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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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unsicher.
    Es war klar, was Hodgepile vorhatte; die Pferde wurden einzeln einen schmalen Wildpfad hinabgeführt, der am Rand der Klippe entlanglief. Wir befanden uns über eine Meile vom Wasserfall entfernt, doch sein Lärmen war trotzdem deutlich zu hören. Die steilen Wände der Klamm senkten sich fast zwanzig Meter tief zum Wasser hinab, und das gegenüberliegende Ufer war genauso steil und überwuchert.

    Ein dichter Saum aus Büschen verbarg den Uferrand, doch ich konnte sehen, dass sich der Fluss hier verbreiterte und verlangsamte, während er gleichzeitig an Tiefe verlor. Da es hier keine gefährliche Strömung gab, konnte man die Pferde flussabwärts führen und das Wasser an einem beliebigen Punkt am anderen Ufer verlassen. Wenn es jemandem gelungen war, unsere Spur bis zur Klamm zu verfolgen, würde er sie hier verlieren und große Schwierigkeiten haben, sie auf der anderen Seite wieder aufzunehmen.
    Ich musste mich zwingen, mich nicht umzusehen und nach Anzeichen für eine direkte Verfolgung zu suchen. Mein Herz schlug schnell. Wenn Jamie in der Nähe war, würde er warten und die Bande angreifen, wenn sie das Wasser betrat und am verletzlichsten war. Selbst wenn er noch nicht in der Nähe war, würde es bei der Flussüberquerung nicht geordnet zugehen. Wenn es überhaupt einen guten Zeitpunkt für einen Fluchtversuch gab …
    »Ihr solltet nicht mit ihnen gehen«, sagte ich wie beiläufig zu Tebbe. »Ihr werdet auch sterben.«
    Der Arm unter meiner Hand zuckte heftig. Er sah mit weit aufgerissenen Augen zu mir herunter. Das Weiße seiner Augen war von der Gelbsucht verfärbt, und seine Regenbogenhäute waren aufgeplatzt, so dass sein Blick ein seltsames, fleckiges Starren war.
    »Ich habe ihm nämlich die Wahrheit gesagt.« Ich wies mit erhobenem Kinn auf Hodgepile, den ich in einiger Entfernung sehen konnte. »Er wird sterben. All seine Begleiter ebenso. Aber Euch muss nicht unbedingt das Gleiche passieren.«
    Er murmelte etwas vor sich hin und presste eine Faust an seine Brust. Er hatte etwas unter seinem Hemd an einem Riemen hängen. Ich wusste nicht, ob es ein Kreuz oder eher ein heidnisches Amulett war, aber bis jetzt schien er auf meinen Hinweis gut zu reagieren.
    So dicht am Fluss war die Luft sehr feucht und vom Duft grüner Pflanzen und dem Aroma des Wassers erfüllt.
    »Das Wasser ist mein Freund«, sagte ich und versuchte, mir eine mysteriöse Ausstrahlung zu verleihen, die einer Zauberin würdig war. Ich war keine gute Lügnerin, aber ich log schließlich um mein Leben. »Wenn wir ins Wasser gehen, lasst mich los. Ein Wasserpferd wird aufsteigen, um mich davonzutragen.«
    Seine Augen konnten nicht mehr größer werden. Er hatte offensichtlich schon von Kelpies oder Ähnlichem gehört. Selbst so weit vom Wasserfall entfernt war das Wasser voller Stimmen – wenn man sich die Mühe machte zuzuhören.
    »Ich folge keinem Wasserpferd«, sagte er voller Überzeugung. »Ich weiß darüber Bescheid. Sie ziehen Menschen auf den Grund, ertränken sie und fressen sie.«
    »Es wird mich nicht fressen«, versicherte ich ihm. »Ihr braucht nicht in
seine Nähe zu gehen. Bleibt nur weg von mir, sobald wir im Wasser sind. Haltet reichlich Abstand.«
    Und wenn er das tat, würde ich unter Wasser sein und um mein Leben schwimmen, bevor er Wasserpferd sagen konnte. Ich hätte bereitwillig gewettet, dass die meisten von Hodgepiles Banditen nicht schwimmen konnten; in den Bergen konnte das kaum jemand. Ich spannte meine Beinmuskeln an, um mich bereitzuhalten, und meine Schmerzen und meine Steifheit lösten sich in einer Flut aus Adrenalin auf.
    Die Hälfte der Männer war mit den Pferden schon jenseits der Kante verschwunden – ich glaubte, dass ich Tebbe aufhalten konnte, bis der Rest sicher im Wasser war. Selbst wenn er sich nicht willentlich an meiner Flucht beteiligte, glaubte ich nicht, dass er versuchen würde, mich wieder einzufangen, wenn ich seinen Händen entschlüpfte.
    Er zog halbherzig an meinem Arm, und ich blieb abrupt stehen.
    »Autsch! Halt, ich bin auf eine Klette getreten.«
    Ich hob einen Fuß hoch und betrachtete die Sohle. Unter dem Schmutz und den Harzflecken, die daran klebten, hätte unmöglich jemand sagen können, ob ich mir Kletten, Brombeerdornen oder gar einen Hufnagel hineingetreten hatte.
    »Ihr müsst weitergehen.« Ich wusste nicht, ob es meine Nähe, das Tosen des Wassers oder der Gedanke an Wasserpferde war, der Tebbe beunruhigte, aber er schwitzte vor Nervosität; sein

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