Ein gutes Omen
mehr Bosheit fähig waren als die Mächte
der Finsternis, da zeigten sie plötzlich eine Güte, die der Güte des Himmels in
nichts nachstand. Manchmal betraf dieses Phänomen sogar ein und dasselbe
Individuum. Freier Wille und so. Beim Satan höchstpersönlich: Das menschliche
Verhalten war immer für eine Überraschung gut. Es war schon eine Plage.
Erziraphael
hatte einmal versucht, es zu erklären. Wenn Menschen gut oder böse waren,
führte er aus – das Gespräch fand im Jahr
1020 statt, kurz nach Der Übereinkunft zwischen Dämon und Engel –, so ging das entsprechende Gebaren auf
eine eigene Entscheidung zurück. Mit anderen Worten: Sie wollten gut oder böse sein. Wohingegen Leute wie
Crowley (und Erziraphael selbst) einem vorbestimmten Weg folgen mußten. Die
Sterblichen, so fügte der Engel hinzu, konnten nur dann zu Heiligen werden,
wenn man ihnen die Möglichkeit gab, ausgesprochen lasterhaft zu sein.
Crowley dachte
eine Zeitlang darüber nach, und im Jahr 1023 erwiderte er: He, wart mal, das
funktioniert doch nur, wenn alle die gleichen Startchancen bekommen. Wer in
einem armseligen Schuppen während eines grausamen Krieges geboren wird, hat
wohl kaum die gleichen Chancen wie jemand, der in einem Schloß das Licht der
Welt erblickt.
Ah, sagte
Erziraphael, das ist ja gerade das Tolle daran. Je weiter unten du beginnst,
desto mehr Möglichkeiten stehen dir offen.
Total
bescheuerte Spielregeln, brummte Crowley.
Nein,
widersprach Erziraphael. Typisches Beispiel für Unerfindlichkeit.
Erziraphael.
Zweifellos Der Feind. Aber
wenn man es sechstausend Jahre lang mit dem gleichen Feind zu tun hatte, wurde
er schließlich zum Freund.
Crowley ließ
die rechte Hand sinken und griff nach dem Autotelefon.
Von einem
Gesandten der Hölle erwartete man, daß er keinen freien Willen entwickelte.
Doch ein Dämon, der sich lange genug unter Menschen befand, lernte das eine
oder andere.
Mr. Young hielt nicht viel
von Damien oder Wormwood. Ebensowenig von den anderen Vorschlägen Schwester
Maria Redeviels, die alle satanischen Namenslisten durchging und sich
anschließend auf die goldenen Jahre Hollywoods besann.
»Nun …«,
sagte sie. Es klang ein wenig gekränkt. »Mit Errol dürfte alles in Ordnung
sein. Oder Cary. Es
sind hübsche amerikanische Namen.«
»Ich dachte
eigentlich an etwas, äh, Traditionelleres«, erwiderte Mr. Young. »In meiner
Familie haben wir immer einfache Namen
gewählt.«
Schwester Maria
strahlte. »Ja, da bin ich ganz Ihrer Meinung. Die alten Namen sind immer die
besten.«
»Ein
anständiger biblischer Name«, sagte Mr. Young. »Matthäus, Markus, Lukas oder
Johannes«, fügte er hinzu. Die Nonne zuckte unwillkürlich zusammen. »Allerdings
klingen sie nicht wie richtige biblische Namen. Wenn man sie hört, stellt man
sich Cowboys und Fußballspieler vor.«
»Saul wäre
nicht schlecht«, warf Schwester Maria hoffnungsvoll
ein.
»Jetzt werden
wir, äh, zu traditionell«, antwortete er.
»Oder Kain.«
Die Nonne war der Verzweiflung nahe. »Kain ist viel moderner als Saul.«
»Hmm.« Mr.
Young wirkte skeptisch.
»Natürlich
bleibt immer noch die Möglichkeit, den Jungen – Adam zu nennen«, sagte
Schwester Maria. Dagegen dürfte es eigentlich keine
Einwände geben.
»Adam?« wiederholte Mr. Young.
Die Vorstellung, daß die
satanischen Nonnen den zweiten Knaben – Baby B – mit der gebotenen Diskretion adoptierten,
wäre sicher recht nett. Daß er zu einem normalen, glücklichen, lachenden Kind
heranwuchs. Daß er mit kleinen Autos spielte, brav zur Schule ging und darauf
verzichtete, Fliegen die Beine auszureißen. Daß er noch mehr wuchs und zu einem
normalen, mehr oder weniger zufriedenen Mann wurde.
Nun, vielleicht
ist das tatsächlich geschehen.
Denken Sie nur
an die Auszeichnungen, die er während der ersten Grundschuljahre für gute
Orthographie bekommt. An seine ereignislose, aber angenehme Studienzeit. An
seinen Job im Lohnbüro des Tadfield und Norton Bauunternehmens und an seine
sympathische Frau. Vielleicht möchten Sie diesem Szenarium auch noch einige
Kinder und ein Hobby hinzufügen, etwa die Restaurierung alter Motorräder oder
das Züchten tropischer Fische.
Vermutlich
wollen Sie nicht wissen, was mit Baby B passieren könnte.
Nun, Ihre Version gefällt den Autoren ohnehin besser.
Wahrscheinlich
gewinnt Baby B als Mann sogar Preise für seine tropischen Fische.
Licht brannte im Schlafzimmer eines kleinen Hauses in Dorking, Surrey.
Newton Läuterer
war
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