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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Frank hatte normalerweise eine Engelsgeduld mit Brianna – wenn auch nicht mit mir -, aber bei dieser Gelegenheit hatte sein Wutgebrüll die Fensterscheiben beben lassen.
    Und jetzt, da ich mich daran erinnerte, hatte ich in meiner an Hysterie grenzenden Wut einen Fleischkloß nach ihm geworfen. Brianna ebenfalls, obwohl sie es nicht aus Rachsucht getan hatte, sondern weil sie es lustig fand. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt am Herd gestanden, wäre es gut möglich gewesen, dass ich mit dem Topf nach ihm geworfen hätte. Ich rieb mir mit dem Finger unter der Nase entlang und war mir nicht sicher, ob ich diese Erinnerung bedauern oder darüber lachen sollte. Ich hatte die Flecken nie wieder aus dem Teppich bekommen.
    Es war schade, dass ich diese Erinnerung nicht mit Marsali teilen konnte, da sie weder Spaghetti noch Aktentaschen kannte und auch keine Ahnung von Franks Existenz hatte. Sie hielt den Blick nach wie vor zu Boden gerichtet und schob mit dem Zeh Eichenblätter hin und her.

    »Es war wirklich alles meine Schuld«, sagte sie und biss sich auf die Lippe.
    »Nein, das stimmt nicht.« Ich drückte ihr beruhigend den Arm. »An solchen Dingen ist niemand Schuld; Unfälle passieren nun einmal, und dann regt man sich auf… Aber am Ende wird alles gut.« So war es tatsächlich, dachte ich – wenn auch oft nicht so, wie man es erwartete.
    Sie nickte, doch der Schatten lag weiter über ihrem Gesicht, und sie hatte die Unterlippe eingeklemmt.
    »Aye, es ist nur…«, begann sie, dann brach sie ab.
    Ich saß geduldig da, sorgsam darauf bedacht, sie nicht zu bedrängen. Sie wollte – musste – reden. Und ich musste es hören, bevor ich entschied, was – oder ob überhaupt – ich Jamie sagen sollte. Irgendetwas ging zwischen ihr und Fergus vor, das war sicher.
    »Ich … ich habe gerade noch daran gedacht, beim Schaufeln. Ich hätte es nicht getan, glaube ich, es hat mich nur so sehr daran erinnert, wie… ich habe mich nur wieder genauso gefühlt …«
    »Genau wie?«, fragte ich, als klar war, dass sie ihre Erzählung abgebrochen hatte.
    »Ich habe die Milch verschüttet«, sagte sie, und es kam fast wie ein Wort heraus. »Als ich noch klein war. Ich hatte Hunger und habe die Hand nach dem Krug ausgestreckt, um ihn zu mir zu ziehen, und ihn verschüttet.«
    »Oh?«
    »Aye. Und er hat geschrien.« Sie zog ein wenig die Schultern hoch, als erinnerte sie sich an einen Schlag.
    »Wer hat geschrien?«
    »Ich weiß es nicht genau. Kann sein, dass es mein Vater war, Hugh – aber es kann auch Simon gewesen sein, Mamas zweiter Mann. Ich kann mich nicht genau erinnern – nur daran, dass ich solche Angst hatte, dass ich mir ins Hemd gemacht habe, und das hat ihn noch wütender gemacht.« Ihr Gesicht stand in roten Flammen, und sie verkrampfte beschämt die Zehen.
    »Meine Mutter hat geweint, weil es alles war, was wir zu essen hatten, etwas Brot und Milch, und jetzt war die Milch nicht mehr da – aber er hat geschrien, er könnte den Lärm nicht ertragen, denn inzwischen haben Joan und ich beide geheult … Und dann hat er mich geohrfeigt, und Mama ist blind auf ihn losgegangen, und er hat sie geschubst, so dass sie gegen den Kamin gefallen ist und sich das Gesicht am Schornstein gestoßen hat – ich konnte das Blut aus ihrer Nase laufen sehen.«
    Sie zog die Nase hoch, fuhr mit dem Handrücken darunter entlang und blinzelte, den Blick fest auf das Laub gerichtet.
    »Dann ist er hinausgestampft, hat die Tür zugeschlagen, und Joanie und ich sind beide zu Mama gerannt und haben aus voller Kehle gebrüllt, weil wir dachten, sie ist tot … Aber sie hat sich auf Hände und Knie hochgerappelt und uns gesagt, es sei gut, alles würde wieder gut – und sie ist hin und her geschwankt, ihre Haube war heruntergefallen, und blutiger Schleim
triefte ihr aus dem Gesicht auf den Boden… Das hatte ich vergessen. Aber als Fergus angefangen hat, die arme kleine Joanie anzuschreien … war es, als wäre er Simon. Oder vielleicht Hugh. Er , wer immer es war.« Sie schloss die Augen, stieß einen tiefen Seufzer aus und beugte sich vor, so dass ihre Arme die Bürde ihrer Schwangerschaft wiegten.
    Ich streckte die Hand aus und strich ihr die feuchten Haarsträhnen aus dem Gesicht, aus der runden Stirn.
    »Deine Mutter fehlt dir, nicht wahr?«, sagte ich leise. Zum ersten Mal empfand ich ein wenig Mitgefühl mit ihrer Mutter Laoghaire, nicht nur mit Marsali.
    »Oh, aye«, sagte Marsali schlicht. »Schrecklich.« Sie seufzte noch einmal,

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