Ein Hauch Vanille (German Edition)
Azurbläue.
„Das musst du dir unbedingt ansehen, Shane“, rief ich aufgeregt. Ich schaute
zurück, da sauste er auch schon an mir vorbei.
„Aha, der Herr hat gezaubert “, entlarvte ich ihn . Erst rannte ich
kurz hinter ihm, bis sich unsere Finger wie automatisch ineinander keilten und
wir gemeinsam auf einer Höhe, über das Feld der Riesenblüten jagten. Dabei
landeten wir immer inmitten einer Blüte und wirbelten dabei so viel Blütenstaub
auf, dass sich über meine gesamte Jeans ein gelber Film legte. Es duftete wie
im Blumenladen und ich kam mir vor wie Biene Maja im Intro der Serie. Auch wenn
es bei uns nicht annähernd so elegant aussah. Bei Maja war mir jedoch nie
aufgefallen, dass Blütenstaub so hartnäckig klebte, wie jetzt an uns und
unserer Kleidung. Während ich meine Haare schüttelte, versuchte Shane meine
Haut von den Pollen zu befreien, schließlich konnte ich ja so unmöglich vor die
Augen seiner Eltern treten.
Hoffentlich sind sie nicht allergisch, dachte ich noch, als wir bereits vor der
Tür seines Elternhauses standen und ich auf einem Dekorationsstein, vor der
Eingangstür im perfekt angelegten und gepflegten Blumenbeet, Willkommen bei
Livia & Ben Marten las. Ich suchte nach einem kleinen Stein mit Shanes
Namen darauf, doch ich fand keinen. Dabei hätte ich darauf gewettet, auch wenn
er nicht mehr hier wohnte.
Genau
in dem Moment, als ich den Finger auf die Klingel legen wollte, öffnete sich
bereits die Tür und eine viel jüngere Frau, als ich erwartet hatte, stand vor
uns. Sie war höchstens fünfundvierzig und blickte uns mit ihren funkelnden
Augen an und sprach mit lieblicher, freundlicher Stimme.
„Du musst Lilly sein!“ freute sie sich mich zu sehen. Sie schloss mich sofort
in ihre Arme und zog mich mit ins Haus, während Shane von hinten lachend
nachschob. Alles war sauber und gepflegt. Es roch nach frisch gewaschener
Wäsche, obwohl ich nirgends welche sehen konnte. Als ob sie auf uns gewartet
hätten, standen auf dem gedeckten Tisch Kuchen, Törtchen und süßes Gebäck.
Ein großer Mann mit dunklem Haar und kräftiger Statur stand vom Tisch auf,
begrüße mich ebenfalls und zwinkerte mir zu.
„Schön dass du da bist, Lilly. Endlich lernen wir dich mal kennen. Shane hat
schon so viel von dir erzählt“. Auch er umarmte mich herzlich. Alles war so
warm und freundlich. Am liebsten wäre ich gleich eingezogen. Warum war Shane
hier nur ausgezogen? Bei Michael hätte er sicher keinen Tag überlebt, fuhr es
mir durch den Kopf. So viel Aufmerksamkeit und Nettigkeit war mir schon fast
unangenehm und machte mich kurz misstrauisch. Was sie wohl damit bezwecken?
Konnte es sein, dass Jemand von Natur aus so freundlich ist? Endlich entließ
mich Shanes Vater wieder aus seiner Umarmung und ich konnte auch ihn begrüßen.
„Hallo Herr Marten, ich freue mich Sie kennenzulernen. Sie haben es wirklich
sehr schön hier.“
„Du kannst gerne Ben zu mir sagen“, lächelte er und Livia blies sofort ins
gleiche Horn. Ich lächelte höflich zurück und setzte mich mit ihnen an die Kaffeetafel,
dann wandte ich mich an Shane, der mir genau gegenüber saß.
„Was hast du denn von mir erzählt?“ fragte ich neugierig. Doch statt einer
Antwort, spitzte er nur den Mund zu einem Kuss und schmunzelte. Ich beobachtete
wie nett sie miteinander umgingen und fragte mich, ob so ein normales
Familienleben aussah. Jetzt bemerkte ich auch erst, dass Shane seiner gesamten
Familie bereits von mir erzählt hatte. Im Gegensatz zu mir. Meine Mutter wusste
nicht einmal, dass ich einen Freund hatte. Allerdings hatte mich Shane ja auch
oft genug darauf hingewiesen, dass ich nichts von seiner Welt erzählen durfte.
Ich hätte lügen und aufpassen müssen, was ich erzähle, was dann doch zu
anstrengend gewesen wäre. Außerdem hatte ich ja Robert, mit dem ich über alles
reden konnte, auch wenn ich es letztendlich dann doch nicht tat. Schließlich
war ein Freund zu haben für mich etwas völlig neues, mit dem ich erst einmal
selbst klar kommen musste.
Livia hatte gerade die Kaffeekanne in die Hand genommen, als sie mit den Augen
den Tisch nach etwas absuchte, während Ben bereits genüsslich in sein zweites
Törtchen biss. Jetzt bemerkte sie, dass etwas fehlte.
„Ach Shane, sei doch so lieb und hol noch schnell etwas Milch, die
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