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Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Titel: Ein guter Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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über diese Dinge nie mit ihm geredet. Und er nicht mit mir.« In einer plötzlichen Aufwallung von Wut setzte er hinzu: »Mein Gott, waren wir Arschlöcher!«
    Seine Mutter nickte nur.
     
     
     
     
    Als Müller das Haus verließ, war es 22.12 Uhr.
    Er rief Karen an, bevor er losfuhr, und sagte: »Ich kann in dreißig Minuten bei dir sein.«
    Fröhlich fuhr er durch die Stadt. Er hatte seine Mutter entdeckt und von einer Schwester erfahren. Das Pornoheft hatte die explosive Bedeutung verloren, war herabgewürdigt zu einer bloßen Marginalie. Tante Trude war unterwegs und würde wahrscheinlich mit zwei großen Koffern über die sechs Kilometer anreisen und seine Mutter schon durch ihre Befehle wahnsinnig machen. Dann würden sie ein wenig milde werden, sich eine Tasse Kaffee machen und zusammen weinen, bis Tante Trude eine ganz neue Platte auflegte, die mit den Worten begann: »Weißt du, meine Liebe, irgendwie war er ja auch komisch …«
    Müller fand keinen Parkplatz, umrundete das Hotel ein paarmal und stellte den Golf dann in einen Hinterhof in der Hoffnung, dass der über Nacht nicht geschlossen wurde.
    Karen hatte bereits einen kleinen Tisch mit Kerzen und Champagner aufgebaut, auf dem eine große Platte mit kalten Köstlichkeiten wartete.
    »Ach du meine Güte«, sagte Müller verlegen. »Und ich bin nicht einmal geduscht.«
    Sie lachte und flüsterte: »Dann riechst du auch besser.«
    Sie umarmten sich steif, sie waren scheu, suchten nach Worten.
    Sie sagte: »Ich habe einen Tag Urlaub hinter mir.«
    Dann fiel ihm auf, dass sie einen beigefarbenen Hosenanzug trug, der nach Rohseide aussah, und er lächelte: »Das sieht ja irre gut aus.«
    Sie sagte: »Ich habe ihn heute in einem Schaufenster entdeckt, und ich dachte, ich weihe ihn gleich ein.« Dann straffte sie sich, trat einen halben Schritt zurück.
    »Ich habe mir gedacht, wir sitzen zusammen und reden und essen. Weil wir nicht wissen, wo wir morgen sind, und ob wir dann noch etwas miteinander zu tun haben.«
    »Du hast Recht«, sagte er. »Ich brauche unbedingt kaltes Wasser.« Er ging in das Bad, und das Wasser wirkte, als wache er am Morgen eines guten Tages auf.
    »Hast du deinen Freund wieder gefunden?«, fragte sie.
    »Nein, noch nicht. Es war so viel los, dass ich mich sortieren muss. Ich weiß auch nicht mehr, was eigentlich wichtig ist und was nicht. Ich habe mich dauernd gefragt: Wann kann ich zu Karen?« Er umrundete den Tisch, streifte mit der Hand über ihre Schulter und setzte sich ihr gegenüber hin. Dann grinste er. »Ich habe eben mit meiner Mutter Bratheringe gegessen. Tradition.«
    »Guck mal, du kannst mit Fischigem weitermachen, da sind Austern, Krebsschwänze, Forellenfilets.«
    »Vornehme Sauereien«, lächelte er. »Du kriegst also deinen Vertrag und fährst zurück in deine Firma nach Frankfurt.«
    »So wird es sein«, nickte sie. »Und was wirst du machen?«
    Er war sich bewusst, dass ihn der Teufel ritt, aber er war auch übermütig. »Ich muss morgen früh kurz nach Damaskus.«
    »Kurz nach Damaskus?« Sie streckte ihm beide Hände entgegen, und er nahm sie und küsste sie.
    »Das ist dienstlich. Ich bin nach ein paar Stunden wieder hier. Dann kommt die Beerdigung, dann wieder Dienstliches und so weiter und so weiter. Frag lieber nicht.«
    »Ich möchte aber fragen, weil ich neugierig auf dich bin.«
    »Kann ich Anspruch auf ein Glas Champagner anmelden?«
    »Ja, natürlich.« Sie nahm die Flasche aus dem Kübel und begann sie zu öffnen. »Du drückst dich vor meinen Fragen.«
    »Ja, das tue ich.«
    Der Korken kam mit einem leisen Plopp, sie goss ein.
    »Du bist ein Geheimniskrämer.«
    »Das auch.«
    »Du bist also ein Geheimer.«
    Er grinste. »Was, bitte, ist ein Geheimer?«
    »Na ja, ein geheimer Kurier des Kanzleramtes, oder nein, des Außenministers, der mal eben eine wichtige Akte nach Damaskus fliegt.«
    »Das muss ich meinen Leuten erzählen«, sagte er lachend.
    »Im Ernst, wie geht die Geschichte mit deinem Freund? Als du das erwähnt hast, war deine Stimme ganz zaghaft. Weißt du eigentlich, dass deine Stimme schön ist?«
    »Das hat noch niemand gesagt. Trink mit mir. Noch bist du hier, noch bin ich hier.«
    Sie tranken, und sie griff nach seiner rechten Hand und zog sie zu sich heran.
    »Du hast auch schöne Hände. Was ist mit diesem Freund?«
    »Ich wollte, ich wüsste es. Er verschwand von einer Sekunde auf die andere, und kein Mensch weiß, was mit ihm ist.«
    »Ist er wertvoll für dich?«
    »Ja, ist

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