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Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Titel: Ein guter Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Fahrer hatte wiederum eine Mappe mit Papieren bei sich, die sie alle abzeichnen mussten, die Fahrer, die Polizei, der Zoll. Dann fuhr er an das Heck des Kleinlasters, ließ die Last weit nach vorn herausragen und setzte sie behutsam mitsamt der Palette ab.
    Stahlmann und Bohnen kletterten auf die Ladefläche und untersuchten jede der hölzernen Kisten, ob nicht irgendein Brett eingedrückt war oder ein Spalt klaffte. Die Kisten zeigten keinerlei äußere Beschädigung.
    Dann kam einer der Zollbeamten mit dem »Piepser«, um zu kontrollieren, wie viel Strahlung austrat. Das Gerät jaulte laut auf, zeigte jedoch einen akzeptablen Wert.
    Bei Einrichtung der Sicherheitsvorschriften für den Transport radioaktiven Materials hatte die Bundesrepublik Deutschland alle Handelspartner an den Rand des Wahnsinns getrieben, weil ihre Forderungen nach aktiver wie passiver Sicherheit dieser Kisten an behördliche Hysterie grenzten.
    Die Kisten enthielten einen starkwandigen Bleikern, in dem das tennisballgroße, tödlich strahlende Metall-Ei auf einer weichen Polsterung ruhte. Um diesen Bleikern war eine massive Blechkanne geformt, deren Öffnung sicherheitshalber verlötet war. Die Blechkanne wurde dann in genau passende Styroporformen gezwängt, die dreifach gelegt waren. Um diesen Kunststoff herum war eine Holzkiste von millimetergenau vorgeschriebener Größe gebaut. Um sicherzugehen, dass eine solche Ladung auch bei schwersten Unfällen dicht blieb, wurde die Kiste von einem Kran auf achtzehn Meter Höhe gehievt und dann auf Beton, auf Wasser, auf Erdreich fallen gelassen, bis Beschädigungen nicht einmal mehr dann auftraten, wenn die immer gleiche Kiste zwanzigmal aus achtzehn Metern Höhe gefallen war.
    »Kann los!«, entschied der Zollbeamte. »Bis zum nächsten Mal, Jungs.«
    Stahlmann nickte. Er würde den Rückweg fahren.
    Sie waren so aufeinander eingespielt, dass sie sogar die gleiche Pinkelpause benötigten. Als einmal Bohnen einen wässrigen Durchfall hatte und häufiger eine Toilette in Anspruch nehmen musste, waren sie ganz aus dem Konzept geraten und hatten sich noch wochenlang über die »Tour de la Kack« erheitert.
    Auf Hamburger Gebiet ging es langsam, aber stetig voran, und Bohnen ließ sich genussvoll darüber aus, dass er in Zukunft eine Sommer- und eine Winterwohnung haben würde.
    »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schön Sex ist, wenn draußen der Wind durch die Pfirsichbäume weht.«
    »Gott steh mir bei!«, kommentierte Stahlmann. »So ein Schweinkram!«
    Der Himmel war hellgrau, die Fahrbahn trocken, sie rollten dahin.
    »Und was ist mit deiner Trude?«, fragte Bohnen.
    »Sie heißt nicht mehr Trude«, entgegnete Stahlmann. »Die Gegenwärtige heißt Swetlana und ist so feurig, wie man es nach der Lektüre russischer Romane erwartet.«
    Zuweilen machte Stahlmann so geschraubte Bemerkungen, und Bohnen nahm es nicht übel, weil er wusste, dass Stahlmann vor vielen Jahren begonnen hatte, Germanistik zu studieren. Bis sein Vater plötzlich gestorben war, was alle Hoffnungen zunichte machte. Jetzt pflegte er seine bettlägerige Mutter und hatte einmal kommentiert: »Ich lass die alte Dame nicht im Stich. Und so lange will ich keine feste Frau.«
    Anfangs war Bohnen verwirrt gewesen über die hohen, prall gefüllten Bücherregale in Stahlmanns Wohnung, und der schweigsame Stahlmann war anfangs auch nicht bereit gewesen, irgendetwas zu erklären. Ganz langsam, tropfenweise hatte er dann von seinem Lebensweg berichtet. Jetzt hatte Bohnen dem Freund sogar eine komplette Lichtenberg-Ausgabe zum letzten Geburtstag geschenkt, mit der seiner Meinung nach witzigen Bemerkung, er habe vorher nie gewusst, was Bildung wirklich wert ist.
    Es passierte südöstlich von Parchim, zwei Kilometer von der Ausfahrt Suckow entfernt, und alles verlief zunächst ganz unscheinbar.
    Ein alter, an den Kanten verrosteter Nissan-Pkw, besetzt mit drei Männern, quetschte sich zwischen den vorausfahrenden Lastzug und Stahlmann. Das Manöver war ein wenig riskant, und Stahlmann reagierte wütend: »Dieser Blödmann!« Er bremste ab.
    Auf der Rückbank des Nissan saß ein Mann, der dauernd seinen Kopf hin und her drehte. Der Kopf war vollkommen bedeckt. Dann hob der Mann seine rechte Hand, in der irgendetwas stumpf Blaues schimmerte.
    »Wieso trägt der eine Skimaske?«, fragte Bohnen verwundert.
    Stahlmanns Stimme war plötzlich hoch. »Und er hat eine Waffe. Guck mal.«
    Bohnen rief: »Waffe? Das ist keine Waffe, das ist

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