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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Moskitos, und der sanfte Morgenwind liebkoste mein Gesicht. Dies war definitiv einer jener Anblicke, in denen der Mensch der einzige Makel war.
    Der Morgen verstrich einigermaßen ruhig, doch ich war mir einer beständigen Anspannung unter den Männern bewusst – wenn sie auch nicht größer war als die meine.
    Jamie Fraser, wo bist du? , dachte ich und zwang mich, mich auf den Wald zu konzentrieren, der uns umgab. Jedes ferne Rascheln oder Knacken eines Zweiges konnte Rettung verheißen, und langsam fransten meine Nerven in dieser erwartungsvollen Anspannung aus.
    Wo? Wann? Wie? Ich hatte weder die Zügel in der Hand noch besaß ich eine Waffe; falls es einen Angriff auf die Gruppe gab, war meine beste – nun, die einzig mögliche – Strategie, mich vom Pferd zu werfen und davonzulaufen. Ich betrachtete im Vorbeireiten abschätzend jedes Zaubernussgebüsch und jede Fichtengruppe, um nach den gangbarsten Stellen Ausschau zu halten und mir einen Zickzackweg zwischen den Schösslingen und Felsbrocken hindurch zurechtzulegen.
    Es war nicht nur ein Angriff Jamies und seiner Männer, auf den ich mich vorbereitete; ich konnte Lionel Brown zwar nicht sehen, aber ich wusste, dass er irgendwo in der Nähe war. Ein Punkt zwischen meinen Schulterblättern verkrampfte sich zu einem Knoten, stets in Erwartung eines Messers.
    Ich hielt Ausschau nach möglichen Waffen: Steine von brauchbarer Größe, Äste, die ich eventuell vom Boden aufheben konnte. Wenn ich einmal auf der Flucht war, hatte ich nicht vor, mich von irgendjemandem aufhalten zu lassen. Doch wir eilten zügig voran, so schnell es der Boden den Pferden erlaubte, und die Männer sahen sich ständig um, die Hände auf ihren Pistolen. Was mich anging, so war ich gezwungen, jede denkbare Waffe wieder zu verwerfen, weil sie alle an mir vorbeiglitten und ich sie aus den Augen verlor.
    Zu meiner immensen Enttäuschung erreichten wir die Klamm gegen Mittag ohne jeden Zwischenfall.
    Ich hatte die Klamm schon einmal mit Jamie besucht. Der Katarakt stürzte zwanzig Meter tief über eine Granitklippe, voller glitzernder Regenbogen,
tosend wie die Stimme des Erzengels Michael. Farnwedel säumten den Wasserfall, und jenseits des Auffangbeckens hing so dicht über dem Fluss, dass zwischen der üppigen Ufervegetation nur dann und wann ein flüchtiger Blick auf das Wasser möglich war. Doch Hodgepile hatte sich natürlich nicht von der landschaftlichen Schönheit dieser Stelle anlocken lassen.
    »Absteigen.« Eine schroffe Stimme erklang an meiner Seite, und als ich hinabsah, stand Tebbe dort. »Wir schwimmen mit den Pferden hinüber. Ihr kommt mit mir.«
    »Ich nehme sie mit.« Das Herz hüpfte mir in die Kehle, als eine belegte, näselnde Stimme erklang. Es war Lionel Brown, der sich an einer im Weg hängenden Schlingpflanze vorbeischob, die dunklen Augen gebannt auf mich gerichtet.
    »Nicht Ihr.« Tebbe baute sich mit geballter Faust vor Brown auf.
    »Nicht Ihr«, wiederholte ich mit Nachdruck. »Ich gehe mit ihm.« Ich ließ mich vom Pferd gleiten, suchte sofort Schutz hinter der bedrohlichen Gestalt des Mulatten und spähte Brown unter dem Arm des kräftigeren Mannes hindurch an.
    Ich machte mir nicht die geringsten Illusionen in Bezug auf Browns Absichten. Er würde es nicht riskieren, mich vor Hodgepiles Augen umzubringen, doch er konnte – und würde – mich ohne jedes Problem ertränken und behaupten, es sei ein Unfall gewesen. Zwar war der Fluss hier nicht tief, aber er floss trotzdem schnell; ich konnte ihn in Ufernähe an den Felsen vorbeirauschen hören.
    Browns Blick huschte nach rechts, dann nach links, während er überlegte, ob er es versuchen sollte – doch Tebbe richtete seine kräftigen Schultern auf, und Brown gab es als zwecklos auf. Er schnaubte verächtlich, spuckte zur Seite und stampfte ästeknackend davon.
    Vielleicht würde die Gelegenheit nie wieder so gut sein. Ohne abzuwarten, bis Browns schmollender Abgang nicht mehr zu hören war, legte ich dem kräftigen Mann eine Hand auf den Ellbogen und drückte ihm den Arm.
    »Danke«, sagte ich leise. »Für gestern Abend. Seid Ihr schlimm verletzt?«
    Er blickte zu mir herab, und der Argwohn stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Meine Berührung brachte ihn aus der Fassung; ich konnte die Anspannung in seinem Arm spüren, während er überlegte, ob er ihn wegziehen sollte oder nicht.
    »Nein«, sagte er schließlich. »Ich habe nichts.« Er zögerte einen Moment, doch dann lächelte er, wenn auch

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