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Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Titel: Ein guter Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Keller und holte eine Dose aus einem Regal.
    Als er wieder in die Küche kam, sagte sie: »Sein Bruder, der Onkel Achim, hat mich angerufen. Und er hat herumgesülzt, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Das war einfach schrecklich. Weißt du, was der gesagt hat? Mein Bruder hat immer in Gott vertraut, und seine letzte Hoffnung war immer der leidende Jesus. Das sagt dieser blöde Kerl so einfach, dabei hat Vater doch mit dem lieben Gott überhaupt nichts am Hut gehabt, oder? Und dann muss ich immer daran denken, wie dieser fürchterliche Kerl seine Frau jahrelang mit irgendeiner dummen Zicke betrogen hat. Und dann hat der doch die Nerven und sagt mir: Also, ich würde gern in der Kirche ein paar Worte sagen. Und ich sage: Halt! Das macht der Pastor. Und er sagt: Dann aber, wenn die Familie zusammensitzt, werde ich den letzten Gruß an meinen Bruder schicken. Ja, ist denn der völlig verrückt?«
    »Er ist dumm«, sagte Müller. »Er ist einfach dumm. Was schätzt du denn, wie viele Leute zur Beerdigung kommen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe mal eine Liste gemacht. Also, ich denke, es werden sicher mehr als hundert sein. Und ich war bei Grüns und habe den Saal bestellt. Und ein einfaches Essen. Schweinebraten, Kartoffeln und Gemüse, dazu eine dunkle Soße. Und einen Nachtisch.«
    »Das ist gut«, nickte Müller. »Und hör jetzt auf, Kartoffeln zu schälen. Das können wir doch gar nicht essen.«
    »Er wollte das auch immer. Fisch, das war sein Ding.« Sie lächelte.
    Als er die Fischdose öffnete, sagte er: »Ich muss da mit dir etwas klären. Also, es ist so, dass er im Schreibtisch unten rechts …«
    »Oh, das macht dir Sorgen? Das muss es nicht, mein Junge. Ich habe das da drin liegen gelassen, weil ich dachte: Wir hauen nach der Beerdigung den Schreibtisch kaputt und achten nicht mehr drauf, was sonst noch drin ist. Das kann alles weg, das hat alles keine Bedeutung.« Sie kicherte plötzlich. »Weißt du, ich habe dieses … na ja, dieses Machwerk schon vor zehn Jahren entdeckt. Er rief mal an und sagte, er braucht irgendetwas aus dem Schreibtisch. Ich weiß nicht mehr, was. Dann hatte ich es in der Hand und dachte nur: Ach, du lieber Gott, der Arme …«
    Müller schossen die Tränen in die Augen. Er sagte: »Du bist eine verdammt tolle Type.«
    Sie streckte sich, fuhrwerkte in den geschälten Kartoffeln herum und sah ihn unsicher an. »Ja? Glaubst du das wirklich?«
    Müller bemühte sich krampfhaft, so zu tun, als habe er beliebig Zeit, aber als sie fragte: »Kannst du denn wenigstens ein paar Stunden schlafen?«, antwortete er: »Ich muss noch einmal ins Amt. Es geht nicht anders.«
    »Hat Tante Trude sich gemeldet?«, fragte er nach einer Weile.
    »Aber natürlich.« Sie nickte. »Und sie wollte sofort hierher kommen und generalstabsmäßig das Haus übernehmen.«
    »Lass sie doch. Es ist nicht gut für dich, jetzt allein zu sein. Du hast doch auch gemeint, dass du endlich etwas für dich selbst tun willst. Ruf sie an und sag ihr, sie soll herkommen. Sag ihr, du spendierst das Taxi.«
    »Findest du?«
    »Ja. Dann habe ich auch kein schlechtes Gewissen. Und ihr beide könnt über Papa lästern. Das habt ihr ja schon immer gern getan.«
    Sie rief Tante Trude an, während Müller die Bratkartoffeln überwachte, die Bratheringe auf die Teller balancierte und sich auf Karen freute.
    Alter, sprach er seinen Vater an, du hast wahrscheinlich nie begriffen, was für eine irre Type du geheiratet hast. Aber wahrscheinlich hat sie sich ihr Leben lang zurückgehalten, damit du nicht auf die Idee kommen konntest, sie sei dir ebenbürtig.
    Während des Essens bemerkte sie plötzlich: »Da wir schon dauernd von Geheimnissen in dieser Familie reden. Es gibt da etwas, was du nie erfahren hast. Vater wollte das nicht. Du hattest eine Schwester, Junge.«
    »Ach ja?« Und dann verblüfft: »Das ist nicht wahr.«
    »Doch. Zwei Jahre nach dir war ich erneut schwanger. Sie kam im Elisabeth-Stift auf die Welt. Aber sie lebte nur zwei Stunden, sie war missgebildet. Wir nannten sie Eva.«
    »Aber wo ist ihr Grab?«
    »Sie wurde eingeäschert und in einem anonymen Urnenfeld beigesetzt. Es ist ein Stückchen Wiese auf dem Friedhof, auf dem Vater übermorgen zur letzten Ruhe gebettet wird.«
    »Aber warum hat mir das niemand gesagt?«
    »Ich weiß nicht. Vater hat das so entschieden.« Sie überlegte. »Und übermorgen erzählt uns der Pastor, dass Vater ein gottgefälliger Mann war und an Jesus Christus glaubte.«
    »Ich habe

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