Ein Hauch von Moder
Hartford Ihnen das angetan, Sir James? Bitte, sagen Sie es mir. War Hartford hier?«
»Ich weiß es nicht…«
»Wo ist Glenda?«
Der Superintendent schaute auf. Er flüsterte den Namen nach und versuchte, sich zu erinnern. »Ich kann es nicht sagen. Nie gesehen, nie gehört. Baphometh, Templer… sie werden kommen. Sie haben ihre Gräber verlassen. Sic werden in die Stadt reiten und uns zu den ihrigen machen. Ich warte auf sie. Ich will sie empfangen…«
»Wann kommen die Loten?« fragte Suko.
»In der Nacht. Die Dunkelheit. Ich habe mit ihnen gesprochen. Ich spüre ihre Geister. Sie dringen ein, sie ergreifen von uns Besitz. Sie übernehmen uns…«
Suko suchte verzweifelt nach einem Plan, wie er das große Unheil von Sir James abwenden konnte. Er mußte ihn in Sicherheit bringen, aber wo sollte er das in diesem Ort tun? Wo gab es das Versteck, das keiner der lebenden Templer-Toten fand?
Er hatte keine Ahnung.
Bisher kannte er nur den Gasthof und den Keller, in dem sich die Familie aufhielt. Ansonsten hatte er niemandem einen Besuch abgestattet. Während er noch nachdachte, hörte er ein bekanntes Geräusch. Es wehte durch die Stille und näherte sich vom Ortseingang. Zwei helle Augen tanzten in der Finsternis. Blasses Licht streifte die Straße, zwei Scheinwerfer.
War das eine Hilfe?
Suko schaute noch einmal auf seinen Chef und entschied sich dafür, ihn allein zu lassen. Auch als er seine Hand von Sir James löste und auf die Straße trat, traf der Superintendent keinerlei Anstalten, ihm zu folgen. Er blieb, wo er stand.
Nach Einfahrt in den Ort hatte der Wagen sein Tempo verlangsamt. Der Fahrer hatte den Inspektor bereits gesehen, der auf der Straßenmitte stand und mit beiden Armen winkte.
Für einen Moment umstrahlte das Fernlicht den Chinesen, dann verschwand es wieder. Suko konnte erkennen, daß es sich um einen schweren Bentley handelte.
Mitten auf der Fahrbahn kam er zum Stehen. Die Scheinwerfer erloschen, eine Tür am Fond wurde von innen her aufgedrückt, wie auch die an der Fahrerseite.
Zwei Personen verließen das Fahrzeug.
Ein Mann und eine Frau.
Die Frau kannte Suko nicht, dafür den Mann, der trotz seines hohen Alters noch hochaufgerichtet daherschritt.
Es war Morton F. Hartford!
***
Die Überraschungen rissen einfach nicht ab. Suko stand da und schüttelte den Kopf. Er schaute zu, wie die Frau - sie mochte ungefähr 40 sein - ihren Arm in die Ellbogenbeuge des alten Mannes legte und ihn führen wollte.
»Laß das, Diana, ich kann allein gehen.«
»Aber…«
»Nein, keine Widerrede!«
Suko hatte sich noch nicht eingemischt. Er beobachtete die beiden. Die Frau war sehr attraktiv. Sie trug ein grünes, eng geschnittenes Reisekostüm. Ihre Haare glichen einer blauschwarzen Flut, die den Kopf umgaben wie ein Meer. In der Düsternis wirkte das Gesicht etwas blaß. Möglicherweise war es auch so bleich geschminkt. Genaueres konnte Suko nicht erkennen.
»Da sind Sie ja!« sagte Hartford. Er lachte leise. »Ich hatte mir gedacht, Sie hier zu treffen. Wo ist Ihr Kollege?«
»Wahrscheinlich schon auf Hartford Castle.« Morton schluckte. »Dann hat er der Totengruft einen Besuch abgestattet?«
»Damit rechne ich!«
Der alte Mann atmete tief ein. Dabei strich er über sein schlohweißes Haar und drehte sich auf der Stelle. »Wenn ich mich hier umschaue, kommt es mir vor, als wäre der Ort ausgestorben, von den Bewohnern verlassen, einfach tot. Habe ich recht?«
»Fast, Sir.«
»Erklären Sie das, Inspektor.«
»Die Bewohner sind noch da, aber sie halten sich in ihren Kellern versteckt. Das nicht ohne Grund, denn sie haben bereits Besuch bekommen. Sie waren da, verstehen Sie?«
»Wer war hier?«
»Die Verdammten der Totengruft. Sie sind in den Ort gekommen und haben den Bewohnern die Seele geraubt. Sie sind dabei, die Menschen zu Marionetten des Teufels zu machen. Ein Templer-Teufel namens Basil Hartford. Ihr Sohn, der aus seinem Sarg geklettert ist, hat das Kommando übernommen. Beim Yard hat es nicht ganz geklappt, sich als neuer Kollege einzuschleichen. Hier macht er weiter, vielmehr versucht er es. Und er hat bereits Erfolge errungen, wie wir leider haben sehen können. Die Menschen kommen vor Angst um.«
Der alte Mann nickte. »Mein Sohn«, sagte er mit leiser Stimme. »Ein Toter, der lebt. Und neben mir steht seine Witwe. Kann man das begreifen? Ich schaffe es nicht.«
Suko schaute die Frau an, die einen kleinen Schritt vorging. »Ja, ich bin Diana Hartford.« Ihre Stimme
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