Ein gutes Omen
immer exakt Auskunft gegeben.
Anathema nahm
ihre Taschenlampe und lief nach draußen.
»Wie soll ich das Gefühl
beschreiben?« überlegte Erziraphael laut. »Es ist, äh, das Gegenteil von den
Emotionen, die sich in dir regen, wenn du ›Hier geht’s unheimlich zu‹ sagst.
Ja. Äh.«
»Ich sage nie
›Hier geht’s unheimlich zu‹«, erwiderte Crowley. »Ich sage höchstens: ›Mann,
hier geht’s unheimlich rund.‹ Außerdem bin ich fürs Unheimliche.«
»Es ist …
es ist …« Der Engel suchte nach einer geeigneten Metapher. »Es ist wie ein
Leuchtturm, in dem kein Licht brennt, sondern das Feuer der Liebe. Spürst du
nichts?«
»Du meinst
wohl: Siehst du nichts?« Crowley gab sich fröhlich und gluckste. Es klang nicht
sonderlich überzeugend. »Und die Antwort lautet: Nein, ich sehe nichts.
Vielleicht sollten wir uns ein Schiff besorgen; dann wiese uns dein Leuchtturm
die Richtung.« Er wurde wieder verdrießlich, was ihm wesentlich leichter fiel.
»Du bist einfach überempfindlich.«
»Das ist mein Job«, sagte Erziraphael. »Engel können nicht
überempfindlich sein.«
»Ich schätze,
die Leute in diesem Ort lieben ihre Heimat. Du empfängst nur ihre – wie hast du
es vorhin genannt? – Emanationen.«
»In London habe
ich so etwas nie gefühlt«, gab Erziraphael zu bedenken.
»Eben«, sagte
Crowley. »Genau darauf wollte ich hinaus.« Er hob den Kopf. »He, wir sind am
Ziel! Ich erinnere mich an die steinernen Löwen neben dem Tor.«
Das
Scheinwerferlicht des Bentley fiel auf hohe Rhododendronbüsche neben der
Zufahrt. Kies knirschte unter den Reifen.
»Es ist ein
bißchen früh, um Nonnen zu besuchen«, bemerkte Erziraphael skeptisch.
»Unsinn.«
Crowley schüttelte den Kopf. »Nonnen sind dauernd auf den Beinen. Vermutlich
liegt’s am Abendgebet. Außerdem bewahren sie sich dadurch die schlanke Linie.
Wer nicht rastet, der nicht dick wird. Oder so.«
»Das war billig
von dir, wirklich billig«, entgegnete der Engel. »Es gibt keinerlei Grund für
diese böswillige Bemerkung.«
»Jetzt fühl
dich doch nicht gleich auf den Schlips getreten! Ich habe dir doch gesagt, das
sind welche von unseren. Nonnen des Satans. Wir brauchten ein Krankenhaus in
der Nähe des Luftwaffenstützpunkts, verstehst du?«
»Nicht ganz …«
»Glaubst du
etwa, die Frauen amerikanischer Diplomaten entscheiden sich für irgendwelche
Provinzhospitäler mitten im Nichts, um ihre Kinder zur Welt zu bringen? Oh, es
lief alles wie am Schnürchen; niemand schöpfte Verdacht. Bei Lower Tadfield
gibt’s einen Luftwaffenstützpunkt, und die Gattin des Kulturattachés nahm dort
an einem offiziellen Empfang teil. Sie sah sich die Parade an und spürte, wie
die Wehen einsetzen. Das Lazarett der Basis war natürlich nicht vorbereitet,
und unser Mann sagte: ›Ich kann Sie zu einem guten Krankenhaus fahren; ist
nicht weit von hier.‹ Tja, gute Organisation.«
»Aber trotzdem
lief etwas schief«, warf Erziraphael selbstgefällig ein. »Die Sache hatte einen
Haken. Besser gesagt: gleich zwei.«
»Es hätte fast geklappt«, entgegnete Crowley scharf und fühlte sich in seinem
höllischen Stolz verletzt.
»Weißt du, das
Böse enthält den Keim für die eigene Zerstörung«, dozierte der Engel. »Es ist
letztendlich negativ, und daher bringt es sich früher oder später selbst zu
Fall, auch dann, wenn es den Sieg zu erringen scheint. Ganz gleich, wie
großartig und gut – beziehungsweise böse – durchdacht und narrensicher der
teuflische Plan ist: Die ihm innewohnende Sündigkeit muß Satan zwangsläufig
einen Strich durch die diabolische Rechnung machen. Ganz gleich, welche Erfolge
die Hölle zunächst erringt – zum Schluß legt sie sich selbst unüberwindliche
Hindernisse in den Weg. Vorhin hast du von einem Schiff gesprochen, nicht wahr?
Nun gut: Die Flotte der Heimtücke und durchtriebenen Gemeinheit wird an den
Klippen der eigenen Greueltaten zerschellen und für immer dem Meer des
Vergessens anheimfallen.«
Crowley dachte
darüber nach. »Nuuhn …«, sagte er schließlich, von der Rhetorik des Engels
beeindruckt. »In diesem Fall haben wir es nicht mit selbst ausgehobenen
Fallgruben zu tun, sondern nur mit durchschnittlicher Unfähigkeit. He …«
Der Dämon pfiff
leise durch die Zähne.
Vor dem
Gutshaus standen Dutzende von Autos, und es handelte sich nicht um Wagen, wie
sie normalerweise von Nonnen benutzt wurden. Der Bentley war ganz klar eine
Klasse zu niedrig. Die meisten führten Typenbezeichnungen
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