Ein guter Mann: Roman (German Edition)
Schwierigkeiten, dich zu beschreiben.«
Er lachte unterdrückt und konnte sich nicht enthalten zu sagen: »Das ist durchaus beabsichtigt.«
»Ja, das denke ich mir. Ich will mit dir über diese Stadt reden. Ich habe hier dauernd zu arbeiten, ich rede mit wichtigen Leuten. Und wenn ich abends in dieses Hotel komme und genau überlege, haben sie alle so gut wie nichts gesagt. Vor allem niemals klar ja oder nein.«
»Mit wem redest du denn?«
»Im Moment mit den Liberalen. Ich soll ihnen ein klareres Profil verschaffen.«
»Aha. Dahinter steckt viel Geld, oder?«
»Sehr viel Geld sogar, wenn es klappt. Aber es ist nicht das Geld, es ist die ständige Nervosität der Leute, die mich fertig macht. Vor ein paar Tagen hat mir jemand gesagt: Wissen Sie, wir wissen eben mittags noch nicht, was wir abends dementieren müssen. Und das macht uns so anfällig.« Sie lachte.
Wieso hocke ich hier?, dachte er fiebrig. Ich könnte jetzt bei meinem Vater sein und seine Hand halten. Oder ich könnte im Haus meiner Eltern in meinem alten Zimmer sitzen, damit meine Mutter nicht so allein ist und sich nicht so fürchten muss. Diese Frau hier ist wahrscheinlich unerreichbar weit entfernt, und sie würde sich wohl totlachen, wenn sie wüsste, dass ich seit zwei Jahren mit keiner Frau mehr geschlafen habe.
»Hallo!«, sagte sie übertrieben laut. »Wo bist du denn?«
»Ich … ich war weit weg. Mein Vater ist schwer krank.«
»Das tut mir Leid. Was hat er denn?«
»Schlaganfall. Er liegt im Koma, was immer das bedeuten mag.«
Jetzt meldete sich sein Handy, es war wenige Minuten vor zwei. Er sagte: »Entschuldigung«, und nahm es aus der Hosentasche.
»Ich komme vom Band«, hörte er Krause sagen. »Danke für Ihre Anregung wegen der Fahnder. Wir hatten unseren Bruderstamm sofort darum gebeten. Sie haben Achmed nicht ausfindig gemacht. Ende.«
»Irgendetwas wegen deines Vaters?«, fragte sie.
»Nein«, sagte er. »Nur Routine. Nichts Besonderes.«
»Manchmal sage ich mir, dass es das Beste wäre, hier die Zelte abzubrechen und einfach abzuhauen, statt solche Nullachtfuffzehn-Aufträge abzuspulen.«
»Wenn diese Stadt dich fertig macht, solltest du das wirklich tun. Wo bist du denn zu Hause?«
»In Frankfurt.«
»Und du hast eine richtige, lebendige Firma?«
»Habe ich. Karen Swoboda GmbH und Co. KG.«
»Wie, um Gottes willen, kann man Swoboda heißen?«
»Wenn du einen Wiener geheiratet hast und aus dem Wahn erwachst. Komm her und leg dich neben mich.«
Er sah sie an und fragte: »Fördert das nicht den Geschlechtsverkehr?«
»Manchmal tut es das«, sagte sie leise. »Verdammt, ich bin eben zurzeit einsam, und bei dir habe ich das Gefühl, ich kann das sagen.«
»Das kannst du auch«, sagte Müller. Er stand aus seinem Sessel auf, löste den Gürtel seiner Hose und legte sich neben sie, stocksteif wie ein Stück Holz. Plötzlich musste er darüber kichern.
»Gib mir deine Hand. Du bist auch einsam. Und erschöpft.«
»Du hast Recht.«
Ihre Hand war warm und trocken.
»Ich habe meine Schuhe noch an«, sagte er. Er fühlte sich auf einmal nur noch gut.
»Das macht nichts. Moderne junge Menschen latschen erst stundenlang durch Hundekacke und legen sich anschließend in ihre Seidenkissen. Um zu demonstrieren, dass sie diese junge, aufregende Welt total kapiert haben.«
Er lachte, beugte sich nach vorn, zog sich die Schuhe aus und warf sie auf den Fußboden.
»Hast du Geschwister?«, fragte er schließlich.
»Nein.« Sie wälzte sich zu ihm hin auf den Bauch, und ihr Gesicht war jetzt dicht über seinem. »Kannst du mal den Mund halten, während ich dein Gesicht betrachte?«
Er schloss die Augen.
»Lass die Augen offen. Irgendetwas ist mit deinem linken Auge.«
Er lachte. »Es ist gelb.«
»Es ist was?«
»Es ist gelb.«
»Das ist nicht wahr. Doch, warte mal, es könnte sein.«
Er drehte sich unter ihr weg und nahm vorsichtig die Linse von seinem linken Auge. Er legte sie auf den Nachttisch, drehte sich zurück und sagte: »Jetzt guck mal.«
»Das ist aber was Seltenes, oder? Und wieso versteckst du das?« Sie lächelte ihn an, und dann küsste sie ihn flüchtig auf die Lippen, dann auf die Augen, dann auf die Stirn. »Ich will es gar nicht wissen, sonst löst du dich in Luft auf. Nimm mich in die Arme.«
Er nahm sie in die Arme, sie legte den Kopf neben seinen, der Morgenmantel hatte sich verschoben, er dachte ein wenig zittrig: Ich nehme es an, verdammt, ich nehme es einfach an.
»Du hast mir gut
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