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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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als den Whiskyanteil, den Jamie ihr dafür gab, dass sie nach der Gerste sah – und dieser war schon viel wert.
    Brianna hatte mir erzählt, dass Roger sich ritterlicherweise angeboten hatte, Fergus anzusprechen, doch ich hielt es für besser, mich erst mit Marsali zu unterhalten, nur um herauszufinden, was wirklich vor sich ging.
    Was sagte ich am besten?, fragte ich mich. Ein unverblümtes Wirst du von Fergus verprügelt? Irgendwie konnte ich das nicht glauben, obwohl – oder womöglich gerade, weil – ich mich sehr gut in Notaufnahmen auskannte, die mit den Überbleibseln häuslicher Dispute gefüllt waren.
    Nicht, dass ich nicht glaubte, dass Fergus zu Gewalttätigkeiten imstande war; er war seit Kindesbeinen mit körperlicher Gewalt vertraut, und während des Aufstandes und seiner Nachwehen unter Highlandern aufzuwachsen,
sensibilierte einen jungen Mann nicht unbedingt für die Vorzüge der Friedfertigkeit. Andererseits war Jenny Murray an seiner Erziehung beteiligt gewesen.
    Ich versuchte mir – vergeblich – vorzustellen, wie irgendein Mann, der länger als eine Woche mit Jamies Schwester zusammengelebt hatte, je die Hand gegen eine Frau erhob. Außerdem wusste ich durch persönliche Beobachtung, dass Fergus ein sehr liebevoller Vater war, und normalerweise strahlte er im Umgang mit Marsali eine Unbeschwertheit aus, die -
    Über mir brach plötzlich Tumult aus. Bevor ich auch nur den Blick heben konnte, krachte etwas Großes in einer Wolke aus Staub und abgestorbenen Kiefernnadeln durch die Äste. Ich sprang zurück und riss instinktiv den Korb zu meiner Verteidigung hoch – doch im selben Moment begriff ich, dass ich gar nicht attackiert wurde. Germain lag vor mir auf dem Weg auf dem Bauch und rang mit vorquellenden Augen nach Atem, denn der war ihm vergangen.
    »Was in aller Welt …«, begann ich ziemlich aufgebracht. Dann sah ich, dass er etwas an seine Brust geklammert hielt; ein spätes Nest, gefüllt mit einem Gelege aus vier grünlichen Eiern. Wundersamerweise war es ihm gelungen, sie bei seinem Sturz nicht zu zerbrechen.
    »Für Maman«, röchelte er und grinste zu mir auf.
    » Sehr schön«, sagte ich. Ich hatte genügend Umgang mit jungen männlichen Wesen – nun, eigentlich jeden Alters; sie waren alle so -, um die völlige Vergeblichkeit jeden Tadels in einer solchen Situation zu begreifen, und da weder die Eier noch seine Beine zu Schaden gekommen waren, nahm ich einfach nur das Nest an mich und hielt es fest, während er nach Luft japste und mein Herzschlag wieder seine normale Geschwindigkeit aufnahm.
    Als er sich erholt hatte, rappelte er sich hoch, ohne den Schmutz, das Harz und die abgebrochenen Kiefernnadeln zu beachten, die ihn von Kopf bis Fuß bedeckten.
    »Maman ist im Schuppen«, sagte er und streckte die Hände nach seinem Schatz aus. »Kommst du mit, Grand-mère?«
    »Ja. Wo sind deine Schwestern?«, fragte ich argwöhnisch. »Solltest du nicht auf sie aufpassen?«
    »Non« , sagte er hochmütig. »Sie sind zu Hause; da gehören Frauen hin.«
    »Ach wirklich? Und wer hat dir das erzählt?«
    »Hab ich vergessen.« Vollständig erholt hüpfte er vor mir her und sang ein Lied, dessen Refrain »Na tuit, na tuit, na tuit, Germain!« zu lauten schien.
    Marsali war in der Tat auf der Whiskylichtung; ihre Haube, ihr Umhang und ihr Kleid hingen an einem Ast der Persimone, deren Laub jetzt gelb war, und ein Keramiktopf voller Kohlen stand rauchend bereit.
    Der Malzboden war jetzt von richtigen Wänden eingeschlossen, so dass ein Schuppen entstanden war, in dem das feuchte Gerstenkorn aufgehäuft
werden konnte, um zunächst zu keimen und dann sanft auf sehr kleiner Flamme, die unter dem Boden brannte, geröstet zu werden. Asche und Holzkohle waren ausgefegt worden, und im Zwischenraum unter dem Stelzenboden lag Eichenholz für ein neues Feuer verteilt, doch es war noch nicht angezündet. Selbst ohne Feuer war es warm im Schuppen; ich spürte es schon aus einigem Abstand. Das keimende Korn strahlte eine solche Hitze ab, dass der Schuppen förmlich glühte.
    Von innen kam rhythmisches Rascheln und Schaben; Marsali war dabei, das Korn mit einer Holzschaufel zu wenden, um sicherzugehen, dass es gleichmäßig verteilt war, bevor sie das Mälzfeuer anzündete. Die Tür des Schuppens war offen, doch natürlich hatte er keine Fenster; aus der Entfernung konnte ich nur einen verschwommenen Schatten sehen, der sich darin bewegte.
    Das Rascheln der Gerstenkörner hatte unsere Schritte übertönt;

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