Ein guter Mann: Roman (German Edition)
schneller«, sagte er hastig atmend.
Krause saß in aller Bierruhe in seinem Sessel, hatte die Hände über dem Bauch gefaltet und starrte in den Fernseher.
Neben ihm stand Goldhändchen.
»Schauen Sie sich das an«, murmelte Krause. »Noch mal zurück, und dann mit Genuss von vorn.«
Goldhändchen drückte Knöpfe an der Fernbedienung und strahlte dann Müller an.
Es war eine Videoaufzeichnung, und sie zeigte Fußgänger an einer Kreuzung, die über den Zebrastreifen gingen. Dann war plötzlich Achmed im Vordergrund. Achmed ohne Laptopkoffer und ohne große Sporttasche, ganz lässig, ohne jede Hast, die Hände in den Jeanstaschen. Achmed der Tourist.
Goldhändchen drückte den Fernseher aus.
»Wo stammt das her?«, fragte Müller.
»Wedding«, sagte Goldhändchen. »Verkehrsüberwachungskamera. Müllerstraße. Vor zwei Stunden.«
»Wie bist du darauf gekommen?«, fragte Müller. »Gratulation.«
»Mir fällt eben immer was ein«, sagte Goldhändchen geziert. Seine Karriere hatte Goldhändchen, dessen bürgerlichen Namen Müller gar nicht kannte, mit sechzehn Jahren begonnen. Da war er aus reiner Hackerlust in die Dateien des Pentagon eingebrochen, um sich an den streng geheimen Daten des Irakkrieges zu ergötzen. Jetzt ging er auf die Dreißig zu und hatte seine Neugier mit Genehmigung des Ordens von allen Zwängen befreit, was auf gut Deutsch hieß, dass er unermüdlich alles beobachtete und recherchierte, was ihn im Grunde nichts anging.
»Achmed ist also im Wedding«, sagte Krause. »Haben Sie jemals mit ihm über den Wedding geredet?«
»Nie«, sagte Müller mit Nachdruck. »Ist auf dem Film zu sehen, ob er mit irgendwem neben sich redet, ob irgendetwas auf Begleiter hindeutet?«
»Negativ«, sagte Goldhändchen. »Er geht vor zwei dicken, verschleierten Frauen her, links neben ihm mehrere Jugendliche, rechts neben ihm eine Frau mit Kinderwagen. Kein Kontakt, kein Gespräch. Auch nach hinten kein Kontakt. Achmed geht solo.«
»Vielleicht will er nur ein paar Kleinigkeiten einkaufen«, murmelte Krause. »Vielleicht steckt hinter dem allem etwas ganz Banales. Vielleicht ruft er wirklich bei Ihnen an und sagt: Ich komme gleich vorbei!«
»Dann sollte ich meine Frau für den Fall vorwarnen«, sagte Müller.
Krause lächelte ihn an. »Nicht nötig, mein Junge. Wir haben Ihren privaten Anschluss auf einer Alarmleitung, uns entgeht nichts.«
»Aha.« Müller fühlte sich unbehaglich. »Und wie ist Achmed nach Kairo gekommen?«
»Rätselhaft. Die Botschaft in Kairo sagt, sie habe das Visum nicht erteilt. Das ist verbindlich. Das bedeutet, sein Visum ist gefälscht. Aber da wir rund um das Mittelmeer etwa fünfhundert fantastische Fälscher haben, hilft uns das auch nicht weiter.« Krause wirkte erstaunlich gelassen.
»Kannst du ständig in diese Verkehrsüberwachung hinein?«, fragte Müller.
»Kein Problem«, sagte Goldhändchen. »Die Kollegen mögen so etwas zwar nicht, aber sie merken es ja gar nicht. Hast du irgendeine Vorstellung, wo Achmed sich verkriechen könnte?«
»Nicht die geringste. Der Wedding hat einen sehr hohen Ausländeranteil. Achmed fällt dort absolut nicht auf, auch sprachlich nicht. Mit Arabisch, bisschen Englisch und Französisch kommt er überall durch. Wenn er sich vier Tage seinen Bart stehen lässt und dazu eine Glatze rasiert, kriegen wir keine Identifikation mehr. Was ist mit seinem Handy?«
Krause nickte. »Das haben wir geortet – leider in seinem Geschäft zu Hause in Damaskus. Und auch das ist für diesen Knaben doch mehr als merkwürdig. Was sagen Sie dazu?«
»Jemand muss ihm befohlen haben: Lass dein Handy zu Hause! Achmed steckt das Ding sogar ein, wenn er auf den Lokus geht. Und daraus muss man folgern, dass er mit einem Auftrag nach Berlin gekommen ist, bei dem er auf keinen Fall über sein Handy geortet werden darf.«
»So ist es«, sagte Krause. »Und dieser Auftrag läuft verdeckt.«
»Aufbau einer Mullah-Zelle?«, fragte Müller.
»Könnte sein, passt aber nicht zu Achmed. Passt überhaupt nicht. Frage an Sie: Wie verliebt ist er in Bares?«
»Schon ziemlich. Er will seine Kinder studieren lassen. Und insgeheim hat er die Sehnsucht, irgendwann in der wunderschönen westlichen Freiheit zu leben. Gerade auch wegen der Söhne. Wissen wir jetzt, wie er von Damaskus nach Kairo gekommen ist?«
»Wissen wir nicht. Jedenfalls nicht unter seinem falschen Namen Ali Akbar mit einem der Linienflüge. Aber es sitzen drei Leute dran, um mehr
Weitere Kostenlose Bücher