Ein guter Mann: Roman (German Edition)
Ihnen vielmals«, sagte Müller. »Sie haben uns sehr geholfen.« Er fand seinen Abgang beschämend, seine Sprache dümmlich und dürr.
Einer der bewaffneten Männer begleitete ihn schweigend bis an den Ausgang. Dann stand er neben seinem Auto und registrierte, dass der Abend kam. Die Stadt zündete ihre Lichter an.
Er rief Krause auf einer Direktleitung an.
»Mit allen notwendigen Vorbehalten würde ich sagen, dass der unbekannte kleine Mann auf der B 321 wahrscheinlich Achmed war. Die Schilderung ist … war sehr farbig und deutlich. Ich würde den Zeugen als klar beschreiben. Er glaubt übrigens, dass es Terroristen waren, weil der Überfall so perfektioniert gewirkt hat und nahezu lautlos war.«
»Gut, oder nicht gut. Wie verfahren wir weiter?« »Ich würde gern für ein paar Stunden zu meiner Mutter fahren. Ich denke, sie braucht mich, und ich denke, ich brauche sie. Natürlich bin ich ständig erreichbar und komme, falls notwendig.«
»Hier ist der Teufel los, eine Konferenz jagt die andere, und ich habe Mühe, meinen Kopf klar zu halten. Alle Zeitungen kommen morgen mit Begriffen wie Atom-Klau, Terror in Deutschland, Todeswaffen, Spitze einer Krise, Kuriere des Todes, Versagen der Regierung. Die Experten sind der Ansicht, dass die Gruppe mit einer massiven Erpressung kommen wird. Kennen Sie einen gewissen Franz-Xaver Buchwinkel? Nein, kennen Sie nicht. Bundestagsabgeordneter. War eben auf dem ZDF mit einem Interview zur Lage. Der Mann ist rechtsaußen. Er sagte, die Terroristen leben mitten unter uns, weil die schwache Regierung das zulässt. Wie könne es sein, dass Menschen aus anderen Kulturen uns hier Angst machen, uns die Arbeitsplätze stehlen, die uralten Werte des Abendlandes untergraben. Tragende Säulen wie die katholische Kirche würden glatt vergessen. Ich versichere Ihnen, ich habe geschluckt, das war heftig. Aber: Wir müssen weiterkommen. Wir müssen klären, wie Helmut Breidscheid mit all dem zusammenhängt. Und ich brauche Sie für eine schnelle Reise.«
»Wie bitte?«, fragte Müller verblüfft.
»Sie fliegen mit einer Sondermaschine um fünf Uhr von Tegel direkt nach Damaskus. Sie sind in diplomatischer Mission. Benutzen Sie Ihre dritte Legende als Lars Tenhoven. Sie müssen mit der Frau von Achmed sprechen, Sie haben eineinhalb Stunden.«
»Nour hat vielleicht keine Ahnung.«
»Wir müssen es versuchen. Also, gegen Viertel vor fünf in Tegel. Ich werde dort sein und Ihnen erste Recherchen zu Breidscheid mitbringen.«
»Hat er denn ein Motiv?«
»Er hat keins. Aber gerade das macht mir Sorgen. Wann ist die Beerdigung Ihres Vaters?«
»Übermorgen um elf. Mein Gott, das kann doch gar nicht gehen.«
»Das muss gehen«, sagte Krause. »Wir sehen uns in Tegel.«
Es war 20.23 Uhr.
Müller fuhr so schnell wie möglich zu seiner Mutter.
»Ich habe dich angerufen, aber du warst nicht erreichbar.«
Sie trug jetzt Schwarz, sie war totenbleich.
»Ich habe dieses blöde Handy vergessen. Ach Gott, Junge, der Abschied fällt mir so schwer. Hast du etwas gegessen?« Sie lehnte sich an seine Schulter und weinte laut und hemmungslos.
»Ja, Mama. Es ist ganz furchtbar, dass ich dauernd unterwegs sein muss. Wir haben so etwas wie eine Krisensituation.« Er legte ihr den Arm um die Schulter, und sie gingen gemeinsam in die Küche. »Ich möchte mich bei dir entschuldigen, und ich möchte mich bei Papa entschuldigen.«
Sie stützte beide Arme auf den Küchentisch. »Das brauchst du nicht. Dein Chef hat mir ja gesagt, es ist wichtig. Ich habe das im Fernsehen gesehen. Ich meine diese schreckliche Sache, diese Sache mit diesem brutalen Überfall. Das ist es, nicht wahr?«
»Ja, das ist es, Mama.«
»Dann ist es ja für unser Land.«
»Ja. Weißt du, was ich gern essen würde? Bratkartoffeln aus frischen Kartoffeln mit einem Brathering. Hast du einen Brathering?« Ich muss sie beschäftigen, dachte er, ich muss ihr das Gefühl geben, dass sie meine Mutter ist und dass ohne sie nichts läuft.
»Sicher habe ich Brathering. Da stehen Dosen im Keller, du musst uns eine holen. Dann schäle ich schon mal Kartoffeln. Ach, mein Junge, er sieht so furchtbar aus in der Aussegnungshalle. Er liegt hinter einer Glasscheibe im offenen Sarg, und manchmal wirkt es so, als würde er gleich aufstehen. Aber vor allem sieht er sehr einsam aus. Ach Gott, Junge, ich hoffe nur, er hat von seinem Sterben nichts gemerkt.«
»Hat er sicher nicht. Ich hole mal den Brathering.« Er ging in den
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