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Ein gutes Omen

Ein gutes Omen

Titel: Ein gutes Omen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Terry; Gaiman Pratchett
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Zweifel
bestehen. Außerdem: Mit neun Pence pro Hexe kam man heute nicht mehr weit.
    Es war früh am
Samstagmorgen, dem letzten Tag der Welt, und das Firmament glühte rot wie Blut.
    Der Postbote
vom Internationalen Expreßdienst fuhr mit vorsichtigen fünfunddreißig Meilen in
der Stunde durch die Kurve, schaltete in den zweiten Gang herunter und hielt am
Straßenrand.
    Er stieg aus –
und sprang eine Sekunde später in den Graben, als ein Lastwagen mit mindestens
achtzig Sachen heranraste.
    Der Kurier
seufzte, stand auf, griff nach Brille, Paket und Klemmbrett und strich sich
Gras sowie einige Lehmbrocken von der Uniform. Er kehrte auf die Straße zurück,
zögerte kurz und schüttelte dann die Faust in Richtung des davonbrummenden Lasters.
    »So etwas
sollte nicht zugelassen werden, verdammte Lkws, sitzen nur Flegel und Rowdies
am Steuer, haben keinen Respekt vor anderen Verkehrsteilnehmern, tja, ich sage
immer, ohne deine Blechkiste bist du auch nur ein einfacher Fußgänger, das sage
ich immer …«
    Er suchte nach
einem Übergang, kletterte an der Böschung hinauf, brachte einen niedrigen Zaun
hinter sich und erreichte den Fluß Uck.
    Der Postbote
vom Internationalen Expreßdienst klemmte sich das Paket unter den Arm und
wanderte am Ufer entlang.
    Einige Dutzend
Meter vor ihm saß ein junger, ganz in Weiß gekleideter Bursche; sonst war weit
und breit niemand zu sehen. Er hatte weißes Haar und blasse Wangen und starrte
so über den Fluß, als genieße er den Anblick. Sein Gesichtsausdruck …
Stellen Sie sich die typische Mimik eines Dichters der viktorianischen Romantik
vor, bevor der moderne Drogenmißbrauch begann. Bestimmt kommen Ihnen Ausdrücke
wie ›verträumt‹ und ›weggetreten‹ in den Sinn, nicht wahr?
    Die andächtige
Haltung des jungen Mannes erschien dem Kurier rätselhaft und unerklärlich. In
seiner Jugend (und so lange
lag sie eigentlich noch nicht zurück) hatten Angler mitten in der Nacht
aufstehen müssen, um sich einen Platz am Ufer zu sichern. Er erinnerte sich an
fröhlich spielende Kinder, an Liebespaare, die hierherkamen, um dem leisen
Gurgeln und Plätschern des Wassers zu lauschen, Händchen zu halten und den
Sussex-Sonnenuntergang zu beobachten. Der Postbote war hier ebenfalls spazieren
gegangen, zusammen mit seiner späteren Frau Maud. Sie hatten geschmust, und bei
einer denkwürdigen Gelegenheit durfte er sogar noch weit mehr.
    Die
Zeiten ändern sich eben, dachte er.
    Jetzt glitten
weißbraune Skulpturen aus Schaum und Schlick stromabwärts und bedeckten den
Fluß manchmal viele Meter weit. Wo sich noch die Wasseroberfläche zeigte,
glänzten bunte Ölschlieren.
    Einige Gänse
segelten heran. Sie hatten gerade einen langen anstrengenden Flug über den
Nordatlantik hinter sich und waren froh, wieder in England zu sein. Als sie das
schimmernde Wasser berührten, erwartete sie eine recht unangenehme
Überraschung: Sie gingen sofort unter.
    Manchmal
muß man sich wirklich fragen, wohin das alles führen soll, dachte der Postbote. Hier ist der
Uck, einst der schönste Fluß in diesem Teil der Welt. Und in nur wenigen Jahren
hat er sich in eine Kloake verwandelt. Schwäne sinken auf den Grund, die Fische
schwimmen oben. Wirklich komisch.
    Tja, der Fortschritt. Er
schreitet fort. Man kann ihn nicht aufhalten. Vielleicht erfindet man bald
Tauchermasken für Karpfen und Forellen.
    Er trat an den Mann in Weiß heran.
    »Bitte um
Entschuldigung. Heißen Sie zufällig Gips?«
    Der Mann in
Weiß nickte wortlos. Er blickte weiterhin über den Fluß und beobachtete eine
besonders eindrucksvolle Formation aus Schaum und Schlick.
    »Herrlich«, kam
es ihm von den (farblosen) Lippen. »Es ist einfach herrlich.«
    Einige Sekunden
lang fehlten dem Postboten die Worte. Dann aktivierten sich seine verbalen
Zusatzsysteme. »Komische Welt, nicht wahr, ich meine, es stimmt doch, oder, ich
stelle überall Post zu, verbrachte hier Kindheit und Jugend, bin auch im
Mittelmeer gewesen und sogar in Des O’Moines, das ist in Amerika, Sir, und
plötzlich finde ich mich in meiner Heimat wieder, und hier ist Ihr Paket, Sir.«
    Heißen-Sie-zufällig-Gips
nahm es entgegen, griff nach dem Klemmbrett und unterschrieb. Der
Kugelschreiber kleckste ein wenig, wodurch die Unterschrift unleserlich wurde.
Es war ein langes Wort, das mit einem ›U‹ begann. Dann kam der Tintenfleck. Man
konnte nur noch ein ›ver‹ erkennen und die letzte Silbe entziffern: ›ung‹.
    »Tausend Dank«,
sagte der Postbote.
    Er

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