Ein Hauch von Kirschblüten
hielt.
„Nun komm schon! Oder willst du
unsere gemeinsame Zeit im Fahrstuhl vertrödeln?“
Wie betäubt setzte Jan einen Fuß
vor den anderen. Er wusste selbst nicht genau, warum ihn dieser Körperkontakt
derart aus der Fassung brachte. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass
Tom ihn berührte, und es waren weitaus intimere Zärtlichkeiten darunter
gewesen.
Vor der Wohnungstür setzte er
endlich die beiden Einkaufstüten ab, zog den Schlüssel aus der Tasche und
reichte ihn mit zitternden Fingern Tom. Der sah ihn nun doch etwas verwundert
an.
„Was ist los mit dir?“
„Ich weiß es nicht. Mir ist ganz
komisch, als würde ich neben mir stehen.“
Tom schloss auf, stellte die
Einkaufstaschen im Flur ab, brachte Jan in die Küche und setzte ihn auf einen
Stuhl. Dann goss er ein Glas Wasser ein und drückte es ihm in die Hand. All das
nahm Jan wie durch einen Nebel war. Sein Herz pochte derartig schnell, dass er
den Schlag in den Ohren spürte. Das war doch nicht normal?
„Du machst mir Angst“, flüsterte
Tom und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Jan trank das Wasser in kleinen
Schlucken und horchte in sich hinein. Was war da gerade mit ihm geschehen? Es
konnte unmöglich Toms Zunge an seinem Hals oder dessen Erektion an seinem
Unterleib gewesen sein. So wunderschön das auch war – es war nichts Neues für
ihn.
Du nimmst mir den Schmerz , hörte Jan im Kopf Toms
geflüsterte Worte.
Er sah auf und verlor sich in
diesen wundervollen dunkelblauen Augen. In diesem Moment wusste er, was ihn so
aufwühlte. Es war die überwältigende Liebe, die er für diesen Mann empfand.
Ja, er wollte dessen Schmerz
stillen, den körperlichen wie auch den seelischen. Er wollte, dass Tom aufhörte
zu leiden, dass er seinen Frieden finden und zu sich selbst stehen konnte. Er
wollte, dass Tom diese Traurigkeit verlor.
Alles, alles würde er dafür tun.
Vielleicht hätte ihn dieses
Übermaß an Gefühlen ängstigen sollen, stattdessen breitete sich eine wohlige
Wärme in seinem Körper aus und der Herzschlag beruhigte sich.
„Ich möchte dich spüren, Tom.
Überall. Bis tief in meine Seele.“
Tom schluckte sichtlich
krampfhaft. „Bist du d…“
Jan legte ihm einen Finger auf
die Lippen. „Ich brauche dich!“
Tom nahm ihn bei der Hand, führte
ihn ins Schlafzimmer und zog ihn aus. Jedes Mal, sobald dessen Finger Jans Haut
berührten, durchrieselte ihn ein Schauer. Es war nicht ausschließlich Lust, die
ihn zum Zittern brachte, sondern Toms schiere Nähe, die Wärme, der
eindringliche Blick und dessen Duft. Dieser unvergleichliche Geruch, der Jan
bereits vor einem halben Jahr schwindlig gemacht hatte. Genau wie damals stieg
ihm dieses Aroma in die Nase und erfüllte seine Sinne.
Sie sprachen nicht.
Jedes Wort erschien Jan banal,
konnte nicht ausdrücken, was er empfand. Selbst das Wort Liebe war zu wenig. Er
hatte es schon einmal einem anderen Mann gesagt und damals nicht annähernd das
empfunden, was sich jetzt in seinem Herzen, in seinem ganzen Sein, ausbreitete.
Du bist alles für mich , dachte er und beobachtete Toms
Fingerspitzen, die unendlich sanft und langsam von seinem Bauchnabel aus über
die Brust streichelten. Sie glitten über das Schlüsselbein, den Hals hinauf und
legten sich unter das Kinn. Tom hob seinen Kopf an und sah ihm tief in die
Augen.
Jan schluckte, denn in diesen
dunkelblauen Seen spiegelte sich alles wider, was er fühlte. Flatternd
schlossen sich seine Lider, als Toms Lippen den seinen näher kamen.
„Sieh mich an“, flüsterte er.
Es fiel Jan schwer. Er wollte in
all den Gefühlen untergehen, sich hineinfallen lassen und nie wieder
auftauchen, doch er öffnete die Augen, und in diesem Moment trafen Toms Lippen
seine.
Hatte er einen Kuss je als so
verzehrend empfunden?
Tom war zunächst sanft, spielte
mit der Zunge, umschmeichelte die seine, saugte an ihr, drang wieder und wieder
in seinen Mund ein. Er schmeckte himmlisch. Jan krallte die Finger in dessen
Hemd, hielt sich an ihm fest und ließ seiner Gier freien Lauf. Mehr als einmal
entlockte er Tom ein ungehaltenes Knurren. Er bekam einfach nicht genug von
ihm. Alles war zu wenig und doch zu viel, um es zu ertragen.
Jan zerrte an Toms Sachen, wollte
dessen Haut spüren, Wärme, doch Tom umfasste seine Handgelenke, hielt ihn fest
und löste den Kuss. Verwirrung stieg in Jan auf. Wollte er ihn denn nicht?
Wollte Tom nicht auch seinen Körper spüren, ohne den lästigen Stoff dazwischen?
„Leg dich
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