvertrag todsicher Balkon genannt wurde und auf den kein Liegestuhl passte. Es gab in Viererreihen zweiundsiebzig Klingeln, und Müller würde die Nummer vierundzwanzig sein. Die meisten Namen waren türkisch, arabisch und russisch.
Die Möbel, die irgendwelche Vormieter ihm dagelassen hatten, waren alt und zweckdienlich, vorher schon erprobt in zehn bis fünfzehn Wohnungen, alle in einem diffusen Dunkelbraun. Sie bestanden aus Pressholzplatten mit einem Furnier, das die Natur niemals vorgesehen hatte. Müller erinnerte sich, in diesem Haus schon einmal Männer getroffen zu haben, die man auf der Straße nicht sehen sollte. Er öffnete den Kleiderschrank und befreite damit einen ungeheuer muffigen Luftschwall.
Er warf die Koffer auf das Doppelbett und setzte sich seufzend in einen alten, rosafarbenen Sessel, der aufdringlich nach scharfen Desinfektionsmitteln roch. Der Teppichboden war irgendetwas in Lichtblau, fleckenübersät, abgestumpft und steinhart. Konspirative Wohnungen, hatte er erfahren, waren etwas, wo man sich aufhalten, aber nicht wohnen konnte.
»Heilige Scheiße!«, sagte er laut.
Dann entdeckte er das Telefon. Es war ein ganz normaler kleiner, handlicher Apparat in Grün, dessen Schnur in eine Buchse an der Wand führte. Ich wette, es ist angeschlossen, dachte Müller. Es war angeschlossen.
Schließlich murmelte er: »Der Superspion dieses aufstrebenden Landes geht erst mal einkaufen.«
Nach einer Stunde leerte er in drei Durchgängen seinen Golf. Er hatte alles gekauft, was ihm nötig schien, von Bettwäsche bis Toilettenreiniger, von einem brauchbaren Rotwein bis zu einem billigen Radio und einfachen Haushaltskerzen. Er benötigte zwei Stunden, um alles zu verstauen und das Bett zu machen. Anschließend ging er mit einem billigen Rasierwasser heftig sprühend durch seine neue Pracht und hoffte, dass es nach seiner Rückkehr ein wenig anders riechen würde. Dann duschte er und verließ das Haus. Er setzte sich in den Golf und fuhr in den Wedding.
Im Grunde hatte er keine Hoffnung, Achmed irgendwo zu sehen. Aber er wollte wissen, wie die Gegend aussah, in der Achmed gesehen worden war.
Er aß einen kleinen Döner und rief das Krankenhaus an. Man sagte, seine Mutter sei noch da.
»Ja, mein Junge?«
»Wie geht es dir? Wie geht es Papa?«
»Stell dir vor: etwas besser. Also, ich war gerade rausgegangen, um einen Kaffee zu trinken, da kam eine Schwester angelaufen und sagte ganz aufgeregt: Er hat die Augen geöffnet! Das stimmte wirklich. Aber ich weiß nicht, ob er irgendetwas sieht.« Sie weinte. »Manchmal meine ich, er hat mich erkannt, und sie sagen, mit so etwas fängt es meistens an, wenn es ihnen besser geht. Kannst du kommen, Junge?«
»Nein, Mama, das geht jetzt nicht. Ich bin auf Bereitschaft. Wenn du übrigens bei mir zu Hause anrufst, musst du dich nicht wundern, ich bin vorübergehend in ein Apartment ausgewichen. Ich habe Melanie gesagt, dass wir eine Weile getrennt leben sollen.«
»Und das Kind? Das Kind?« Das kam ganz hoch und sehr heftig.
»Anna-Maria bleibt mein Kind. Das ist nicht der Punkt. Wir wollen herausfinden, ob wir noch eine Ehe haben können oder nicht.«
Eine Weile herrschte Schweigen.
»Nur gut, dass Papa das nicht mitkriegt.«
»Ja. Aber das gehört auch zu den Dingen, die ich mit ihm besprechen will, wenn es ihm wieder besser geht.«
»Kannst du denn morgen mal
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