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Ein gutes Omen

Ein gutes Omen

Titel: Ein gutes Omen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Terry; Gaiman Pratchett
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meisten
Bücher über Hexerei behaupten, Hexen gingen ihrem Beruf völlig nackt nach. Der
Grund: Fast alle entsprechenden Bücher sind von Männern verfaßt.
    Die junge Frau
hieß Anathema Apparat. Wer sie als ›hinreißend und atemberaubend schön‹
beschrieb, sah die Wirklichkeit aus einer sehr individuellen Perspektive. Die
einzelnen Aspekte ihres Gesichts verdienten es, als sehr hübsch bezeichnet zu
werden, doch in seiner Gesamtheit erweckte es eher den Eindruck, als habe man
es hastig und ohne einen Plan aus Standardteilen vom Lager zusammengesetzt. Der
passende Ausdruck lautet vermutlich ›attraktiv‹. Vielleicht hätten Leute, die
dieses Wort kennen und auch wissen, wie es geschrieben wird, Adjektive wie
›lebhaft‹ und ›temperamentvoll‹ hinzugefügt. Vielleicht auch nicht. Solche
Begriffe scheinen aus den fünfziger Jahren zu stammen und klingen irgendwie
überholt.
    Es ist traurig,
aber wahr: Sogar in Oxfordshire sollten junge Frauen in einer dunklen Nacht
nicht allein unterwegs sein. Doch jeder umherstreifende Verrückte hätte mehr
als nur seinen Mut verloren, wäre er auf die Idee gekommen, Anathema Apparat
begehrlich anzusehen. Immerhin war sie eine Hexe. Mehr noch: Sie war eine
vernünftige Hexe, hatte daher auf Schutzamulette und ähnliche Gegenstände
verzichtet. Mit dem langen Brotmesser hinter ihrem Gürtel fühlte sie sich
weitaus sicherer.
    Anathema
blickte durchs Okular und drehte die Einstellrädchen.
    Sie murmelte
etwas, leise und bedeutungsvoll.
    Alle Landvermesser murmeln leise und
bedeutungsvoll. Ihre Bemerkungen lauten ›Hier bauen wir eine hübsche
Umgehungsstraße, und sie wird vorgestern fertig‹ oder ›Das sind drei Komma fünf
Meter, plusminus eine Haaresbreite‹.
    Doch Anathema
Apparat murmelte etwas anderes.
    »Finstere Nacht
/ Und glänzender Mond«, hauchte sie. »Ost und Südost / West und, ja, Südwest …
Westsüdwest … Hab dich …«
    Sie griff nach
einer amtlichen topographischen Karte und hielt sie ins Licht der Taschenlampe.
Dann nahm sie Lineal und Bleistift, zog vorsichtig einen Strich quer über die
Karte. Er kreuzte eine zweite Linie.
    Die junge Frau
lächelte. Es war kein humorvolles, eher ein zufriedenes Lächeln – sie hatte
gerade eine schwierige Arbeit mit Erfolg beendet.
    Anathema
klappte den Theodolit zusammen und befestigte ihn an einem prähistorischen
Fahrrad, das an der Hecke lehnte. Sie vergewisserte sich, daß Das
Buch im Korb lag, bevor sie sich auf den Sattel
schwang und über die dunkle, von Dunstschwaden umwogte Straße radelte.
    Es wurde
bereits darauf hingewiesen, daß es sich um ein sehr altes Fahrrad handelte. Der
Rahmen bestand aus Abflußrohren. Es war lange Zeit vor der Entwicklung der
Dreigangschaltung gebaut worden – und vermutlich nur wenige Stunden nach der Erfindung
des Rads.
    Aber bis zum
Ort ging es praktisch nur bergab. Anathemas Haar wehte ihm Fahrtwind, und der
Mantel blähte sich wie ein Segel auf. Unbekümmert ließ sie den zweirädrigen
Moloch durch die Nacht rollen – um diese Zeit herrschte überhaupt kein Verkehr.
    Es knisterte und knackte
leise, als der Motor des Bentley abkühlte – während Crowleys Ärger immer heißer
brannte.
    »Du hast
gesagt, du hättest ein Schild gesehen«, brummte er.
    »Nun, wir sind
ziemlich schnell daran vorbeigefahren. Außerdem habe ich das Dorf schon einmal
besucht.«
    »Vor elf
Jahren!«
    Der Dämon legt
die Straßenkarte beiseite und startete den Motor.
    »Vielleicht
sollten wir jemanden fragen«, schlug Erziraphael vor.
    »Oh, sicher«,
erwiderte Crowley. »Wir halten an und fragen den ersten Passanten, der diesen …
diesen Pfad mitten
in der Nacht beschreitet, nicht wahr?«
    Er
beschleunigte und lenkte den Wagen über die von Buchen gesäumte Straße.
    »Hier ist
irgend etwas seltsam«, sagte Erziraphael. »Spürst du’s?«
    »Was denn?«
    »Fahr nicht so
schnell!«
    Der Bentley
wurde wieder langsamer.
    »Ja, wirklich
sonderbar«, fügte der Engel hinzu. »Ich empfange Emanationen, die …«
    Er rieb sich
die Schläfen.
    »Ja?« fragte
Crowley. »Welche Emanationen?«
    Erziraphael
starrte ihn groß an.
    »Sie berichten
von Liebe«, sagte er. »Jemand liebt diesen Ort, und zwar von ganzem Herzen.«
    »Bitte?«
    »Ja, ich fühle
es ganz deutlich: Liebe. Tut mir leid, ich kann es nicht besser erklären.
Gerade für dich müssen solche Dinge unverständlich bleiben.«
    »Soll das
heißen …«, begann Crowley.
    Ein Quietschen,
ein Schrei und danach ein Aufprall. Der

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