Ein Hauch von Schnee und Asche
aufsetzte, und erzählte ihr alles, was geschehen war. Er stützte den Kopf auf seine Hände und starrte auf die abgenutzte Tischplatte mit ihren vertrauten Flecken und Brandnarben.
»Ich habe die ganze Zeit gedacht, es müsste doch eine Möglichkeit geben. Aber es gab keine. Noch während ich … ihr meine Hand auf das Gesicht gelegt habe… war ich mir sicher, dass dies nicht die Wirklichkeit war. Doch gleichzeitig -« Jetzt setzte er sich gerade hin und sah seine Handflächen an. Gleichzeitig war es die eindringlichste Erfahrung seines ganzen Lebens gewesen. Er konnte es nicht ertragen, daran zu denken, und wenn doch, dann höchstens sehr flüchtig. Aber er wusste, dass er nie das kleinste Detail vergessen würde. Unvermittelt verschloss sich seine Kehle wieder.
Brianna sah ihm suchend ins Gesicht, sah, wie sich seine Hand über die wulstige Stricknarbe an seinem Hals legte.
»Bekommst du noch Luft?«, fragte sie ängstlich. Er schüttelte den Kopf, aber es stimmte nicht; irgendwie atmete er, obwohl es sich anfühlte, als hätte eine Riesenhand ihm die Kehle zerquetscht und Speise- und Luftröhre zu blutigem Brei zermalmt.
Er wedelte mit der Hand, um anzudeuten, dass es schon gehen würde, so sehr er es auch selbst bezweifelte. Sie trat hinter seinen Rücken, zog seine Hand von seinem Hals fort und legte ihre Finger ganz sacht auf die Narbe.
»Alles wird gut«, sagte sie leise. »Du musst nur atmen. Nicht nachdenken. Nur atmen.«
Ihre Finger waren kalt, und ihre Hände rochen nach Erde. Er hatte Wasser in den Augen. Er kniff sie zusammen, weil er das Zimmer sehen wollte, den Kamin und die Kerze, das Geschirr und den Webstuhl, um sich davon zu überzeugen, wo er war. Ein warmer Tropfen rollte ihm über die Wange.
Er versuchte, ihr zu sagen, dass es schon gut war, dass er nicht weinte, doch sie drückte ihn nur fester an sich, legte einen Arm um seine Brust, während die andere Hand weiter kühl auf dem schmerzenden Knoten in seiner Kehle lag. Ihre Brüste drückten sich weich an seinen Rücken, und er konnte ihr Summen eher spüren, als dass er es hörte, jenes leise, tonlose Geräusch, das sie machte, wenn sie nervös war oder sich sehr stark konzentrierte.
Schließlich begann der Krampf nachzulassen, und das Erstickungsgefühl verschwand. Seine Brust füllte sich mit der unglaublichen Erleichterung ungehinderten Atmens, und sie ließ ihn los.
»Was … gräbst du … denn da eigentlich?«, fragte er schon viel weniger angestrengt. Er sah sich nach ihr um und lächelte, was schon schwieriger war. »Eine Bar … becuegrube für ein Nilpferd?«
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, obwohl die Sorge ihre Augen noch verdunkelte.
»Nein«, sagte sie. »Es ist ein Murmeltierbrennofen.«
Er versuchte kurz, sich eine schlagfertige Erwiderung auszudenken, dass es doch ein ziemlich großes Loch als Falle für so etwas Kleines wie ein Murmeltier sei, doch er schaffte es nicht.
»Oh«, sagte er stattdessen.
Er nahm den Becher mit heißem Tee, den sie ihm in die Hand gab, und hielt ihn an sein Gesicht, so dass ihm der duftende Dampf die Nase wärmen und sich an der kalten Haut seiner Wangen niederschlagen konnte.
Brianna goss sich ebenfalls einen Becher ein und setzte sich ihm gegenüber.
»Ich bin froh, dass du zu Hause bist«, sagte sie leise.
»Ja. Ich auch.« Er nippte probeweise; der Tee war noch kochend heiß. »Ein Brennofen?« Er hatte ihr von den O’Brians erzählt; er hatte es gemusst, aber er wollte nicht darüber reden. Nicht jetzt. Sie schien das zu spüren und bedrängte ihn nicht.
»Mm-hm. Für das Wasser.« Er musste ein verwirrtes Gesicht gezogen haben, denn ihr Lächeln verbreiterte sich. »Ich habe dir doch gesagt, dass es unter anderem Erdarbeiten gibt, oder nicht? Außerdem war es deine Idee.«
»Ach ja?« Derzeit konnte ihn so gut wie nichts überraschen, doch er konnte sich nicht erinnern, schlaue Ideen gehabt zu haben, die etwas mit Wasser zu tun gehabt hatten.
Wenn man Wasser in die Häuser bringen wollte, war der Transport das Problem. Der Himmel wusste, dass es nicht an Wasser mangelte; es strömte in Bächen dahin, stürzte als Wasserfall in die Tiefe, tropfte von Klippen, entsprang aus Quellen, sammelte sich in sumpfigen Pfützen am Fuß der Felsen … aber um es dahin zu dirigieren, wo man es haben wollte, musste man es irgendwie einfangen.
»Mr. Wemyss hat Fräulein Berrisch – das ist seine Freundin; Ute hat sie verkuppelt – erzählt, was ich vorhabe, und sie hat ihm
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