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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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und ich glaubte ihm. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass die Erwähnung ihres Namens eine ganze Reihe von Bildern heraufbeschwor – angefangen damit, dass Jamie sie leidenschaftlich in einem Alkoven der Burg Leoch küsste, bis dahin, dass er sich in der Dunkelheit ihres Ehebetts unter ihrem Nachthemd vortastete, seine Hände warm und begierig auf ihren Oberschenkeln -, die mich wie einen Orca prusten und mir das Blut in den Schläfen hämmern ließ.

    Vielleicht, so besann ich mich, war ich ja einfach kein besonders edelmütiger Mensch. Gelegentlich sogar ziemlich kleinmütig und nachtragend.
    Dieser Anfall von Selbstkritik wurde durch das Geräusch von Stimmen und Bewegung draußen abrupt beendet. Ich trat an die Tür des Schuppens und blinzelte ins blendende Licht der Nachmittagssonne.
    Ich konnte weder ihre Gesichter sehen, noch mit Sicherheit sagen, wie viele es waren. Einige waren zu Pferd, andere zu Fuß, schwarze Scherenschnitte vor dem Hintergrund der sinkenden Sonne. Aus dem Augenwinkel fing ich eine Bewegung auf; Marsali war aufgestanden und kam langsam rückwärts auf den Schuppen zu.
    »Wer seid Ihr, meine Herren?«, sagte sie mit erhobenem Kinn.
    »Durstige Reisende, Mistress«, sagte eine der schwarzen Gestalten und trieb ihr Pferd vor die anderen. »Auf der Suche nach Gastfreundschaft.«
    Die Worte waren ganz höflich; die Stimme war es nicht. Ich trat aus dem Schuppen, die Schaufel immer noch fest umklammert.
    »Willkommen«, sagte ich und gab mir keine Mühe, den Anschein zu erwecken, als meinte ich es ernst. »Bleibt, wo Ihr seid, Gentlemen; wir bringen Euch gern etwas zu trinken. Marsali, kannst du das Fass holen?«
    Wir bewahrten ein kleines Whiskyfass für genau solche Gelegenheiten in der Nähe auf. Mein Herzschlag dröhnte mir laut in den Ohren, und ich hielt den Holzstiel der Schaufel so fest umklammert, dass ich die Maserung des Holzes spüren konnte.
    So viele Fremde auf einmal waren in den Bergen ein ungewöhnlicher Anblick. Dann und wann sahen wir eine Gruppe Cherokee auf der Jagd – doch diese Männer waren keine Indianer.
    »Macht Euch keine Mühe, Mistress«, sagte ein anderer Mann und schwang sich vom Pferd. »Ich helfe ihr, es zu holen. Ich glaube allerdings, dass wir mehr als ein Fass brauchen werden.«
    Die Stimme war die eines Engländers, und sie kam mir seltsam bekannt vor. Kein kultivierter Akzent, aber eine sorgfältige Aussprache.
    »Wir haben nur ein Fass fertig«, sagte ich, während ich mich langsam seitwärts bewegte, ohne den Wortführer aus den Augen zu lassen. Er war nicht groß und sehr schlank, und seine Bewegungen waren steif und ruckartig wie die einer Marionette.
    Er bewegte sich auf mich zu; die anderen folgten seinem Beispiel. Marsali hatte den Holzstapel erreicht und tastete hinter den Eichen- und Hickoryscheiten herum. Ich konnte ihren Atem rau in ihrer Kehle hören. Unter dem Holz war das Fass versteckt. Neben dem Stapel, das wusste ich, lag auch eine Axt.
    »Marsali«, sagte ich. »Bleib da. Ich komme und helfe dir.«
    Eine Axt war eine bessere Waffe als eine Schaufel – aber zwei Frauen gegen … wie viele Männer? Zehn … ein Dutzend … mehr? Ich kniff die Augen zu, die von der Sonne tränten, und sah noch ein paar aus dem Wald kommen.
Diese konnte ich klar erkennen; einer von ihnen grinste mich an, und ich musste mich zwingen, den Blick nicht abzuwenden. Sein Grinsen wurde breiter.
    Der klein gewachsene Mann kam ebenfalls näher. Ich beobachtete ihn, und ein Kribbeln sagte mir, dass ich ihn kannte. Ich kannte ihn; ich hatte ihn schon einmal gesehen – und doch konnte ich seinen Pausbacken und seiner schmalen Stirn keinen Namen zuordnen.
    Er stank penetrant nach längst getrocknetem Schweiß, nach in die Haut geriebenem Schmutz und nach Urintropfen; sie alle stanken so, und ihre Ausdünstung trieb auf dem Wind dahin wie der Wildgestank der Wiesel.
    Er sah, dass ich ihn erkannte; seine dünnen Lippen pressten sich kurz zusammen, dann entspannten sie sich.
    »Mrs. Fraser«, sagte er, und mein dumpfes Gefühl verschärfte sich abrupt, als ich den Ausdruck in seinen kleinen, schlauen Augen sah.
    »Ich fürchte, ich kann Euch nicht ganz folgen, Sir«, sagte ich und setzte meine wagemutigste Miene auf. »Sind wir uns schon einmal begegnet?«
    Er gab keine Antwort. Einer seiner Mundwinkel verzog sich nach oben, doch dann wurde er durch die beiden Männer abgelenkt, die sich nach vorn gestürzt hatten, um das Fass an sich zu nehmen, das Marsali

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