Ein Hauch von Kirschblüten
brauchte, hätte ich besser wissen müssen, wie
schwer dir dieser Schritt fällt. Ich liebe dich über alles, Thomas, und ich
will mich nie wieder mit dir streiten. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Ich
werde an deiner Seite stehen, wenn es soweit ist.“
Tom küsste den Finger, den Jan
noch immer auf die Lippen presste. Plötzlich fand er sich in dessen Armen
wieder.
„Darf ich auch etwas dazu
sagen?“, fragte Tom und knabberte an seinem Hals.
Jan nickte und genoss die
neckenden Zärtlichkeiten.
„Als Erstes: Bitte nenn mich nicht
Thomas. Ich hasse diesen Namen.“
„Wieso?“
„Es ist der Name meines
Großvaters, ein tyrannischer, selbstgerechter Drecksack, den ich nicht
ausstehen kann.“
Jan grinste. „Also selbstgerecht
bist du auch, aber gut, mir gefällt Tom sowieso besser. Ich dachte immer, Tom
ist der Name für dein schwules Leben?“
„Ich weiß, ich habe durchaus
Eigenschaften, die nicht sehr sympathisch sind, aber schizophren bin ich nicht.
Ich mag Tom einfach lieber.“
Jan streichelte sanft Toms
stopplige Wange. Der Dreitagebart stand ihm gut. Verlangen, nach diesem schönen
Mann, wollte in ihm aufsteigen, doch sie mussten reden. Dass sie im Bett
harmonierten, wusste er.
„War das alles, was du sagen
wolltest?“
„Nein. Ich gebe zu, dass ich dich
tatsächlich aus einem Teil meines Lebens raushalte. Mir ist nicht entgangen,
dass du ein paar Seiten an mir ... nun sagen wir – abstoßend findest. Ich
bin der, den das Leben aus mir gemacht hat, und viele dieser Eigenschaften
machen mich im Geschäft erfolgreich. Ja, ich bin selbstgerecht, kompromisslos
und ehrgeizig. Ich kann ein arroganter Mistkerl sein und setze meine Ellenbogen
ein, um mich meinem Ziel näherzubringen. Du bist ein sanfter, warmherziger
Mensch voller Ideale, und ich erkenne das Entsetzen und die Abscheu in deinen
Augen, sobald du mich als Thomas Richter siehst. Aber so bin ich nun mal. Ich
habe in jeder Minute, die wir zusammen sind, versucht, dich all meine Liebe
spüren zu lassen. Sollte mir das nicht gelungen sein, tut es mir leid, Jan. Ich
kann nicht ändern, wer ich bin. Ich kann bloß darauf hoffen, dass du mich
liebst und mir meine Schwächen verzeihst.“
Jan standen Tränen in den Augen.
Heute war er mal wieder die Heulsuse schlechthin, aber es war ihm egal. Er
legte die Arme um Toms Nacken und zog ihn zu sich.
„Zugegeben, ich mag den
Geschäftsmann nicht sonderlich, aber ich will, dass es mit uns funktioniert.
Ich liebe dich und will nie wieder ohne dich sein. Das bedeutet dann wohl, dass
ich Thomas Richter kennenlernen muss. Schließ mich nicht aus. Bitte!“
„Ich bin noch nicht soweit, dass
wir gemeinsam auf ein Event gehen und uns als Paar präsentieren.“
„Das meine ich auch nicht. Ich
muss nicht Teil deiner Arbeit werden. Du könntest mir genauso wenig im
Operationssaal assistieren. Ich möchte einfach eine ganz normale Beziehung, mit
dir ins Kino gehen, Freunde besuchen, Weihnachten gemeinsam bei meinen Eltern
verbringen. Wenn ich mit Sören um die Häuser ziehe, denkt kein Mensch, wir
wären ein Liebespaar. Glaubst du wirklich, ich würde dich in der Öffentlichkeit
kompromittieren und küssen? Ich habe selbst kein Verlangen danach, mein Bild in
der Zeitung wiederzufinden. Als ich das Interview las, ist mir eins
klargeworden: Du schützt nicht nur deine Privatsphäre, indem du dich nicht
outest, sondern auch meine.“
Sie sahen sich lange tief in die
Augen. Da waren so viel Wärme und Liebe in Toms Blick, dass Jan alle Bedenken
in den hintersten Winkel verbannte. Er küsste ihn zärtlich und kuschelte sich
an Toms Brust.
„Und warum musstest du heute noch
mal ins Büro?“ Warum Jan diese Frage nicht schon am Nachmittag gestellt hatte,
wusste er selbst nicht. Er war einfach zu enttäuscht gewesen, dass Tom die
Firma wichtiger war, als ein Essen mit seinen Freunden.
„Wir hatten einen kompletten
Systemabsturz. Die meisten Daten haben wir zusätzlich auf externen Festplatten,
aber die letzten zwei Projekte sind verloren. Ein paar Vorarbeiten habe ich auf
meinem Laptop gespeichert. Die Abgabetermine sind nächste Woche und wir müssen
von vorn beginnen.“
Jan war klar, dass das bedeutete,
dass sie sich die nächsten Tage nicht sehen würden. Noch vor ein paar Stunden
hätte die Enttäuschung darüber überwogen, er sich selbst bemitleidet und keinen
Gedanken daran verschwendet, wie viel Arbeit Tom investiert hatte und noch
einmal würde investieren müssen. Er war wirklich ein
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